Was ist das denn für eine Frage? Das Gespräch fand doch erst letzte Nacht statt. Was denkt er denn, wie schnell ich etwas aus meinem Hirn hinausschiebe? Natürlich weiß ich darum noch Bescheid. Will er mich wütend machen? Ist das sein Ziel?
Ich spüre richtig, wie sich meine Stirn runzelt. Tut ja schon beinahe weh. Wehe, ich habe nachher Falten. Okay, eigentlich ist mir das egal. Aber ich könnte ihm die Meinung geigen.
Doch jetzt und hier kann ich mich – kaum zu glauben – noch zügeln, auch das weiß ich noch und habe ich nicht vergessen – wie das funktioniert. »Ja«, ist daher meine einfache Antwort, obgleich ich sie mir rauswürgen muss. Er ist so ein Idiot.
»Gut. Und keine Sorge«, er hebt die Hände, »habe jetzt auch nicht mit einem Nein gerechnet«, sagt er lachend.
Boah. Entweder ist er süß oder aber mega nervig. Eher Letzteres. Definitiv, jetzt gerade auf jeden Fall! Macht jedoch auch alles andere eher unsüß oder hebt zumindest das Erste auf. Ja, genau, so muss es sein.
»Break'n'hut«, setzt er nun – für mich – unvorbereitet an, unterbricht sich dann jedoch gleich wieder, indem er mit den Fingern neben sich auf das Metall der Rampe trommelt ... Und mich bringt er dadurch schon wieder aus dem Konzept. Mmh. »Es bedeutet für mich mehr als eine bloße Bruchbude. Oder anders gesagt, bedeutet eine Bruchbude für mich mehr als für die meisten anderen.«
»Okay?«, erwidere ich – schon verstehend –, ziehe es dennoch länger und es könnte fragend klingen, weil ich noch nicht ganz weiß, worauf er hinaus will.
»Okay?«
»Ja, okay.«
Schmunzelnd sieht er mich an und ich kann es mal wieder nicht deuten. Es strengt mich unfassbar an. Und was mache ich? Ich schaue runter.
»Break steht für unterschiedliche Dinge. Pausen oder auch Bruch beziehungsweise gebrochen. Hut für Haus, Hütte, Ort. Mit einem ›und‹ dazwischen wird es ein Wort; das und ergibt es. So weit, so gut. Statt einer gebrochenen Hütte könnte man ja auch den Blickwinkel verschieben und etwas anderes sehen.«
»Du meinst wie ein Pausenhof in der Schule?« Das klingt ja völlig bescheuert.
»So ähnlich.«
»Wir brauchen Pausen – sowohl für den Kopf als auch für den Körper. Zum Ausruhen, damit unser Inneres mit dem Äußeren im Gleichgewicht bleibt. Wir brauchen einen geschützten Rückzugsort.«
Da macht es Klick. Break'n'hut gleich Rückzugsort. »Verstehe«, hauche ich vor mich hin und meine damit wieder sehr viel mehr.
»Ich habe mir gedacht, dass du damit etwas anfangen kannst«, seine Stimme klingt glücklich, was meinen Kopf anheben lässt, »und es genauso gut verstehen kannst wie wir.«
Wie sie? Hat er das gerade wirklich gesagt?
»Und weißt du was?«, fragt er mich dann noch. Ich schüttle mit dem Kopf, doch es scheint sowieso eine rhetorische Frage gewesen zu sein. »Für mich ist da sonst auch kein Unterschied. Für mich ist eine Bruchbude nicht gleich etwas Negatives wie für viele andere schon. Man kann alles wieder zusammenflicken. Das bedeutet gar nichts.« Er zwinkert mir zu.
War das jetzt eine Anspielung?
In meinem Kopf beginnt wieder alles zu rasen. Kann er Gedanken lesen? Habe ich irgendwann etwas aus Versehen laut gesagt und mich als Bruchbude bezeichnet? Nicht, dass ich wüsste. Ja, aber wüsste ich denn davon? Wo ist eigentlich schon wieder mein Seesack? Habe ich schon etwas zur Bruchbuden-Thematik geantwortet? Fuck! Wo waren wir stehen geblieben? Ich rase und rase und versuche, in meinem Kopf zum Anfang zurückzukommen. Ist nur schwer, wenn man nicht weiß, von wo man gestartet ist.
»Wollen wir rein? Die warten mit Sicherheit schon.«
»Oh echt?«
»Ja, dein Vortanzen?!«
»Also, jetzt wirklich?«
Er guckt mich eindringlich an. Ich komme langsam nicht mehr mit. Kam das nur bei mir so an, dass er mich und Balou für unsere Dance Session ausgelacht hat? Bisher habe ich nicht viel davon mitbekommen, dass er etwas darauf geben würde, mich in der Gruppe zu sehen ... Will er, dass ich mich so richtig blamiere? Tut er das nur, weil die anderen es wollen? Andererseits ist Gabe nicht mehr der, den ich am Anfang als Baggy kennengelernt habe und na ja, zugegeben, auch da waren es nur meine Gedanken und eigentlich wusste ich nen Scheiß ... So wie auch jetzt – also was steckt wirklich dahinter? Und was will und denkt er?
Jetzt will ich es wissen. Nicht nur die Antwort. Auch, ob ich das Zeug in seinen Augen habe. Ich weiß, dass ich tanzen kann. Ja, das weiß ich. Und ja, das kann ich.
Nun schaue ich ihn erwartungsvoll an – sodass er mir in meine stechend grünen Augen blicken kann.
Ich warte, Freundchen Baggy, auf deine Antwort.
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Egal von welchem Fleck
Подростковая литература◦𝗬𝗼𝘂𝗻𝗴 𝗔𝗱𝘂𝗹𝘁◦ Unerwünscht. Einsam. Abgewiesen. Das ist die 17-jährige Mo gewohnt. ›Raus‹ ist eins der geläufigsten Worte in ihrem unsteten Leben. Stück für Stück bröckelt es - in ihr, um sie herum. Alles. Wechsel und Wandel begleiten sie...