- Samstag, 13.04.24 - Only Friend/Wallows -
Ich richtete mir etwas mein weißes, schulterfreies Top. Irgendwie hatte ich heute das Bedürfnis gehabt, mich ein wenig schicker als sonst zu machen. Heute war ein extrem wichtiger Tag, dem war ich mir bewusst. Im Laufe der Woche hatten Lou und ich uns vor meinem Spiel am Nachmittag in unserem Cafe Soleil verabredet. Mir war es so wichtig, dass wir uns wieder vertrugen. Ich hatte die letzten Tage das Gefühl gehabt, eine meiner engsten Vertrauten verloren zu haben. Deshalb war ich auch umso glücklicher gewesen, als sie sich endlich wieder bei mir gemeldet hatte und nach genau diesem Treffen gefragt hatte.
Ich war ein wenig zu früh im Cafe angekommen und hatte mich wieder an den gleichen Tisch gesetzt, an dem wir auch letztes Mal gesessen hatten. Dann hatte ich prophylaktisch schon einmal zwei Cappucchini geordert und nun wartete ich geduldig darauf, dass auch Lou kam. Die Tür klingelte und ich erkannte Lous hellbraune Haare, die zu einem simplen Dutt hochgebunden waren. Ich winkte ihr und schnell kam sie auf mich zu.
Dann stand ich auf, um sie zu begrüßen. Ohne lange zu überlegen, fiel sie mir in die Arme. Für einen kurzen Moment standen wir einfach so im Lokal und umarmten uns innig. Wie sehr ich sie doch vermisst hatte. Ich war immer wieder von mir überrascht, dass ich so schnell so eine intensive Verbindung zu einer anderen Person aufbauen konnte. Dann löste sie sich schnell von mir und meinte leise: "Hey." Wir nahmen Platz und ich lächelte sie an.
Als ich bereits starten wollte, kam sie mir zuvor: "Bitte. Ich zuerst." Ich nickte und wartete darauf, dass sie ihre Worte fand. "Es tut mir so unglaublich leid. Ich hab total überreagiert. Ich weiß nicht, wie viel du weißt, deshalb fange ich am besten nochmal ganz von vorne an." Und so fing sie am Samstag nach Julis Geburtstag an und erzählte noch einmal den ganzen Ablauf an Ereignissen aus ihrer Sicht. Der Geburtstag, der Streit am nächsten Morgen, mein Anruf und der Effekt, den er auf sie hatte. Die Trennung und die Zeit danach. Und schließlich erzählte sie auch von Julis Auszug am Samstag und ihre Gefühle darüber.
Es tat so gut, endlich auch einmal eine zweite Perspektive zu den Geschehnissen zu haben. So konnte ich mir langsam tatsächlich vorstellen, wie die Dinge abgelaufen waren. "... und ja. Inzwischen geht es mir schon deutlich besser. Ich glaube ernsthaft, dass Juli und ich wieder Freunde sein können. Ich weiß, dass es bei sowas meistens kein Zurück gibt. Aber bei uns ist das irgendwie anders. Es tut mir so unendlich leid. Ich wollte dich niemals aus meinem Leben ausschließen oder dir die Schuld zuschieben. Das hast du nicht verdient und es war nicht fair gegenüber dir. Bitte verzeih mir."
Eine bedeutungsschwangere Stille entstand und ich versuchte, das gerade Gehörte einmal zu verarbeiten. Dann lächelte ich sie schlicht an und meinte: "Ach was. Ich glaube, wenn ich in deiner Situation gewesen wäre, hätte ich genauso eingeschnappt reagiert. Also bitte entschuldige dich nicht bei mir. Es war ja nicht deine Schuld. Die Situation war einfach mies. Wenn, dann tut es mir leid, dass ich trotzdem einfach irgendwie zwischen euch gelandet bin. Das war nie meine Absicht."
Sie lächelte erleichtert und winkte ab. "Du brauchst dir da gar keinen Kopf machen. Ich bin so glücklich, dass du mich verstehst." Ich lachte und nickte. Dann konnte ich nicht anders und stand auf, um sie noch einmal im Sitzen zu umarmen. Ich flüsterte ihr ins Ohr: "Danke, dass ich meine Freundin wiederhabe." Als Antwort lehnte sie ihren Kopf gegen meinen.
