- Sonntag, 31.03.24 - Ghost Of You/5 Seconds of Summer -
Tief atmete ich ein und nahm einen großen Schluck aus meiner Tasse Kaffee. Wir saßen gerade beim Frühstück im Hotel. Alles fühlte sich noch so unecht an. Ich merkte, wie meine Hand anfing zu zittern und schnell stellte ich die Tasse ab, bevor noch jemand anderes davon Wind bekam. Ich war einfach k.o. und das seit Stunden. Ich hatte kaum geschlafen und die Müdigkeit setzte sich mit Wucht auf meine Seele, die sich leer anfühlte. Was hatte ich nur getan?
Ich war immer noch nicht ganz in der Realität angekommen, als ich meinen Namen hörte. "Juli? Hallo, Juli? JULI!" Ich zuckte zusammen und blickte Tom in das freundliche Gesicht, der mich besorgt ansah. Dann lächelte er und meinte: "Du bist noch nicht ganz wach, was?" Meine Nebensitzer lachten leicht, aber mir war nicht nach Lachen zumute. So zwang ich mir nur ein falsches Lächeln aufs Gesicht und fragte betont gleichgültig: "Was gibt's?"
Toms Augenbrauen zogen sich zusammen und er merkte direkt, dass etwas nicht stimmte. Er warf mir einen fragenden Blick zu. Ich wusste genau, was er wissen wollte, doch ich schüttelte nur den Kopf. Nicht jetzt. Nicht hier. Er verstand und meinte dann: "Die anderen sind inzwischen fertig mit Essen. Bist du auch durch?" Ich blickte hinunter auf meinen halbvollen Teller. Ich hatte kaum etwas angerührt, wurde mir bewusst. Doch ich zuckte nur mit den Schultern und meinte: "Ja, bin durch."
Jetzt bekam ich einen wirklich besorgten Blick von Tom ab. Nur wenige wussten, dass ich früher immer damit kämpfen musste, genug zu essen, um Muskelmasse aufzubauen, aber er wusste davon. Ich blickte ihn ohne ein falsches Lächeln auf den Lippen an und er blickte mit einem verwirrten Blick zurück. Dann seufzte er und erhob sich, aber nicht ohne ein künstliches Lächeln aufzusetzen. "Na dann, auf gehts! Wir wollen Goggi doch nicht warten lassen!" Goggi, unser Trainer, der am Ende des Tisches saß, lachte sein raues Lachen und die Gemeinschaft erhob sich ebenfalls, wodurch ich automatisiert das Gleiche tat.
Und auch wenn ich wusste, dass ich wirklich existierte, fühlte sich alles so unecht an. Ich schnappte mir meine Sachen und stellte sie auf eins der Tabletts, welche auf einem Ständer neben der Küche standen. Dann atmete ich tief durch. Ich konnte nicht zeigen, dass irgendwas falsch war. Das war nicht fair gegenüber den anderen.
Als ich dem Rest durch den schmalen Gang zu den Zimmern folgte, wurde ich von Tom in sein Zimmer gezogen. Er hatte ein Einzelzimmer, im Gegensatz zum Rest, was dieses Mal echt praktisch war. Er schloss die Zimmertür hinter sich und bedeutete mir, mich aufs Bett zu setzen. Ich tat dies auch und versuchte, meine zitternden Hände festzuhalten. Er schaute mich kritisch an. "Was ist in der letzten Zeit nur los mit dir?"
Ich biss mir auf die Lippe. Eine ungesunde Angewohnheit. Dann holte ich tief Luft und meinte: "Ich... also...", ich pausierte noch einmal kurz und plötzlich wirkte der Hotelzimmerteppich sehr spannend. "Lou hat Schluss gemacht." Tom sog scharf die Luft ein. Dann setzte er sich sofort neben mich und legte mir eine Hand auf den gebeugten Rücken. "Das... oh wow." Ich wollte sein Mitleid nicht. Ich wollte einfach nur meine Ruhe. Aber das ging hier einfach nicht.
Nach einer kurzen Pause warf er mir einen Blick zu, den ich nicht ganz deuten konnte. "Warum?" Ich lachte sarkastisch. "Ich glaube, du weißt warum." Seine Augenbrauen zogen sich wieder zusammen. Der Knoten in meinem Magen verfestigte sich und mir wurde übel. "Meinst du wegen der Party? Aber Juli..." Auch meine Augenbrauen zogen sich zusammen. Dann seufzte ich und verdrängte aufs Neue die Tränen aus meinen Augen. "Wir hatten schon eine Weile Probleme. Und keine Ahnung, wir haben gestern mal richtig geredet. Und dann..." Ich merkte, wie ein leiser Schluchzer in meiner Kehle stecken blieb. Ich wollte nicht schwach wirken. Nicht vor ihm. Nicht vor irgendwem.
Sein Blick wurde mitfühlend und sanft strich er mir über den Rücken. "Aber, ist es final? Also wirklich?" Ich schnaubte sarkastisch. "So wie es aussieht..." Tom schluckte und wusste auch nicht, was er sagen sollte. Nichts, was er sagen könnte, würde mir helfen, die Leere zu füllen, die Lou in meinem Herzen hinterlassen hatte. Wie es ihr wohl gerade ging? Sie war immerhin meine beste Freundin gewesen, bevor wir zusammengekommen waren. Doch ich konnte mir ausmalen, wie es ihr momentan ging. Vermutlich ging es ihr nicht viel besser als mir.
