- Dienstag, 02.04.24 - Best of You/Foo Fighters -
Ich setzte mich mit meiner dunkelblauen Yoga-Matte neben Juli und versuchte, meine Beinmuskeln etwas zu aktivieren. Im Spiel am Sonntag war ich viel gelaufen, da ich vor allem auf Linksaußen gespielt hatte, weil Juli das Spiel seines Lebens auf Halblinks abgeliefert hatte. Der Junge machte mir immer noch Sorgen. Vor allem, weil er heute Nacht wo anders schlafen würde. Keine Ahnung, was in seinem Kopf gerade vorgehen musste. Man konnte deutlich erkennen, dass etwas definitiv nicht mit ihm stimmte, wenn man ihn ein bisschen kannte.
Mich wunderte es bis heute, dass bislang niemand aus dem Team außer Miro und mir mitbekommen hatte, dass es ihm dreckig ging. Hoffentlich blieb es auch so. Am liebsten hätte ich sein Handy auch behalten. Ich hatte das Gefühl, dass er heute Abend versuchen würde, Lou noch einmal anzurufen. Und das würde den beiden nicht gut tun, von dem, was ich alles aus Juli herausbekommen hatte. Aber er war selbst erwachsen, er konnte - hoffentlich - auf sich selbst aufpassen. Vorsichtig dehnte ich dynamisch die Muskeln meiner Schienbeine, die mit am meisten wehtaten.
So ließ ich meine Gedanken ziehen. Ich erinnerte mich an das, was Juli vorher in der Umkleidekabine zu mir gesagt hatte. Ich müsste schon selbst fragen, wenn ich etwas über sie erfahren wollte. Wo er recht hatte, hatte er recht.
Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als ich mich daran erinnerte, wie Mia mir geschrieben hatte. Das letzte Mal Kontakt hatten wir gestern Nachmittag. Sie hatte verzweifelt versucht, Juli zu erreichen. Sie konnte ja nicht wissen, dass ich sein Handy einkassiert hatte. Deshalb hatte ich ihr kurz geschrieben, was Sache war, beziehungsweise die gekürzte Version: Lou hat sich von Juli getrennt, Juli war geknickt, hatte Auswärtsspiel und schlief jetzt auf meiner Couch. Das war so ziemlich das Fazit. Ich musste lächeln, als ich daran zurück dachte, wie sie sich Sorgen um ihn und Lou gemacht hatte. Sie war echt eine gute Freundin für die zwei.
Sofort schlug mein Herz bei dem Gedanken an sie schneller. Ich hatte mir schon nach der Grillparty eingestanden, dass sie echt süß war. Aber das, was ich inzwischen fühlte, hatte diese Grenze definitiv schon überschritten. Aber das musste ich ja niemandem erzählen. So schoss vor meinem inneren Auge ihr Bild vorbei: Die blauen Haare, die stechend hellblauen Augen, die spitze Nase und das symmetrische Gesicht. Man konnte einfach nicht umhin, zu erkennen, dass sie eine natürliche Schönheit war.
Ich versuchte, mich aufs Ausdehnen zu konzentrieren, bevor Goggi uns zu uns rief. Wir legten die Yoga-Matten zur Seite und joggten zu ihm. Er erklärte uns die Sprint-Abfolge und ich nickte, um zu zeigen, dass ich verstanden hatte. Ein bisschen laufen könnte ja uns allen etwas gut tun.
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Ich hasste Koordinationsleitern. Das war zwar für alle nichts Neues, aber heute war es irgendwie besonders schlimm. Mir war bewusst, dass ich damit die Geschwindigkeit meiner Füße vorantreiben könnte, aber trotzdem war heute alles wie verhext. Als ich mich zum dritten Mal in der Leiter verhedderte und fast stürzte, hielt uns Goggi mitten in der Übung an. "Sagt mal, was ist denn heute mit euch los? Das Spiel am Sonntag hat doch ganz anders ausgesehen! Konzentriert euch bitte ein bisschen! Focus!"
So richteten wir die Leiter und führten das Set von vorne durch. Doch abermals stolperte ich über meine eigenen Füße und musste unterbrechen. Auch Juli schien heute absolut abwesend, was ich ihm nicht verübeln konnte. Goggis Kopf rauchte förmlich, als er uns abermals zu sich rief. "So, jetzt reichts. Jemand erzählt mir bitte, was los ist. Sag mal Tom, wo hast du heute deinen Kopf gelassen? Und Juli, was ist mit dir los? Das letzte Spiel war mies, das Spiel am Sonntag hätte nicht viel besser laufen können, und jetzt so was? Was ist nur los mit euch?"
Ich biss die Zähne zusammen und warf Miro einen Blick zu. Er hatte gefälligst den Rand zu halten. Er nickte bloß und versprach somit ohne Worte, dass er nichts über mich sagen würde. Juli scharrte mit einem Fuß auf dem Boden. Dann tat er etwas extrem Unerwartetes. Er öffnete den Mund und sagte schlicht: "Lou hat Schluss gemacht."
Ein Raunen ging durch die Mannschaft und auch dem gerade noch so wütenden Goggi fehlten die Worte. Jemand legte Juli die Hand auf die Schulter. Das Schweigen, das sich in der Halle ausbreitete, sagte mehr als tausend Worte. Goggi atmete einmal tief durch. "Okay, du hast eine Entschuldigung. Aber bitte sagt mir bei sowas Bescheid, bevor ich euch ankacke, okay? Please tell me if something is up before I have to get angry!"
Wir nickten in Einstimmigkeit. Dann meinte er schlicht noch: "Okay, dann machen wir Schluss für heute. Ihr seid heute genug gelaufen. Trinkt was und wir treffen uns in fünf Minuten nochmal hier fürs Ausdehnen. Five Minutes." Schnell flüchtete ich an den Feldrand, damit Goggi nicht doch noch einfiel, dass er mich ja auch kritisiert hatte und eventuell noch den Grund für meine heutige Leistung wissen wollte.
Der Großteil der Mannschaft hatte sich um Juli geschart und versuchte nun, ihm gut zuzureden. Wie sehr ich das gehasst hätte, wenn ich doch in seiner Haut gesteckt hätte. So wunderte es mich auch nicht, dass er sich mit einem "Danke Jungs" den Weg durch die Gruppe bahnte und sich neben mir und seiner Trinkflasche niederließ. Ich lächelte ihn mitfühlend an und er seufzte niedergeschlagen. "Kopf hoch, Großer. Das wird schon."
Ich wollte gerade schon wieder ins Schweigen versinken, dann fiel mir ein: "Ach ja, ruf vielleicht heute abend Mia mal zurück. Sie hat sich Sorgen um dich gemacht und hat versucht, dich anzurufen. Ich hab ihr zwar schon ein bisschen gesagt, was Sache ist, aber ich glaube, sie will die Story nochmal von dir persönlich hören." Er nickte nur und schaute in die Ferne, als er einen Schluck aus seiner Wasserflasche nahm.
Dann stand er auf und hielt mir die Hand hin. "Vamos?" Ich ergriff sie und er zog mich hoch. Dann schnappten wir uns wieder unsere Yoga-Matten und Handtücher und begaben uns in den kleinen Kreis, der sich um Goggi gebildet hatte. Wieder einmal kam das Bild von Mia in meinem Gehirn auf, doch dieses Mal versuchte ich, die Gedanken irgendwie abzuwimmeln. Ich hatte schon das ganze Training nicht die Glanzleistung abgelegt, dann wollte ich wenigstens beim Dehnen aufmerksam sein und Goggi keine Gelegenheit mehr bieten, mich zu kritisieren. Mit einem kurzen Blick bedankte ich mich nochmals bei Miro, der mich nur anlächelte. Wofür waren Freunde schließlich da.
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... and the crush intensifies hehe :) Ich hoffe, es gefällt euch! Ich wollte mal einen kleinen Einblick in Toms emotionale Welt geben und das ist dabei herausgekommen :)
Ich habe inzwischen so viel an Kapiteln vorproduziert, dass ich erst mal (bis auf Weiteres) zwei Kapitel am Tag hochladen werde. hihi ;)
Alles Liebe, eure Ella <3
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111 km/h /// Julian Köster ff
FanfictionHandball, Uni, Instagram und Köln. Das sind alle Themen, die Mia in ihrer kleinen Welt momentan interessieren. Als leidenschaftliche Spielerin geht sie auch an ihrem neuen Wohnort regelmäßig zu nahegelegenen Bundesligaspielen. Doch das Spiel des Ber...