25 - Heimspiel - Tom

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- Dienstag, 09.04.24 - Renegades/X Ambassadors - tw: Alkoholkonsum -

Noch unter der Dusche in der Kabine musste ich wieder an die strahlend blauen Augen denken. Seit Tagen bekam ich sie einfach nicht mehr aus dem Kopf. Da half es auch nicht wirklich, dass sie sogar zum Training gekommen war. Jedes Mal, wenn ich sie sah, merkte ich einfach, wie Hals über Kopf ich doch in sie verknallt war. Inzwischen machte ich mir nicht einmal mehr die Mühe, mir etwas vorzuspielen.

Sie war eine tolle Freundin und sah dazu auch noch ungerecht gut aus. Wie konnte man sich da nicht in sie verl... Nein. Ich stoppte mich in meinen Gedanken. So weit wollte ich noch nicht gehen. Plus, ich hatte eigentlich echt größere Sorgen als so ein Crush. Der würde wieder vergehen. Doch meine Leistungen im Handball waren viel relevanter und persistenter für mich in meiner Zukunft.

Deshalb sagte ich mir wieder einmal aufs Neue, dass mein Kopf beim Handball zu sein hatte. Und das nicht zuletzt, weil ich im Gegensatz zu Miro und Juli, meinen "Konkurrenten" um die Rückraum Links-Position, noch parallel zu den Trainings zweimal in der Woche arbeiten ging. Ich freute mich bereits auf das Spiel-freie Wochenende. Doch dann erschienen wieder die hellblauen Augen vor meinem inneren Auge und ich stöhnte genervt von meinen Gedanken auf. Da wollte man einmal in Ruhe duschen.

So wusch ich mich schnell fertig ab und trocknete mich dann mit einem Handtuch. Dann fiel mir wieder ein, was Ercan zu Mia gesagt hatte. Und was er danach zu Juli gesagt hatte. Fiel es echt auf, dass die zwei so eng miteinander befreundet waren? Und waren sie das überhaupt? Der letzte Stand, auf dem ich war, war nämlich, dass Juli eine neue Wohnung gefunden hatte. Seit Samstag hatte er sich auch nicht mehr bei mir gemeldet gehabt, fiel mir auf.

Deshalb beschloss ich, ihm kurz zu schreiben und ihn zu fragen, ob er vielleicht heute Abend Zeit hätte. Es war wichtig, das wir zwei mal in Ruhe redeten. Schnell schob ich noch hinterher, dass ich gerne mal seine neue Wohnung sehen würde. Daraufhin zog ich mich schnell an und warf meine Sachen in die Trainingstasche, um mich auf den Heimweg zu machen. Eine knappe Dreiviertelstunde später antwortete mir Juli, dass ich jederzeit gerne willkommen wäre und ich einfach später vorbeikommen könnte, wann es mir gerade reinpasste.

So meldete ich kurz zurück, dass ich mich gleich auf den Weg machen würde und schlug dann mit meinem Audi die Route zu seiner neuen Wohnung ein.

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In Köln-Ehrenfeld angekommen parkte ich mein Auto vor dem Gebäude, das mir Juli genannt hatte. Dann klingelte ich bei "Köster" und der Türöffner ertönte, wodurch ich die Tür einfach aufdrücken konnte. Ich betrat den Aufzug und war beeindruckt. Nach außen hin hatte das Gebäude schlicht ausgesehen, doch dieser Aufzug wirkte extrem modern.

Schnell drückte ich auf die Taste mit der 2 darauf und blickte über mich. Der gesamte Aufzug mitsamt der Decke war mit Spiegeln versehen, und so starrte ich fasziniert mein Spiegelbild an. Wieder einmal fiel mir auf, wie unterschiedlich Julis und meine finanzielle Situation doch waren. Ich war nicht neidisch deswegen, aber es war einfach immer noch so unglaublich unreal in meinen Augen, dass mein guter Kumpel einfach bei der EM mitgespielt hatte und unter anderem darüber einiges an Geld verdient hatte.

Dann plingte der Fahrstuhl-Lautsprecher und die Türen öffneten sich auf einen simplen Gang. Julis Wohnung lag rechts vom Aufzug und so klingelte ich erneut an seiner Wohnungstür. Er öffnete mir, immernoch in die Jogginghose und den alten Pullover gekleidet, die er auch vorher im Physio-Zimmer anhatte. Ich schlug bei ihm ein und er ließ mich ein. Ich stellte meine Schuhe zu seinen, die wahllos auf dem Boden herumlagen, was bei seinem Ordnungs-Fimmel untypisch war.

Er bemerkte, dass es mir auffiel, kratzte sich am Hinterkopf und meinte dann: "Sorry. Ich bin bisher noch nicht dazu gekommen, ein Schuhregal zu kaufen." Ich lachte nur und winkte ab. "Das macht doch nichts. Okay, dann zeig mal her." Er machte eine kurze Roomtour durch die vergleichsweise kleine, aber moderne Zwei-Zimmer-Wohnung. Dann deutete er auf einen der zwei Sitzsäcke und fragte: "Lust auf ein Bier?"

111 km/h  /// Julian Köster ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt