50 - zurückgeben - Tom

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- Montag, 06.05.24 - Space Song/Beach House -

Nervös wartete ich vor Kathis Wohnung darauf, dass sie daraus hervortreten würde. Wir hatten uns heute dazu verabredet, einen kleinen Spaziergang durch Köln zu machen. Deshalb hatte ich das Auto nach der Fahrt direkt von der Halle ein wenig abseits von ihrer Wohnung geparkt und wartete nun auf ihr Kommen. Sie wusste noch nicht, worüber ich heute alles mit ihr reden wollte.

Seit dem Spiel gestern hatte ich einiges an Zeit, vor allem während der Heimfahrt heute morgen noch einmal alles Revue passieren zu lassen, was in den letzten Wochen passiert war. Und das müsste ich ihr heute erklären, das war ich ihr schuldig. So seufzte ich, als sich endlich die Haustür öffnete und eine schlicht angezogene Kathi mit einem süßen roten Kleid aus der Tür trat. Sie setzte sich ihre Sonnenbrille auf und ich umarmte sie zur Begrüßung. "Hey du", flüsterte ich ihr während der Umarmung ins Ohr.

Sie löste sich schnell und lächelte mich breit an. Der sonnige Tag und die warme Mai-Luft umwaberte uns und ließ mich noch ein wenig nervöser werden. Schließlich fragte ich sie: "Na, was wolltest du mir zeigen?" Sie hatte in den letzten paar Nachrichten, die wir miteinander gewechselt hatten, angedeutet, dass es einen Ort in ihrer Nähe gab, den sie mir noch unbedingt zeigen musste. Sie hakte sich schlicht bei mir unter und meinte: "Das wirst du schon noch sehen."

Etwas verschmitzt grinste sie mich an, bevor ihr Gesichtsausdruck zu neugierig wechselte. "Was wolltest du mir eigentlich noch sagen?" Ich schluckte und atmete einmal tief durch, während wir den Gehweg entlang durch die Kölner Straßen wanderten. "Ich, ähm... also. Wir zwei sollten mal reden." Nun war ihr Blick nicht mehr neugierig, sondern eher besorgt. "Okay?"

Ich biss die Zähne zusammen und lächelte sie entschuldigend an. "Über das, was an meinem Geburtstag passiert ist." Sie löste ihren Blick von meinem und richtete ihn auf den Boden vor sich, während wir weiter Arm in Arm gingen. Betroffen meinte sie: "Ich glaube, ich weiß, was jetzt kommt." Ich schluckte erneut und nickte.

Dann führte ich aus: "Es tut mir leid. Ich hätte an dem Abend nicht so viel trinken sollen. Ich wollte einfach einmal alles vergessen." Etwas verletzt schaute sie mir wieder ins Gesicht. "Du meinst das mit Mia?" Ich schaute sie verwundert an. Woher wusste sie bitte davon?

Sie wirkte beinahe ein wenig genervt und meinte schlicht: "Selbst ein Blinder sieht, dass du etwas für sie fühlst. Ich weiß nicht, wie ich so dumm sein konnte. Keine Ahnung, in dem Moment hab ich irgendwie gedacht, dass da tatsächlich etwas zwischen uns...", sie deutete zwischen mir und ihr hin und her, "... sein könnte. Ich wollte dich nie verwirren." Ich lächelte ertappt und entschuldigend. "Das ist es noch nicht einmal zwangsläufig. Ich will einfach nur ehrlich zu dir sein. Das bin ich dir schuldig."

Sie nickte niedergeschlagen und führte mich weiter die Gassen entlang bis zu einem kleinen Park. Ich hatte das Gefühl, dass ich ihr das noch weiter erklären musste. "Ich will dir auch nichts vormachen. Du bist eine so gute Freundin für mich geworden. Ich glaub, in dem Moment hab ich mir eingeredet, dass du wirklich die Lösung für meine Probleme bist. Aber das bist du nicht. Und das sollst du auch nicht sein. Wenn ich dich küsse, will ich es auch ernst meinen."

Sie lachte leise, auch wenn in diesem Lachen eine große Portion Schmerz mitschwang. "Danke. Immerhin bist du ehrlich, das kenne ich nicht von jedem Typen." Ich lächelte, aber auch mir fiel es unglaublich schwer. Dann seufzte ich laut und brachte meinen Gedankengang zu Ende: "In einer anderen Zeit, an einem anderen Ort vielleicht, wärst du die Richtige gewesen, glaub mir. Aber hier liegt einfach noch ein bisschen zu viel Altlast auf mir und das will ich dir nicht antun. Es tut mir so leid."

Sie nickte und wischte eine Träne aus ihrem Augenwinkel, während sie am Rand des Parkwegs stehen blieb. Ich wandte mich zu ihr und schluckte. Sie meinte schlicht: "Mir tut es auch leid. Ich wollte dich nie zu etwas verleiten. Ich bin dir wirklich dankbar für alles. Ist es irgendwie möglich, dass wir Freunde bleiben?" Ich lachte leise. "Klar. Komm her." Mit diesen Worten zog ich sie in eine Umarmung und konnte leise hören, wie sie in meine Schulter schluchzte. Die Schuldgefühle drohten, mich zu erdrücken, weshalb ich tief durchatmete und die Umarmung noch einmal vertiefte.

Das ganze Gespräch tat so weh und gleichzeitig war es so unglaublich wichtig. Es war nur fair ihr gegenüber, wenn ich ehrlich zu uns beiden war. Und die Wahrheit war einfach, dass sie momentan nicht das war, was ich brauchte. Ich musste erstmal selbst auf meine Gefühle klarkommen, bevor ich noch eine weitere Person so schnell mit ins sinkende Boot zog. Ich war unglaublich dankbar für ihre Reaktion. Sie war so emotional reif, dass ich es kaum fassen konnte. Ich hatte gerade ihr Herz gebrochen und trotzdem war sie immer noch so gefasst und hatte mir angeboten, dass wir Freunde blieben.

Nach einiger Zeit lösten wir uns aus der Umarmung und setzten uns auf die Kinderschaukeln, die nicht weit entfernt von uns standen. Ich hatte im Gegensatz zur deutlich kleineren Kathi einige Probleme damit, in die Schaukel zu passen, weshalb ich schließlich seitwärts auf das Plastikbrett saß und mich mit dem Rücken gegen die breite Metallkette lehnte. Dann betrachtete ich Kathi und beobachtete, wie die Sonnenstrahlen, die durch die Baumwipfel fielen, ihre Haare in einem sanften dunkelbraun leuchten ließen.

Sie schaukelte leicht hin und her und öffnete dann erneut den Mund: "Das hier ist mein Lieblingsort auf der ganzen Welt. Es ist mitten in der Stadt und doch so friedlich." Ich nickte zustimmend. Dieser Park erinnerte mich irgendwie an Gummersbach, das trotz deines Status als Kreisstadt doch sehr ländlich wirkte und mit vielen Grünflächen ausgestattet war. Aufs Neue war ich unglaublich dankbar gegenüber meinen Eltern, dass sie in diese Stadt gezogen waren, als ich noch ein Baby war. Ich konnte mir kein besseres Zuhause vorstellen und so hatte ich mir auch zum Ziel gesetzt, dass auch ich meine Kinder später einmal in Gummersbach großziehen wollte.

Mir fiel auf, dass ich ihr noch nicht geantwortet hatte, und meinte simpel: "Ja, hier ist es echt schön." Sie sah mich von der Seite an und ihr waren Trauer und Schmerz ins Gesicht geschrieben. Ich fühlte mich so schuldig und verantwortlich für diese Gefühlslage. So seufzte ich und meinte erneut: "Es tut mir so leid, Kathi." Sie schüttelte nur niedergeschlagen den Kopf und betrachtete dann wieder den mit Sägespänen ausgestreuten Boden unter den Schaukeln.

Mir ging auf, dass sie vermutlich ein wenig Zeit bräuchte, um das alles gerade zu verarbeiten. Direkt fühlte ich mich wieder ein wenig dumm und meinte: "Wenn du willst, kann ich dir auch ein bisschen Freiraum geben." Sie zögerte, nickte aber schließlich und antwortete: "Ja, vielleicht wäre das besser." Ich wartete nicht lange und erhob mich wieder von der Schaukel. Dann stellte ich mich noch einmal vor sie und sah sie entschuldigend an. Sie lächelte gequält und sagte leise, beinahe schon flüsternd: "Mach's gut, Tom."

Ich merkte, wie meine Hände zitterten, weshalb ich ihr ebenfalls leise "Mach's gut" antwortete und beim Umdrehen meine Hände in die Hosentaschen steckte. Ich wollte sie nie so sehr verletzen und hatte es doch getan. Aber es war das Richtige gewesen. Ich wandte mich zum Gehen um und verließ den Park, ohne noch einmal zurückzuschauen. Ja, es war das Richtige gewesen. Für uns beide.


- 1253 Wörter -

Au weia. Die arme Kathi. Denkt ihr, es war richtig, was Tom da gerade gemacht hat?

Alles Liebe, eure Ella <3

111 km/h  /// Julian Köster ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt