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Melli hatte Kuchen gebacken. David hatte am Nachmittag unverhofft frei bekommen und auch Max wurde kurz nach der Mittagspause nach Hause geschickt. Keiner von beiden wusste warum. Die Jungs hatten nachmittags keinen Unterricht und Vicki war seit ihrer Hochzeit mit Max zuhause.

Melli hatte gerade Kaffee gemacht und sie wollten gemeinsam Kuchen essen und an Tonya denken, die heute Geburtstag hatte und volljährig wurde. Wie schön wäre es gewesen, wenn ihre Prinzessin bei ihnen wäre. Insgeheim nannte Melli Tonya immer ihre Prinzessin. Einmal hatte sie Tonya so genannt, und ihre Tochter hatte ziemlich wütend reagiert. Mit Schatz oder Schätzchen war sie zwar auch nicht wirklich einverstanden, aber da sie ihre Mutter liebte, akzeptierte sie diese Kosewörter zähneknirschend.

Schweigend saßen sie um den Küchentisch herum. Ein Geburtstagskaffeekränzchen ohne Geburtstagskind war nicht schön, auch wenn der Geburtstagskuchen ausgesprochen lecker war. Fast hätten sie das leise Kratzen an der Hintertür überhört, und das nur, weil sie alle ihren trüben Gedanken nachhingen. Die einzige, die das Kratzen endlich bemerkte, war Melli. Leise stand sie auf und ging zur Hintertür.

„Tonya, Schätzchen", schrie Melli auf.

Noch immer in ihrer Wolfsform saß Tonya auf der Terrasse. Sie hatte ihren Kopf schräg gelegt und betrachtete amüsiert ihre Mutter, die völlig von der Rolle war, mit steifen Beinen auf Tonya zustackste und vor ihr auf die Knie fiel. Mit Tränen in den Augen legte sie ihre Arme um Tonyas Hals und barg ihr Gesicht in ihrem Fell.

„Tonya."

„Ich glaube es nicht. Wo kommst du denn her?"

„Schwesterlein, Kleines."

Sie alle stürzten auf Tonya zu und wollten sie umarmen. Doch alle auf einmal war Tonya zu viel. Sie knurrte.

„Oh je, ja", stotterte David. „Bringt ein Bademantel und lasst ihr Raum, sich zu verwandeln."

Zehn Minuten später saßen sie alle um den Küchentisch.

„Ich darf das Haus verlassen, ich darf auch in den Wald und laufen. Aber eben nicht allein und nur in einem bestimmten Gebiet. Sicherheitshalber", erzählte Tonya.

„Ist er ...", Melli traute sich gar nicht zu fragen.

„Er ist nicht grob zu mir", sagte Tonya leise. „Er schlägt mich nicht, oder misshandelt mich sonst. Ich bin eben nur nicht frei und wie in einem goldenen Käfig."

„Kommst du damit klar?", fragte David.

„Nun ja", wich Tonya aus. „solange ich laufen darf..."

Tonya warf Max und Vicki verstohlene Blicke zu. Sie hatte bemerkt, dass die beiden sie aufmerksam beobachteten.

„Wie sieht dein Zimmer aus?", fragte Melli neugierig.

Fragen um Fragen beantwortete Tonya, während sie nicht nur ein großes Stück von ihrem Geburtstagskuchen verschlang, sondern auch noch die beiden anderen Kuchen probierte. Sie beschrieb ihr Zimmer, lobte Maras Kochkünste, erzählte von den schönen Stellen im Wald. Sie erzählte auch von den Trainingsmöglichkeiten im Alphahaus selbst und dass sie mit ihren beiden Bodyguards Rennen im Wald veranstaltet. Vom Alpha selbst aber erzählte sie nichts. Wohl aber bemerkte sie den Fußtritt, denn Melli ihrem Sohn Bente gab, als dieser nach dem Alpha fragen wollte.

„Ist mein Zimmer eigentlich noch so wie früher?", fragte Tonya neugierig um von Bentes Frage abzulenken.

„Nun ja", antwortet Melli leicht verlegen. „Der Alpha und der Beta waren mal da und haben deine Sachen eingepackt und mitgenommen. Alles andere haben wir so gelassen, wie du es verlassen hast."

Gehorche, Tonya.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt