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Als Tonya aufwachte, flutete das Sonnenlicht ihr Zimmer. Sie blickte auf die kleine einfache Tischuhr auf dem Nachttischchen und setzte sich erschrocken auf. Sie hatte tatsächlich fast vier Stunden tief und fest geschlafen. Und schon wieder hatte sie Hunger.

Schnell zog sie sich an und schlich hinunter zur Küche. Sie machte sich eine große Tasse Kaffee und schnitt sich ein großes Stück von ihrem Geburtstagskuchen ab. Dann zögerte sie. Mara war wirklich ein Schatz. Sie hatte neben dem Kuchen noch eine Schale mit Schokopudding mit Vanillesoße für sie hingestellt und ein Teller mit einem großen Stück Lasagne. Vielleicht sollte sie doch zuerst die Lasagne essen. Den Pudding und den Kuchen konnte sie ja mit auf ihr Zimmer nehmen. Während die Lasagne im Backofen heiß wurde, richtete sie sich noch ein paar Schnitten Brot und brachte dieses zusammen mit dem Kuchen, dem Pudding und etwas Obst in ihr Zimmer.

Sie räumte die Küche noch auf und entschied sich dann zu laufen. Yani würde sich sicher freuen. Und vielleicht könnte sie ihre Mutter besuchen. Sie vermisste ihre Mutter. Und plötzlich tat es ihr leid, dass sie viel zu häufig genervt reagiert hatte, wenn ihre Mutter ihr etwas beibringen wollte. Melli hatte es doch immer nur gut gemeint. Sie war ein Mädchen. Irgendwann würde sie doch eine Familie gründen. Dass sie überhaupt keine Lust auf einen nervigen Gefährten oder gar einem Leben in einer fremden Familie und einer fremden Umgebung hatte, hatte Melli zwar registriert, aber nie ernst genommen.

Viel zu oft hatte Tonya fauchend das Weite gesucht, wenn Melli versuchte, ihr die Arbeiten in Haus und Küche näher zu bringen. Jetzt war sie doch froh, dass sie wusste, wie frau sich mit Hilfe eines Herdes und sonstigen Küchenhelfern ein schmackhaftes Essen bereiten konnte. Von dem, was Melli ihr immer und immer wieder erzählte und erklärte, ist also doch einiges hängen geblieben. Wie gerne würde sie sich jetzt Mellis Redeschwall anhören, denn das würde bedeuten, sie wäre noch immer frei. Nun ja, so frei jedenfalls, wie man als Tochter in einer Familie eben sein konnte.

Sie war aufgestiegen, gesellschaftlich jedenfalls. Jetzt war sie die Seelengefährtin eines Alphas und -seine Gefangene. Der Bereich der Unterstadt gehörte nicht zu dem Bereich, den Hendrik ihr genehmigt hatte. Aber gestern, an ihrem Geburtstag, durfte sie in die Unterstadt gehen und ihre Eltern besuchen. Warum heute nicht auch?

Tonya eilte hinunter in den Garten. Ben stand bereit und gleich darauf bog auch Bodo um die Ecke.

„Willst du laufen gehen?", fragte Ben und Tonya nickte.

„Mit Führung, oder spielen wir wieder fangen?", wollte Bodo grinsend wissen.

„Keine Anstrengung", lächelte Tonya. „Ich hatte heute schon mein Training."

Sie verschwand in einer der Hütten und kam gleich darauf in ihrer Wolfsgestalt wieder heraus. Sie wartete noch kurz, bis ihre beiden Begleiter auch fertig waren, dann lief sie los. Sie hatte es nicht eilig, aber sie lief zielstrebig in die Richtung der Unterstadt.

Sie hatte noch nicht die Grenze erreicht, da sah sie sich auch schon zwei Wölfen gegenüber.

Hier ist die Grenze', sagte der eine.

Ich möchte nur zu meinen Eltern', antwortete Tonya bestimmt. ‚Also lass mich bitte durch.'

Nur Sekunden später hörte Tonya Hendriks Stimme in ihrem Kopf.

Tonya, ich möchte nicht, dass du das Gebiet verlässt. Nicht ohne mich.'

Ich muss mit meiner Mutter reden.'

Für einen langen Moment war es still.

Bitte', überwandte sich Tonya hinzuzufügen.

Tonya, wir haben im Moment Probleme mit Rudellosen. Deshalb will ich, dass du auf sicherem Gebiet bleibst', befahl Hendrik mit ernster Stimme.

Gehorche, Tonya.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt