48 - soft launch - Mia

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- Sonntag, 05.05.24 - Crazy/Shawn Mendes -

Ungeduldig wartete ich im mir bereits gut bekannten Cafe Soleil auf meine Freunde. Es war schon komisch, dass ich sie erst seit ein paar Monate kannte, mich jedoch auf einer tieferen Ebene mit ihnen verbunden fühlte als mit Bekannten, die ich bereits mein Leben lang kannte.

Meine Beine waren überkreuzt und vor mir lag neben meiner Tasse Cappucchino ein neues Buch, das ich mich bislang noch nicht getraut hatte zu öffnen. So saß ich nun einige Minuten da und wartete geduldig. Dabei schaute ich dem regen Treiben des Cafes zu und genoss die Anonymität, die mir diese Stadt verliehen hatte. Hier konnte ich zugleich jeder und niemand sein, die Wahl lag ganz bei mir. Unter anderem diese Tatsache liebte ich einfach an Köln.

Etwas ungeduldig warf ich einen Blick auf mein Handy, um die Uhrzeit zu überprüfen. Es war 15:31 Uhr, was bedeutete, dass sich Julian bestimmt momentan aufwärmte. Ein leichtes Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich mein neues Hintergrundbild auf mich wirken ließ. Das Bild von uns zwei hatte Moritz diese Woche auf dem Rückweg der Wanderung, unbemerkt von Juli und mir, geschossen. Unsere verknoteten Finger vor dem grünen Gras des Hintergrunds ließ eine angenehme Wärme durch meine Glieder huschen.

Dann hörte ich an einer leisen Klingel, wie sich die Cafe-Tür öffnete. Keine fünf Sekunden später stand auch schon Kathi vor dem kleinen Tisch in der Ecke des Cafes und ich erhob mich kurz, um sie flüchtig zu umarmen. Dabei zogen vor meinem inneren Auge die Bilder des letzten Wochenendes vorbei. Wie Tom und sie erröteten und auseinanderschreckten, als ob sie von einer Tarantel gestochen wären. Das verstohlene Grinsen auf beiden Gesichtern und meine innere Freude für die zwei. Sie würden sicherlich ein gutes Paar abgeben. Inzwischen war ich nicht mehr eifersüchtig oder verwirrt von der Sache. Ich hatte genug Zeit gehabt, meine Gefühle zu reflektieren und inzwischen war ich einfach nur noch glücklich mit Juli.

Gerade, als ich dazu ansetzen wollte, den Mund aufzumachen, um Smalltalk zu starten, stand auch schon Franzi direkt vor uns. Ich hatte sie nicht kommen hören und erschrak mich ein bisschen. Sie hatte schon immer das Talent gehabt, so leise zu laufen, dass niemand etwas mitbekam. Auch sie umarmte ich zur Begrüßung und schon redeten wir drei los, als wenn es kein Morgen gäbe. Die Last, die mit der Klausur gestern von unseren Schultern gefallen war, die angenehme Gesellschaft und guter Kaffee erleichterten die Sache zusätzlich noch.

Luca würde heute nicht kommen, da er ein Date für Vanessa geplant hatte. So waren es nur wir drei Mädchen und wir waren uns sicher, dass wir heute Abend noch die Gassen dieser Stadt unsicher machen würden. Beide meiner Freundinnen hatten eine große Tasche dabei und präsentierten mir und sich gegenseitig stolz das Outfit, das sich darin befand und in welchem sie nicht allzu viel später stecken würden.

Das aufgeregte Quasseln ebbte ab und mit einem Mal senkte sich eine mysteriöse Schwere über die Konversation. Ich fasste mir ein Herz und fragte direkt an Kathi gewandt: "Du, sag mal. Was war da letzte Woche mit Tom?"

Sofort schoss ihr das Blut in die Wangen und sie zögerlich erwiderte: "Naja, ich fand ihn ja schon toll, als du ihn beim Filmeabend eingeladen hattest. Und irgendwie haben wir wirklich täglich miteinander geschrieben. Da hat er mich auch zu seinem Geburtstag eingeladen."

Franzi ließ ein leises uuuuh von sich und auch ich musste jetzt lächeln. Die zwei waren wie für einander gemacht. Kathi hatte genau den Mut für die Beziehung, die Tom fehlte, während er einen perfekten Ruhepol zu ihrem hektischen Lebensstil darstellen würde. Ich ertappte mich dabei, wie ich wieder in die defensive Rolle reinrutschen wollte, doch nicht heute. Heute würde ich mich einfach für meine Freunde freuen und das irgendwann anders noch mit Tom privat klären.

"... und dort war er so glücklich, dass ich ihn irgendwie noch attraktiver fand, weißt du? Und naja, eins hat zum anderen geführt und so haben wir uns irgendwie... naja..." Sie stoppte mitten in ihrer Erzählung. "Jetzt spann uns doch nicht so auf die Folter!" Anscheinend war Franzi genauso ungeduldig wie ich.

111 km/h  /// Julian Köster ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt