- Mittwoch, 27.03.24 - 1 step forward, 3 steps back/Olivia Rodrigo -
Mia winkte noch einmal Lou, bevor sie durch die Tür trat und diese hinter sich schloss. So waren Mia und ich alleine im Gang. Ich ging auf die kleine Bank am Ende des Flurs zu und Mia folgte mir und setzte sich neben mich. Ihre Füße wippten hin und her. Nach einer kleinen Stille meinte sie zu mir: "Übrigens alles Gute nachträglich zum Geburtstag."
Verwundert blickte ich sie an. Woher wusste sie das? "Lou hat es auf der Party erwähnt. Und mich übrigens auch eingeladen. Ich hoffe, das ist okay für dich." Ich nickte. "Natürlich ist es das. Ich brauche doch wieder jemanden, der Miro im Bierpong die Stirn bieten kann. Und danke." Sie lachte leise. "Der hat echt nur Quark im Kopf." Ich widersprach ihr da nicht und lächelte.
"Hey, was ich mich noch gefragt habe. Kanntest du eigentlich noch jemandem aus dem Team davor? Also vor dem Grillen? Gerade du und Tom habt so ausgesehen, als würdet ihr euch schon kennen." Ich versuchte, die leichte Skepsis aus meiner Stimme zu verbannen. Dieses Mal schaute sie mich überrascht an. "Nein, ich kannte bislang wirklich keinen von euch davor. Mit Ausnahme vielleicht von dir. Eine Teamkollegin hat mir die EM-Spiele gezeigt und da ist mir dein Name im Gedächtnis hängen geblieben. Deshalb hab ich mich auch letztes Spiel eher auf deine Spielweise konzentriert."
Insgeheim freute ich mich, dass sie das gerade gesagt hatte. Sie kannte mich bereits davor und hatte mich auch noch beobachtet. Halt stopp, was tue ich hier gerade? Ich habe eine Freundin, die momentan vermutlich eine der schwersten Gespräche ihres Lebens führte und ich genoss parallel die Aufmerksamkeit einer anderen Frau...
Bevor die Schuldgefühle drohten, mich aufzufressen, antwortete ich schnell: "Und wie findest du den Rest bisher? Also den Teil, den du schon kennen gelernt hast?" Sie lächelte. "Ich verstehe mich echt ganz gut mit allen. Keine Ahnung, irgendwie haben Tom und ich echt geklickt am Sonntag. Ich kann mir gut vorstellen, dass er noch ein guter Kumpel wird. Kennt ihr euch gut?" Als sie zuerst Tom erwähnte, spürte ich wider meines Gewissens einen leichten Stich der Eifersucht in meinem Herzen. Dass sie Tom jedoch als 'Kumpel' bezeichnet hatte, lüftete wieder die Schwere.
So antwortete ich schließlich: "Eigentlich schon. Er ist zwar ein Jahr jünger als ich, aber generell verstehen wir uns Halblinken richtig gut. Keine Ahnung, irgendwie verbringt man einfach mehr Zeit miteinander, wenn man auf der selben Position spielt. Das schweißt einfach zusammen." Sie nickte verstehend. Daraufhin entstand eine Stille, die ich nicht ganz deuten konnte.
Ich überlegte kurz, wie gut sich wohl Tom und sie kennengelernt hatten. Dann überlegte ich, ob sie nicht vielleicht doch ganz gut zusammenpassen würden. Normalerweise hätte ich schon gesagt, dass die zwei ein gutes Paar abgeben würden, schließlich waren sie beide eher introvertiert und schüchtern. Aber mir gefiel um ehrlich zu sein nicht, wie sich Tom in ihrer Gegenwart verhielt. Das war einfach nicht er. Er wirkte am Sonntag plötzlich so selbstbewusst, wie ich ihn nur selten erlebt hatte. Wer weiß, vielleicht war ich auch einfach kein Fan von schnellen Veränderungen.
So in Gedanken versunken bemerkte ich gar nicht, wie sich die Tür wieder öffnete, bis Lou heraustrat. Sofort schüttelte ich alle lästigen Gedanken ab und fragte: "Und, wie ist es gelaufen?" Sie strahlte uns an und ich wusste direkt, dass es gute Neuigkeiten gab. "Der Dekan hat mir einfach vier Wochen Aufschub gewährt. Ich werde nicht exmatrikuliert!", rief sie und wir eilten zu ihr, um sie zu umarmen. Die Nachrichten taten nach so viel Stress und Streit unglaublich gut.
Ich lachte und nahm ihre Hand. "Wollen wir das feiern? Vielleicht mit einem Kaffee?" Sie nickte glücklich und schaute dann zu Mia, die einen Blick auf ihr Handy warf. "Tut mir leid, ich hab leider keine Zeit. Aber feiert bitte für mich mit!" Etwas enttäuscht schauten wir sie an, aber Lou nickte schließlich nur. So begaben wir drei uns gemeinsam aus dem Gebäude. Mia umarmte Lou und beglückwünschte sie noch einmal kurz.
Dann umarmte sie auch mich flüchtig und mein verräterisches Herz machte einen kleinen Hopser. Direkt zogen sich meine Augenbrauen zusammen, ich versuchte aber, mir nichts anmerken zu lassen, als auch ich sie verabschiedete. Danach machte sie sich auf den Weg zur nächsten Bahnhaltestelle und war schnell hinter der nächsten Ecke verschwunden.
Lou wandte sich zu mir: "Worüber habt ihr denn geredet, während ich drin war?" Ich schluckte und meinte betont gleichgültig: "Nichts besonderes. Kaffee zu Hause?" Dies entsprach zwar der Wahrheit, fühlte sich trotzdem falsch an. Lou nickte und wir zwei bewegten und zu unserem Auto, um zurück zur Wohnung zu fahren. Ich fuhr entspannt los und bog auf die nächste Straße.
Plötzlich meldete sich Lou zu Wort: "Du, Juli? Ich hab mich gerade an was erinnert. Ich weiß, es ist ein empfindliches Thema, aber..." Ich musste seufzen. Sie fuhr fort: "... ich wollte dich mal bei was nach deiner Meinung fragen. Mia meinte neulich, dass es gut tun würde, wenn wir zwei in den Urlaub fahren würden, also du und ich. Und ich fand das eigentlich auch keine schlechte Idee."
Ich konzentrierte mich auf die Straße vor mir, während mein Gehirn ratterte. Hatten die zwei etwa schon mal über unsere Probleme in der Beziehung geredet? Als ich immer noch nicht reagierte, meinte sie schließlich: "Keine Ahnung, es könnte uns halt auch mal die Gelegenheit geben, über einiges zu reden." Damit hatte sie einen Nerv getroffen.
Ich antwortete: "Hast du das Gefühl, dass du sonst nicht mit mir reden kannst?" Sie schwieg, während sie überlegte. "Nicht immer, nein. Es ist halt immer so schwierig, mit dir nach dem Training zu reden." Diese Aussage rief einen kleinen Funken Zorn in meinem Inneren hervor. "Ach ja, und es ist einfacher, mit dir nach einem Unitag zu reden? Ich finde das nicht ganz fair..."
Ich merkte, wie auch Lou wütend wurde. "Es wirkt halt auch so, als würdest du mir mit Absicht nichts mehr erzählen. Ich muss jede Kleinigkeit aus dir herauskitzeln! Es tut echt weh, dass du mir nichts mehr anvertrauen kannst..."
Der hatte gesessen. "Ich... ich will dir so viel anvertrauen! Ich hab nur immer das Gefühl, dass... naja, dass du meine Probleme nicht verstehst. Für dich wirken die wahrscheinlich klein, aber mich beschäftigen manche Dinge von vor zwei Wochen immer noch." Sie schnaubte. "Denkst du, mich nicht? Aber ganz ehrlich, manche Sachen, die du mit dir rumschleppst, kannst du auch liegen lassen. Manchmal regst du dich echt über die kleinsten Sachen auf." Ich zog meine Augenbrauen zusammen. Was meinte sie genau?
Ab und zu waren wir echt gut darin, aneinander vorbeizureden. "Lass uns jetzt nicht streiten. Der Tag hat doch so gut angefangen." Sie seufzte und nickte. "Du hast ja recht. Aber irgendwann würde ich ganz gerne nochmal mit dir über das Thema reden." Ich nickte widerwillig. Vielleicht war die einzige Weise, aus Kommunikationsproblemen rauszukommen, einfach, darüber zu reden.
Trotzdem verlief die restliche Fahrt schweigsam und auch zu Hause angekommen begab sich Lou direkt wieder in unser Arbeitszimmer, welches inzwischen zur Bachelorarbeit-Zone mutiert war. Ich verräumte unsere Sachen, bevor ich uns beiden einen Kaffee machte. Ihren brachte ich in das Arbeitszimmer und küsste sie auf den Scheitel, bevor ich das Zimmer wieder verließ und die Tür hinter mir schloss.
Das war ja gerade super gelaufen. Halb fühlte ich mich schuldig, da ja schließlich die Hälfte des Streits mir zuzuschreiben war. Andererseits war ich innerlich immernoch aufgewühlt und hatte das Gefühl, dass ich streng genommen nichts falsch gemacht hatte. Frustriert schnappte ich mir die nächste Sporthose und ein altes Hummel-Shirt, bevor ich meine Laufschuhe anzog und noch durch die Wohnung rief: "Bin kurz laufen!" Dann schnappte ich mein Handy und meine Kopfhörer, bevor ich die Wohnung verließ und einige Kilometer joggte, um den Kopf freizubekommen.
- 1298 Wörter -
Viel positive und negative Spannungen in dem Kapitel, ja, ja :)
Alles Liebe, eure Ella <3
Kurzer Nachtrag: Das Kapitel buggt irgendwie in der Weltgeschichte rum. Aber die Nummerierung der Kapitel im Titel stimmt auf jeden fall, also könnt ihr euch im Zweifelsfall daran halten :)
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111 km/h /// Julian Köster ff
FanfictionHandball, Uni, Instagram und Köln. Das sind alle Themen, die Mia in ihrer kleinen Welt momentan interessieren. Als leidenschaftliche Spielerin geht sie auch an ihrem neuen Wohnort regelmäßig zu nahegelegenen Bundesligaspielen. Doch das Spiel des Ber...