35 - Cola-Geschmack - Julian

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- Freitag, 19.04.24 - I wanna be yours/Arctic Monkeys -

Die letzten Szenen des Films liefen an. Aber ich kannte die Handlung bereits, es war schließlich einer der Lieblingsfilme meiner Kindheit gewesen. Ich ließ meinen Blick durch den Raum schweifen und mir fiel auf, wie sich hinten im Eck des Raums die Tür zum Bad öffnete. Ein leicht geknickt aussehender Tom trat aus der Tür und sein Blick fiel sofort auf die Couch, fiel sofort auf mich und den leeren Platz neben mir. Ich wandte sofort meinen Blick ab und vermied es, ihn weiter anzuschauen.

Ich fragte mich, was die zwei so lange im Bad besprochen hatten. Jedoch lief der Abspann des Films, bevor ich mich in meinen Gedanken verlieren konnte. Genau in diesem Moment öffnete sich die Badtür ein zweites Mal und Mia trat in das Wohnzimmer. Da sie direkt neben dem Lichtschalter stand, betätigte sie diesen, was mit einem Grummeln oder Jammern der Gruppe und meinerseits quittiert wurde.

Nach einigem Murren standen allerdings alle nach und nach auf und halfen Mia noch damit, die Getränke und Essensreste aufzuräumen und das Wohnzimmer wieder herzurichten. Dann warf Kathi in den Raum: "Möchte außer mir eventuell noch jemand etwas machen? Ich will noch nicht heim, da muss ich auch noch Haushalt machen."

Die Mädchen nickten und auch Mia stimmte zu, was mich ein wenig verwirrte, da ich die Situation vorher andersweitig ausgelegt hätte. Aber mir sollte es recht sein, so konnte ich noch mehr Zeit hier, mit ihr, verbringen.

Toms Mundwinkel zuckten und zogen sich zu einem künstlichen Lächeln hoch. Dieses Lächeln kannte ich, es war das Lächeln, was er immer aufsetzte, wenn wir für Fotos dastehen mussten, vor allem, wenn wir das vorherige Spiel verloren hatten. Fühlte es sich gerade so für ihn an?

Schließlich meinte er künstlich nonchalant: "Ich würde ja noch gerne länger bleiben, aber mir sitzt da noch eine ganze Heimfahrt nach Gummersbach im Nacken. Tut mir leid, aber wir können das ja beim nächsten Mal nachholen."

Daraufhin nickte Mia und stellte die Gläser ab, die sie bis gerade in der Hand gehalten hatte und folgte Tom auf dem Weg zur Wohnungstür. Auch ich folgte den zwei, immernoch neugierig auf die Szene, die sich gerade im Bad abgespielt haben musste.

Mia wartete geduldig, bis Tom sich seine Schuhe und Jacke angezogen hatte. Ich lehnte im Rahmen der Durchgangstür zum engen Flur mit der kleinen Garderobe. Tom schaute ein letztes Mal Mia mit einem Blick an, der mit Sehnsucht getränkt war, was einen kleinen Sog in meinem Bauch verursachte. Dann lächelte er wieder leicht künstlich, als Mia auf ihn zuging und ihn innig umarmte.

Auch das sah ich nur ungern. Zum Glück löste sich Mia schnell von ihm und damit auch der kleine Knoten hinter meinem Bauchnabel. Dann bewegte sich Tom auf mich zu und schlug bei mir ein, wie wir es schon an die tausende Male gemacht haben mussten. Als er die Wohnungstür öffnete, gab er noch ein leises "Viel Glück euch zwei" von sich. Dann zog er bereits die Tür hinter sich ins Schloss und ließ Mia und mich in dem kleinen Flur zurück.

Ich lehnte immernoch am Durchgang und betrachtete Mia. Ihre schüchterne Körperhaltung, ihr unergründlicher Blick zur Tür, die kleine Narbe auf der Innenseite ihrer Augenbraue, zu der ich noch unbedingt die Geschichte hören wollte.

Von hinten konnte man Franzis Stimme hören: "Mia? Wo sollen die Schüsseln hin?"

Daraufhin löste Mia ihren Blick von der Tür und wandte sich Franzi zu, die tatsächlich zwei unförmige Schüsseln in der Hand hielt und sie fragend anschaute. An Franzis Blick konnte ich erkennen, dass sie mehr wusste, als sie zugeben wollte, was mich schlucken ließ. Mia deutete mit dem Finger auf die richtige Schublade.

"Die Allgemeinheit ist für Monopoly. Hast du dein Set hier oder hast du das letztes Mal bei Franzi gelassen?", wollte Luca wissen.

Mia lächelte ihn an und meinte: "Natürlich habe ich mein Set hier, was hältst du denn von mir? Warte, lass mich es kurz holen." Damit schritt sie zu einer Kommode an einer Wand des Wohnzimmers und kam kurz daraufhin mit der Schachtel zurück. Ich räumte währenddessen die Geschirrspülmaschine ein und nahm dankend Kathi das Geschirr ab, welches sie mir reichte.

111 km/h  /// Julian Köster ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt