32 - Kaffee und Wasser - Mia

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- Montag, 15.04.24 - Will We Talk?/Sam Fender -

Ich lächelte ihn an, als er mir wie selbstverständlich meine Krücken abnahm, damit ich meine Hände frei hatte, um mich mit Hilfe des Geländers in den zweiten Stock zu begeben. Ein weiteres Mal fiel mir auf, wie natürlicherweise zuvorkommend Juli doch war. Er machte sich wirklich gut als Kapitän. Ich konnte mir richtig vorstellen, wie sorgsam und lieb er mit seinem Team umgehen musste.

Allein der Gedanke zauberte ein Lächeln in mein Gesicht, als ich meine Wohnungstür öffnete und meine Schuhe ins kleine Regal stellte. Juli stellte seine ordentlich davor und folgte mir dann in mein geräumiges Wohnzimmer. Ein Glück hatte ich vorher noch aufgeräumt, bevor ich nach der ersten Vorlesung des Semesters nach Gummersbach gefahren war, sonst hätten uns jetzt lauter Unisachen und sonstiges begrüßt. Stattdessen war der einzige Makel in meinem Hinterkopf, dass ich vielleicht hätte saugen sollen.

Juli lehnte sich an den Durchgang zwischen Flur und Wohnzimmer und ließ den ersten Eindruck meiner Wohnung auf ihn sacken. Dann meinte er: "Schön hast du es dir. Irgendwie hab ich mir deine Wohnung genau so vorgestellt." Ich blickte ihn überrascht an. Eigentlich fühlte ich mich immer noch nicht so ganz zu Hause in der Wohnung. Mir fehlte noch ein wenig das Persönliche daran. Deshalb fragte ich: "Findest du? Irgendwie fehlt mir noch was an der Wohnung. Keine Ahnung, bis jetzt könnte hier irgendwer wohnen."

Er schüttelte den Kopf. "Man erkennt schon, dass du hier wohnst. Man erkennt mehr von deiner Persönlichkeit, als du denkst, Mia. Halt stopp, Tamia." Ich lachte und verdrehte die Augen. Er löste sich von der Wand und fragte mich, während er auf den Esstisch zuging: "Warum nutzt du eigentlich nicht deinen ganzen Namen? Ich finde ihn eigentlich ganz schön..."

Ich zuckte mit den Schultern und errötete leicht wegen des Kompliments. "Keine Ahnung, ich werde schon Mia genannt, seit ich klein bin. Tamia war eigentlich immer nur für meine Mama reserviert, wenn sie sauer auf mich war." Wir beide lachten und ich setzte mich zu ihm an den großen Tisch. Dann fiel mir auf, welch schlechte Gastgeberin ich doch sein musste, und fragte schnell: "Willst du was trinken? Ich hab leider keinen Saft oder so da... Wasser? Tee?" Er warf einen kleinen Blick und grinste, als er meine Kaffeemaschine sah. "Kann ich mir einen Kaffee machen?"

Ich zuckte mit den Schultern und nickte, warf aber einen kurzen Blick auf die Wanduhr. Diese zeigte 18:45 Uhr an und ich rief mir ins Gedächtnis, dass ich ja Steffi nach dem Spiel versprochen hatte, beim Ausdauertraining heute abend um 20:00 Uhr zu erscheinen. Juli erhob sich und bewegte sich in die Küche. "Was willst du denn haben?" Ich grinste und folgte ihm, um mir ein Glas zu holen und es mit Wasser zu füllen. "So weit kommt es noch, dass ich in meiner eigenen Wohnung von einem Gast bedient werde. Da in dem Schrank...", ich deutete auf den Hängeschrank über der Kaffeemaschine, "... findest du die Kapseln."

Er lächelte mich dankbar an und aus Gewohnheit setzte ich mich auf die Kücheninsel. Dann zückte ich mein Handy und fragte kurz: "Ist es okay, wenn ich kurz mental abwesend bin? Ich muss kurz meinem Trainer und Steffi bescheid sagen, dass ich heute nur zum Zuschauen komme." Er nickte und meinte dann: "Ja klar. Stimmt, du hast heute Ausdauertraining, richtig?" Ich nickte und schrieb schnell Steffi und Torben, unserem Montagstrainer, eine Nachricht.

Inzwischen hatte die Kaffeemaschine auch einen Kaffee für Juli ausgespuckt und nun stand dieser etwas verloren in meiner Küche. Ich klatschte zweimal sanft mit meiner Handfläche auf den freien "Platz" auf der Kücheninsel rechts von mir. Er setzte sich zögerlich und mir fiel auf, dass er nichtmal seine Sprunggelenke dafür einsetzen musste. Es war fast schon unfair, wie groß er im Vergleich zu meinen 1,78 m war.

Dann ließ ich meinen Blick schweifen und dieser fiel auf den Wandkalender, der gut sichtbar aus jedem Winkel an einer Wand befestigt war. Ich überlegte kurz, was diese Woche noch so für mich anstand. Mir fiel die Aufschrift "Karate Kid" auf, die für den Filmeabend stand, den ich mit Luca, Franzi und Kathi auf Freitag festgelegt hatte. So wandte ich mich Juli zu und fragte: "Du, Juli? Hast du am Freitag was vor?" Er überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf: "Warum?" Ich grinste.

111 km/h  /// Julian Köster ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt