Gegen Abend hörte sie endlich Geräusche im Haus. Erwartungsvoll stand sie auf. Gleich würde sich zeigen, ob ihr Plan funktionierte. Noch immer hatte sie nur ihre Unterwäsche an. Und genau so stand sie reglos vor der Balkontür und starrte auf den Boden, als sich die Tür öffnete.
Hendrik schnaubte wütend, als er sah, dass das T-Shirt immer noch auf dem Bett lag. Er schnappte sich das Shirt und hielt es ihr hin.
„Anziehen", befahl er barsch.
Langsam, fast widerwillig, nahm Tonya das Shirt entgegen und zog es sich über den Kopf. Aber sie blickte ihn nicht an, sondern starrte weiterhin stur auf den Boden.
„Dein Kleiderschrank ist voll von schicken Dessous und schönen Kleidern. Sie gehören dir", erklärte er mit leiser beherrschter Stimme. „Suche heraus, was dir nicht gefällt. Ich sorge dann für Ersatz."
Mit hängenden Armen und Schultern und gesenktem Kopf stand Tonya vor ihm. Sie zeigte keinerlei Reaktion auf seine Worte.
„Hast du mich verstanden?" Hendrik's Stimme klang ungehalten, doch von Tonya kam keine Antwort.
„Antworte mir."
Er war lauter geworden, griff Tonya unter ihr Kinn und zwang sie, ihn anzusehen. Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch, denn er blickte in ein starres Gesicht. Sogar ihre Augen schienen ausdruckslos. Was war geschehen? Spielte sie jetzt mit ihm?
„Wenn ich eine Frage stelle, erwarte ich eine Antwort darauf", sagte er mit gefährlich leiser Stimme doch ihre Miene blieb weiterhin starr und ausdruckslos. Nichts deutete darauf hin, dass sie seine Worte überhaupt gehört hatte, geschweige denn verstanden hatte.
„Hast du mich verstanden?", fragte er nochmals und ihm war anzuhören, dass er langsam wütend wurde und zunehmend Mühe hatte, sich zu beherrschen.
„Ja", flüsterte Tonya nun so leise, dass sie kaum zu verstehen war. Doch ansonsten zeigte sie weiterhin keine Regung.
Hendriks Augen wurden immer dunkler und seine Atmung schneller. Ganz langsam löste er seine Finger von ihrem Kinn, und sofort senkte sie ihren Blick. Sie stand vor ihm wie ein ängstliches kleines Mädchen, das irgendetwas angestellt hatte und nun schuldbewusst auf den Boden blickte. Hendrik atmete tief ein. Unsicher starrte er Tonya an. Was sollte er sagen? Wie sollte er reagieren?
Wut stieg in ihm auf. Er schnaubte, drehte sich um und stürmte aus dem Zimmer. Die Tür knallte hinter ihm zu und der Schlüssel drehte sich um. Tonya war wieder allein. Rasch zog sie das T-Shirt wieder aus, warf es achtlos auf den Boden, auf dem noch immer das Tablett, die Schnittchen und die nun mittlerweile getrocknete Saftlache war. Sie ging ins Badezimmer und betrachtete sich im Spiegel. Genau das war der richtige Weg nickte sie ihrem Spiegelbild zu. Dann trank sie etwas Wasser, ging auf die Toilette, wusch sich und setzte sich wieder auf ihren Platz vor der Balkontür.
Hendrik dagegen konnte sich vor Wut kaum noch beherrschen. Er eilte die Treppe hinunter und hinaus in den Garten, wo er sich in seinen Wolf verwandelte. Seine Kleidung zerriss und die meisten Fetzen verstreuten sich auf dem Rasen. Er schüttelte sich kurz dann rannte er los und verschwand blitzschnell im Wald.
‚Was war das?', fragte Rex, Hendriks innerer Wolf.
‚Ich habe keine Ahnung', schnaubte Hendrik. ‚Am ersten Abend hatte sie fast das Zimmer zerlegt.'
‚Ich verstehe so oder so nicht, warum du vor der Tür stehen geblieben bist', brummte Rex.
‚Was hätte ich denn tun sollen?', fragte Hendrik seufzend. ,Ehrlich gesagt war es mir lieber, sie schlägt mit den Stühlen auf das Glas ein und nicht auf mich.'
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Gehorche, Tonya.
LobisomemTonya wächst nur mit Brüdern auf und verbringt auch sonst ihre Zeit fast nur mit Jungs. Sie wird bald volljährig, aber einen Mate lehnt sie grundsätzlich ab. Ausgerechnet für sie hatte die Mondgöttin den jungen Alpha des Rudels vorgesehen, der si...