Plötzlich hörte ich ein Klopfen an Toms Zimmertür. Wir schreckten auf und Tom beeilte sich, die Tür zu öffnen. Er wechselte ein paar Worte mit dem Unbekannten, den ich nicht sehen konnte, da die Tür nur einen Spalt breit geöffnet war. Aber ich erkannte die Stimme meines Zimmerkameraden Miro, der nach mir fragte. Tom nickte schließlich und öffnete die Tür ein Stückchen weiter, sodass Miro mich sehen konnte.
Ich versuchte, ein gekünsteltes Lächeln aufzusetzen, was mir jedoch misslang. Wie geknickt ich gerade aussehen musste. Auch Miros Blick wechselte von Vorfreude zu Besorgnis und schnell betrat er das Zimmer. Tom schloss wieder die Tür hinter sich und erklärte schlicht: "Lou hat Schluss gemacht." Die Neuigkeit packte auch Miro nicht und er ließ sich im Schneidersitz vor mich fallen. Tom nahm wieder seinen Platz neben mir auf dem Bett ein.
Ich merkte schließlich, wie beide von mir erwarteten, dass ich etwas sagte. So atmete ich erneut tief durch und meinte: "Jungs, ich glaub, ich kann heute nicht spielen." Miro nickte verständnisvoll. Aber Tom hatte Einwände: "Und du denkst nicht, ein bisschen Trauer und Wut rauslassen würde dir gut tun? So nicht. Du spielst heute. Und das so lange, bis du etwas anderes im Kopf hast als sie. Befehl des Teams." Miro, der es immer noch nicht schaffte, etwas zu sagen, nickte zustimmend.
Na super. Eigentlich war mir gerade nach allem anderen außer Sport zumute. Aber vielleicht hatten die beiden recht. Vielleicht war Handball genau das Outlet, das ich gerade brauchte. So seufzte ich und nickte. "Wer weiß, vielleicht hilft es ja." Das schob Miro ein Lächeln aufs Gesicht. "Na also. Dann sollten wir uns aber fertig machen, bevor Goggi uns noch steinigt." Tom lachte leise und wir erhoben uns simultan. Dann bewegte ich mich mit Miro auf die Zimmertür zu.
"Halt Stopp, eine Sache noch", ließ Tom von sich hören, als wir gerade aus der Tür treten wollten. Ich wandte mich zu ihm um und sah seine ausgestreckte Hand. "Dein Handy. Damit du nicht auf dumme Gedanken kommst." Niedergeschlagen zog ich mein Handy aus der Hosentasche und sah, dass es blinkte. "Aber...", wollte ich schon protestieren, aber er kam mir zuvor: "Nichts aber. Du wirst mir später noch danken."
Widerwillig rückte ich also mein Handy raus. "Und jetzt hopp, sonst ist Goggi wirklich sauer." So machten Miro und ich, dass wir in unser Zimmer kamen und uns umzogen, um daraufhin schnell zur Teambesprechung zu kommen. Wie dankbar war ich momentan für Freunde wie Tom und Miro. Tatsächlich war ich jetzt bereit, ein paar Tore zu werfen.
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Beim Aufwärmen liefen Tom und Miro neben mir her. Dann fragte Miro wie aus dem Nichts: "Und wo schläfst du morgen?" Stimmt, daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Wieder dachte ich an das weiche Bett, das ich mir bis vor Kurzem noch mit Lou geteilt hatte. Stopp, sie hieß Louisa. Ich musste mich daran gewöhnen, sie wieder mit ihrem vollen Namen anzusprechen. Zu spät merkte ich, dass Miro mich immer noch fragend anschaute. "Ich weiß es nicht", gab ich ehrlich zu.
"Gut, dann schläfst du bei mir auf der Couch. Keine Widerrede!" Tom war ein wahrer Engel. Die Aussage zauberte mir zum ersten Mal seit Tagen ein Lächeln auf die Lippen, das ernst gemeint war. Als beide das sahen, lächelten sie auch und die Erleichterung war ihnen anzusehen. "Gut, okay, Chef. Aber nur für eine Nacht, danach buch ich mir ein Hotel." Er nickte und wusste auch, dass ich recht hatte. So groß, wie seine Couch auch war, sie war definitiv nicht groß genug, dass sich ein 2-Meter-Mensch darauf ausstrecken konnte. Trotzdem war ich den zwei unendlich dankbar.
Ich dachte eigentlich, dass die Konversation vorüber gewesen wäre, als Tom noch meinte: "Achso, und Juli? Du musst mir eins versprechen." Verwirrt sah ich ihn an. Worauf wollte er bitte hinaus? "Bitte trink nie wieder so viel." Ich antwortete mit einem sarkastischen Lachen. Ich würde definitiv nie wieder so viel trinken. Nicht, wenn es mich meine Beziehung gekostet hatte. Also nickte ich.
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Juli verarbeitet endlich! Auch dieses Kapitel war eine schwere Geburt :)
Alles Liebe, eure Ella <3
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111 km/h /// Julian Köster ff
FanfictionHandball, Uni, Instagram und Köln. Das sind alle Themen, die Mia in ihrer kleinen Welt momentan interessieren. Als leidenschaftliche Spielerin geht sie auch an ihrem neuen Wohnort regelmäßig zu nahegelegenen Bundesligaspielen. Doch das Spiel des Ber...