Sie waren fast eine halbe Stunde unterwegs gewesen, als das Auto abbremste, abbog und langsam die geschwungene Auffahrt zum Alphahaus hochfuhr. Die Oberstadt lag wie gestapelt angelehnt am Hang und war eine reine Wohngegend. Das höchstgelegene Haus dort war das Alphahaus. Es stand auf dem höchsten Punkt des Hügels, der nach hinten sanft aber stetig in das hintere vollkommen bewaldete Tal abfiel. Trotzdem war es von den darunterliegenden Häusern nicht zu sehen, weil davor noch diese imposante Auffahrt gebaut worden war, die es ermöglichte, fast direkt vor der hohen Eingangstür anzuhalten. Auch von der Unterstadt war nicht viel vom Alphahaus zu sehen. Schuld daran waren die Bäume und Sträucher, die die Auffahrt säumten und das Haus vor neugierigen Blicken verbarg.
Sanft bremste das schwere Fahrzeug ab und hielt direkt vor der Eingangstür. Einer der beiden bulligen Männer stieg aus, öffnete die hintere Tür und zog Tonya vorsichtig zu sich her. Genauso vorsichtig hob er sie hoch und legte sie über seine Schulter. Die Autotür schloss leise und das Auto setzte sich wieder in Bewegung und verschwand zwischen den Bäumen.
Wie befohlen trug der Mann Tonya ins Haus, die Treppe hinauf und in ein großes Schlafzimmer, wo er sie vorsichtig auf das riesige Bett gleiten ließ. Wortlos drehte er sich um und verschwand. Tonya war allein. Die ganze Fahrt über hatte sie mit zusammengepressten Zähnen geschwiegen. Was hätte sie auch sagen sollen? Die Männer befolgten doch nur ihre Befehle. Aber ihre Wut auf den Alpha stieg mit jedem Meter, den sie sich von ihrem Elternhaus entfernte, ins Unermessliche.
Er war schuld, dass sie wie ein Paket verschnürt auf dem weichen Bett lag. Sie lag auf dem Bauch, reglos und sie blieb auch so liegen, wissend, dass sie im Moment so oder so nichts an ihrer Situation ändern konnte. Vielleicht könnte sie sich umdrehen und so etwas mehr von diesem Zimmer sehen, aber das wollte sie nicht. Es war ihr egal, wie das Zimmer aussah. Schließlich war es nicht ihr Zuhause, denn sie war nicht freiwillig hier. Dieses Zimmer war ihr Gefängnis. Und auch das war seine Schuld.
‚Tonya', flüsterte Yani.
‚Was?', fauchte sie.
‚Hat er jetzt wirklich ...?'
‚... uns entführt und gefesselt?', unterbrach sie Tonya knurrend. ‚Genau das hat er. Und ich wette mit dir, dass dieser Arsch uns auch in diesem Zimmer einsperren wird. Ich hoffe, du vergisst das nicht, wenn sich herausstellen sollte, dass er tatsächlich unser Mate ist.'
‚Aber, wenn er tatsächlich unser Mate ist...', wagte Yani einzuwenden.
‚... dann gibt ihm das noch lange nicht das Recht, uns so zu behandeln. Merk dir das, Yani, und komme ja nicht auf die Idee, ihm dann wie eine läufige Wölfin nachzulaufen', zischte Tonya.
‚Ja, ja, schon gut', murrte Yani und zog sich beleidigt zurück.
Tonya dagegen hatte große Mühe, ihre Wut im Zaum zu halten. Was hatte sie nur verbrochen, dass ausgerechnet ihr so etwas passierte? Ihre Mutter und Vicki hatten ihr von diesem Mateband erzählt. Sie hatten so davon geschwärmt und ihr erzählt, dass es etwas sehr Schönes sei. Sie hatten sie belogen. – Nein, das stimmte so nicht. Für ihre Mutter war das Mateband wundervoll, denn es verband sie mit ihrem Vater und sie waren so glücklich miteinander. Für Vicki war das Mateband auch etwas sehr Schönes. Schließlich liebte sie ihren Bruder Max über alles und Max war ein sehr liebevoller und fürsorglicher Gefährte.
Warum nur konnte niemand verstehen, dass es für sie alles andere als schön war? Für sie bedeutete das Mateband Verlust ihrer Freiheit. Ab sofort würde sie ein Leben in Gefangenschaft führen müssen.
Tonya war so mit ihrer Wut beschäftigt, dass sie gar nicht bemerkte, wie die Tränen aus ihren Augen rannen und auf das Kopfkissen tropften. Ihre Brust spannte, als hätte sie Mühe ihr Herz festzuhalten, damit es nicht vor Schmerz zerbersten konnte und ihr war so heiß, als würde glühende Lava durch ihren Körper fließen. Längst schon hatte sie jedes Zeitgefühl verloren, war müde und erschöpft, während sie gefühlte Stunden gefesselt auf dem Bett lag und wartete. Schon fühlte sie ihre Augen zufallen, doch kurz bevor sie einschlief, hörte sie Schritte und schlagartig war sie wieder hellwach.
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Gehorche, Tonya.
Hombres LoboTonya wächst nur mit Brüdern auf und verbringt auch sonst ihre Zeit fast nur mit Jungs. Sie wird bald volljährig, aber einen Mate lehnt sie grundsätzlich ab. Ausgerechnet für sie hatte die Mondgöttin den jungen Alpha des Rudels vorgesehen, der si...