Hendrik grinste. Seine Kleine lag tief und fest schlafend in ihrem Bett, die Decke bis ans Kinn gezogen und sich selbst fest in die Decke eingewickelt, als würde sie frieren. Vorsichtig legte er sich neben sie und schon drehte sie ihm den Rücken zu und rutschte etwas näher.
Sein Wolf Rex jedenfalls hatte Yani auf seiner Seite. Vorsichtig legte Hendrik seinen Arm um Tonyas Taille und zog sie näher an sich. Genüsslich atmete er ihren Duft ein und freute sich, dass sowohl Rex als auch Yani zufrieden schnurrten. Er selbst genoss einfach nur Tonyas Wärme und ihren Duft, während seine Gedanken eigene Wege gingen.
Tonya hatte mit ihrer Mutter geredet. Über was? Anschließend war sie zum Antiquariat gefahren und hatte dort im Archiv nachgeforscht. Was hatte sie gesucht? Und sie war im Krankenhaus gewesen. Was wollte sie dort? Vermutete sie dasselbe wie er? Er musste dringend mit Melli reden und vielleicht konnte er im Krankenhaus mehr erfahren, als seine kleine Mate.
Entspannt lauschte er auf ihren Herzschlag und darauf, wie sie gleichmäßig ein und ausatmete. Er spürte ihre Wärme und fühlte ihre weiche Haut und ihre seidigen rötlichen Haare. Sie schien sich im Moment sehr wohl zu fühlen, den er registrierte ihre wolligen kleinen Seufzer. Er auch. Zufrieden schlief auch er schließlich ein.
— —
Ihr Kopfkissen roch wieder nach Hendrik. Er war also wieder über Nacht dagewesen. Sie konnte sogar seinen Geruch an ihrem Schlafanzug riechen.
‚Warum hast du mich nicht geweckt', schimpfte sie mit Yani.
‚Warum sollte ich?', gähnte ihre Wölfin. ‚Du hast dich neben deinem Mate genauso wohl gefühlt, wie ich mich mit Rex wohlgefühlt habe.'
‚Ach', schnaubte Tonya. ‚Rex und du – ihr seid euch wohl einig, was?'
‚Wir lieben uns', lächelte Yani versonnen. ‚Es ist doch nicht meine Schuld, wenn du mit Hendrik ein Problem hast.'
‚Du hast wohl vergessen, was er getan hat', grummelte Tonya.
‚Nein', widersprach Yani. ‚Aber er hat sich geändert. Er mag dich. Er macht sich Sorgen um dich und er will, dass es dir gut geht.'
‚Behauptest du.'
‚Weiß ich.'
‚Seit wann kannst du Gedanken lesen?', zweifelte Tonya.
‚Dazu muss ich nicht Gedanken lesen können', murrte Yani. ‚Er hatte dich ganz vorsichtig in die Arme genommen und mindestens eine Stunde lang seine Nase in dein Haar gesteckt und genüsslich deinen Duft eingeatmet.'
‚Ich will das gar nicht hören', wehrte Tonya energisch ab. ‚Vom an mir herumschnüffeln kann ich mir nichts kaufen. Er muss mir schon deutlich mehr bieten, wenn er will, dass ich vergesse, was er mir angetan hat.'
‚Oh das wird er', behauptete Yani zuversichtlich. ‚Wenn du ihn lässt.'
‚Was hat er dir versprochen, dass du nun plötzlich auf seiner Seite stehst?', fragte Tonya misstrauisch.
‚Also wirklich', schnaubte Yani ungehalten. ‚Ich muss nicht auf seiner Seite stehen, aber ich höre zu was er sagt und ich beobachte was er tut.'
‚Ach ja?', fragte Tonya schnippisch.
‚Wirklich', brummte Yani. ‚Er hat dich entführt, ja. Er...'
‚Gegen meinen Willen', unterbrach Tonya.
Yani seufzte. ‚Er hat dich gegen deinen Willen entführt. Er hat dich hier in diesem Zimmer eingesperrt. Aber er hat seinen Fehler doch eingesehen und dir doch deine Freiheit zurückgegeben.'
‚Hat er nicht', knurrte Tonya. ‚Was glaubst du wohl, was passiert, wenn ich versuchen würde, meinen Bodyguards zu entkommen? Er hat meinen Bewegungsradius vergrößert, aber meine Freiheit hat er mir nicht zurückgegeben.'
‚Aber so gut wie. Nun komm schon', lockte Yany. ‚Gib ihm eine Chance. Du hast doch nichts zu verlieren. Du kannst nur gewinnen, wenn du etwas netter zu ihm bist?'
‚Ok', willigte Tonya schließlich mürrisch ein. ‚Ich werde zum Frühstück nach unten gehen, aber wehe, ich höre einen doofen Spruch oder irgendeinen Befehl, dann ...'
‚... streckts du ihm die Zunge raus und haust ab', unterbrach Yani sie kichernd. ‚Ist klar.'
— —
Hendrik hatte eine Tür gehört und auch Mara hatte es bemerkt. Sie blickten sich kurz fragend an.
‚Tu so, als wäre alles vollkommen normal', forderte Hendrik Mara auf.
‚Mach ich', antwortete Mara und drehte sich zur Küchentheke um.
Nur kurz blickte Hendrik auf, als Tonya langsam die Treppe herunterkam.
„Guten Morgen, Kleines", lächelte er ihr entgegen und widmete sich gleich wieder seiner Lektüre.
„Guten Morgen, Luna Tonya", lächelte auch Mara. „Möchtest du Kaffee oder lieber Tee?"
„Guten Morgen", antwortete Tonya leise. „Und Kaffee – bitte."
„Setze dich, Luna Tonya", sagte Mara und kam mit der Kaffeekanne und einer Tasse zum Esstisch. „Ich habe Pfannkuchen gemacht. Möchtest du auch welche?"
Tonya nickte.
„Willst du lieber Sirup oder Apfelmus dazu?"
„Apfelmus, bitte."
Tonya hatte sich ans andere Ende des Tisches gesetzt. Mit beiden Händen umklammerte sie ihre Tasse und schlurfte vorsichtig ihren heißen Kaffee. Schon kam Mara und stellte einen Teller mit einem warmen Pfannkuchen vor ihr hin. Dann brachte sie zwei Schälchen mit Apfelmus.
„Magst du Zimt?", fragte sie und hielt ihr eines der Schälchen hin. „Der hier ist mit Zimt, der andere ohne."
„Mit Zimt ist ok", nickte Tonya ihr lächelnd zu.
„Wie Alpha Hendrik", freute sich Mara. „Ich finde, an Apfelmus gehört Zimt. Aber Beta Florian mag das überhaupt nicht, deshalb muss ich immer zweimal Apfelmus machen, einmal mit und einmal ohne Zimt."
Schweigend aß Tonya ihren Pfannkuchen und ließ sich von Mara auch gleich den nächsten auf den Teller legen.
„Machst du noch ein paar Brote zurecht?", bat Hendrik und Mara nickte schnell.
Schon öffnete sie den Kühlschrank und holte jede Menge Brotaufstriche und Wurst und Käse heraus, bevor sie anfing eifrig Brote zu schmieren. Sie packte alles in einen großen Korb, packte Saft- und Wasserflaschen dazu und stellte ihn auf den Esstisch.
„Danke, Mara", lächelte er seine Haushälterin an und stand auf.
Er griff nach dem Korb und dann nach Tonyas Handgelenk.
„Komm", sagte er nur und zog sie hinter sich her.
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Gehorche, Tonya.
Kurt AdamTonya wächst nur mit Brüdern auf und verbringt auch sonst ihre Zeit fast nur mit Jungs. Sie wird bald volljährig, aber einen Mate lehnt sie grundsätzlich ab. Ausgerechnet für sie hatte die Mondgöttin den jungen Alpha des Rudels vorgesehen, der si...