Langsam löste ich mich aus der Umarmung und setzte mich wieder auf meinen Platz. Dann sagte ich: "So, jetzt bin aber ich dran." Und auch ich erzählte von den letzten Tagen. Wie ich mich irgendwie mit Tom angefreundet hatte auf der Party. Wie ich dann auch auf irgendeine Weise dazu gekommen war, mit Juli joggen zu gehen. Dass ich ihm beim Einzug geholfen hatte. Schließlich erzählte ich auch vom zweiten Jogging und meinem Oberschenkel sowie von der Physiotherapie-Stunde bei Ercan.
Lou klappte der Mund auf. "Krass. Es ist so viel passiert in so wenig Zeit." Wir beide mussten leise kichern. Ich nickte und meinte dann zum Abschluss: "Ach ja, Juli hat sich praktisch selbst zu meinem Handballspiel heute Nachmittag eingeladen. Wenn du Lust hast, darfst du natürlich auch gerne kommen. Dann habt ihr zwei eventuell auch nochmal die Möglichkeit, euch so richtig nochmal als Freunde kennenzulernen. Dann könnt ihr das ja auch einmal 'üben'." Als ich das 'üben' sagte, zeichnete ich Gänsefüßchen in die Luft.
Sie lächelte erst, aber dann gefror ihr Lächeln wieder. "Ich wünschte, ich könnte. Aber ich hab noch zwei Wochen Zeit, um meine Bachelorarbeit in Reinform zu bringen." Sie seufzte. Die Arme konnte einem echt leid tun. Mitten im Schreiben der Bachelorarbeit, was an sich ja schon sehr stressig ist, musste sie zusätzlich noch mit einem Internet-Shitstorm und einer Trennung klarkommen. Dass ihr da nicht viel Zeit zum Schreiben blieb, lag eigentlich offen auf der Hand.
So bot ich an, ohne noch groß darüber nachzudenken: "Wenn du willst, dann lese ich gerne die Arbeit einmal durch. Ich hab zwar keinen Plan von Bio, aber meine Bachelorarbeit ist auch noch nicht so lange her. Ich hab so ein Gefühl dafür entwickelt, was Professoren gerne hören möchten." Dankend nahm sie mein Angebot an. Dann warf ich einen Blick auf mein Handy und war geschockt von der Uhrzeit. "Oh shit, ich muss los", meinte ich zu ihr.
Dann kam mir eine Idee. "Ich weiß nicht, inwiefern das bei dir reinpasst, aber: Bei mir geht ja die Uni am Montag wieder los. Und bei uns zumindest gehen die Klausuren schon recht früh wieder los. Deshalb haben ein paar Kommilitonen und ich vor, demnächst mal eine Vollkampf-Lernsession nach der Uni zu veranstalten. Wenn es bei dir passt, kannst du dich da gerne zu uns setzen." Ihre Augen leuchteten auf. "Super gerne! Ich muss auch noch Anfang Mai meine allerletzte Prüfung nachschreiben. Dann trifft sich das ja perfekt."
Wir lächelten uns an und ich erhob mich aufs Neue. Sie stand ebenfalls auf und wir umarmten uns ein letztes Mal, bevor ich schnell meine Jeansjacke und Handtasche schnappte und auf die Cafetür zueilte. Beim Rausgehen winkte ich ihr noch einmal und war definitiv erleichtert, dass das ganze Gespräch so glimpflich verlaufen war. Das hätte auch ganz anders ausgehen können, dem war ich mir bewusst. Aber so, wieder mit meiner Freundin an meiner Seite, war ich viel bereiter, jetzt ein gutes Spiel abzugeben. So beeilte ich mich, schnell nach Hause zu kommen und meine Sachen zu packen.
- 1114 Wörter -
Halle-f-ing-luja. Es wurde aber langsam auch Zeit, dass die zwei sich wieder verstehen. Bis zum nächsten Kapitel!
Alles Liebe, eure Ella <3
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111 km/h /// Julian Köster ff
FanficHandball, Uni, Instagram und Köln. Das sind alle Themen, die Mia in ihrer kleinen Welt momentan interessieren. Als leidenschaftliche Spielerin geht sie auch an ihrem neuen Wohnort regelmäßig zu nahegelegenen Bundesligaspielen. Doch das Spiel des Ber...