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Die Vorbereitungen für das Schulfest liefen auf vollen Touren. Es war Tradition, dass die Eltern der Schülerinnen und Schüler der Ingrimm-Schule gemeinsam mit ihren Kindern das Fest vorbereiteten.

Die Ingrimm-Schule war die einzige Schule in der Unterstadt. Sie war nicht nur eine Schule, sie war mehr. Sie war ein Zentrum für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene vom Krabbelalter an bis zu ihrem Abschluss und in ihrer Organisation angelehnt an das Kindergarten- und Schulsystem der Menschen in den Dörfern und Städten der Umgebung.

Die Menschen dort wussten von der Existenz der Wölfe. Es war ihnen erlaubt ihr Leben zu leben, nach ihren eigenen Gesetzen, sofern sie den Regeln der Wölfe nicht in die Quere kamen und sie zweimal im Jahr einen Ball veranstalteten, in denen die Wölfe Gelegenheit hatten, gegebenenfalls ihre Mate zu finden. Ansonsten blieben die Menschen unter sich und die Wölfe eben in ihrer Stadt, obwohl auch dort Menschen lebten.

In der Oberstadt selbst lebten nur wenige Menschen, eigentlich nur die, die als Seelengefährten von Werwölfen in deren Familien lebten. Aber die Oberen waren nun mal etwas Besseres und hatten ihre eigene Schule, eine Elite-Schule, wie sie stolz behaupteten. Nun ja, sie waren eben – die Oberen.

Doch in der Unterstadt gab es einige menschliche Familien und ihre Kinder gingen ebenfalls zur Ingrimm-Schule. Solange die Kinder noch Kinder waren, gab es keine Probleme, alle gemeinsam in gemischten Klassen zu unterrichten. Mit Beginn der Pubertät aber wurde es schwieriger. Mit Beginn der Pubertät meldete sich bei den Werwölfen ihr innerer Wolf und sie entwickelten ihre typischen Wolfsinstinkte. Zeit, die Jugendlichen in getrennten Kursen auf ihr zukünftiges Leben vorzubereiten.

Am alljährlich stattfindenden Schulfest aber nahmen alle teil, und alle halfen auch bei den Vorbereitungen.

Rund um den Sportplatz, der in diesem Jahr der Mittelpunkt der Feierlichkeiten sein würde, bauten die Papas mit ihren Söhnen mehrere Tribünen auf. Die größte Tribüne wurde an der Längsseite des rechteckigen Platzes aufgebaut. Hier würde Alpha Norman Kaaden mit seiner Familie sitzen und die Spiele verfolgen. Links und rechts war noch Platz für Stühle, auf denen der Beta und der Gamma mit seiner Familie sitzen würde und vielleicht auch einige Ehrengäste der Alphafamilie.

Die Mütter mit ihren Töchtern übernahmen die Vorbereitungen für das Buffet und sonstigen leckeren Snacks, oder sie bastelten mit den kleineren Kindern buntes Dekomaterial.

Missmutig stand Tonya deswegen mit ihrer Mutter und Vicki, ihrer Schwägerin, in der Küche und knetete Teig.

In den letzten Tagen hatte man sie immer wieder darauf angesprochen, ob sie nicht doch die Wettkämpfe kommentieren und dabei das Spiel und seine Regeln erklären wolle. Irgendwann hatte sie genug und zornbebend gebrüllt, dass sie nicht einmal mehr mithelfen würde, würde man sie noch ein einziges Mal darauf ansprechen. Seither ließ man sie in Ruhe.

Dafür aber musste sie nun ihrer Mutter helfen. Du bist ein Mädchen, hatte sie gesagt, und da du ja nicht kommentieren möchtest, wirst du wie alle anderen Mädchen auch, in der Küche helfen. Wutschnaubend hatte sich Tonya gefügt, wohl zum tausendsten Mal ihre Weiblichkeit verflucht und sich mürrisch an die ihr zugewiesene Arbeit gemacht.

„Der ist noch zu trocken, Schätzchen", bemerkte Melli mit einem kurzen Blick auf den Teig. „Es reicht, wenn du immer wieder deine Hände befeuchtest und weiter knetest. Das machst du so lange, bis der Teig schön weich und glatt ist."

Tonya knurrte, während Melli sich amüsiert lächelnd ihrer Arbeit zuwandte.

„Sobald du deinen Gefährten gefunden hast, wirst du froh sein, wenn du das alles kannst", sagte Vicki und unterdrückte schnell ein amüsiertes Lachen, als Tonya aufhörte zu kneten und sie mit wütend blitzenden Augen anstarrte.

Gehorche, Tonya.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt