Was soll das bringen? Was wollen sie damit bezwecken? Was ist nur in den paar Minuten dort passiert?
Da wird ein verängstigter Bene von Flynn festgehalten. Zudem muss Bene der geballten Faust von Flynn entgegenblicken. Kamen die irgendwie auf andere Themen in der Zeit? Oh man!
Hat Bene vielleicht Gefühle gestanden und Flynn erneut so bescheuert reagiert oder er kann sie nicht erwidern? Ach Quatsch – warum jetzt und hier?
Balou steht bei ihnen und redet auf sie ein. Aus Bene kommt nichts heraus, was ich echt verstehen kann. Was soll das? Und Flynn? Der quatscht auch irgendetwas. Aber nichts von deren Worten dringt so richtig bei mir heran. Es verschwimmt alles. Ich kann es einfach nicht glauben, was ich da sehe. Mit hängenden Schultern betrachte ich meine bis eben geglaubte neue Freundestruppe. Habe ich mich schon wieder so arg getäuscht?
Gerd und seine Kollegin stürmen an mir vorbei und ich stehe noch immer wie angewurzelt auf diesem Fleck wie ein hilfloses Etwas. Dabei ist es doch Bene, der gerade angegriffen wird.
Jemand berührt mich an der Schulter und ich zucke erschrocken zusammen. Es ist Gabe.
»Was soll–« Er legt seine Hand auf meinen Mund. Ey, was soll das?
»Komm.« Er schnappt sich meine Hand und zieht mich davon.
Ich bin viel zu überrumpelt. Und da ich offensichtlich nichts mehr begreife, bin ich nicht in der Lage, dazu etwas zu erwidern oder gar zu handeln. Mein Blick bleibt so lange an der Szenerie hängen, wie es möglich ist, während mich Gabe irgendwo lang zieht.
War das gespielt?, keimt eine kleine Hoffnung in mir auf. Ziemlich gut, wenn es so ist. Aber ich hoffe es so sehr. War Bene vielleicht nicht eingebunden in den Plan? Er wirkte ehrlich verunsichert. Oder hat Gabe den Moment einfach genutzt?
An der ich weiß nicht wie vielten Biegung ziehe ich an meinem Arm und stemme mich mit meinen Hacken gegen den Boden, damit Gabe merkt, dass es jetzt nicht weitergeht.
»Gabe!«, sage ich außer Puste. »Was soll das alles?«
»Mo, lass uns noch–«
»Ich gehe kein einziges Stück noch weiter, bevor ich nicht irgendwelche Antworten erhalte«, unterbreche ich ihn nun harsch.
»Es war Flynns Plan und wir halten eben alle zusammen.«
»Also war es gespielt?«, frage ich immer noch überrascht, obwohl mir der Gedanke schon kam.
»Ja und Nein.«
»Wie?«
»Ich erzähle es dir gleich, aber lass uns erst einmal weiter«, er schaut sich um, »Bitte.«
So bescheuert – und gleichzeitig lieb – diese Aktion auch war, gehe ich auf diese Bitte ein und trotte Gabe hinterher. Dabei fällt mir auf, dass er meinen Rucksack bei sich hat. Auf Freunde kann man zählen. Aber sie müssen doch nicht alles – vor allem nicht so was – für einen machen. Ich schüttle mit dem Kopf, daran kann ich jetzt eh nichts mehr ändern.
»Also?«, frage ich mit verschränkten Armen vor der Brust nach, als wir bei der Mauer beim break'n'hut ankommen.
»Flynn wollte, dass du abhaust und konnte nicht verstehen, warum du da stehenbleibst. Und dann meinte er, dass er eingreifen müsste. Flynn, der Abenteurer eben.«
»Vielleicht wollte ich auch einfach mitgehen?«, werfe ich ein. »Was ist mit Bene?«
»Er wollte dir zwar helfen, ganz klar, aber er wollte sich nicht verprügeln lassen.«
»Deswegen sah es auch so ernst aus.« Ich laufe ein paar Schritte auf und ab. »Man ey. Wieso macht ihr so was nur?«
»Weil wir dich mögen?«
»Jetzt haben doch Flynn und Bene sicherlich Stress miteinander und was ist mit Dilara? Und Balou? Und überhaupt? Wer weiß, was mit Flynn nun passiert.« Während ich spreche, fällt mir Gabes Grinsen auf.
»Nichts«, antwortet Flynn da auch schon.
»Wie?« Ich drehe mich zu ihm um. »Alles gut bei dir und euch?« Hinter ihm sehe ich Balou und Bene. Sie lächeln auch. »Wo ist Dilara?«, hake ich nach.
»Di wartet drinnen auf uns.« Flynn kommt auf mich zu, legt seinen Arm um mich und zieht mich mit in die Richtung vom Eingang des Jugendtreffs. Sind wir hier denn sicher?
Tatsächlich empfängt Dilara uns im Saal, in dem sie die Musikanlage abgestellt hat. Ah. Sie hat wohl die Sachen schon mal weggebracht. Ich beginne zu verstehen.
Wir setzen uns hin – Gabe neben mich – und sie erzählen mir, was sich zugetragen hat. Bene wusste nicht genau, wie er das schauspielern soll, also hat Flynn improvisiert und ihm dadurch wirklich zunächst Angst beziehungsweise vielmehr Unsicherheit bereitet. Dilara hatte während derer Diskussion, was sie machen können, die Musiksachen zusammengesucht und ist los. Gabe hat sich meinen Rucksack geschnappt und ist an den Rand getreten. Und Balou blieb cool dort auf ihrem Platz stehen. Was für eine Gruppe. Sie halten zusammen. Wir halten zusammen. Wie ein junger Spross klettert aus meinem Innersten ein Hauch von etwas, das ich nicht näher greifen kann. Ein Gefühl, was ich nicht zuordnen kann. Es kommt von tief in mir und wagt sich vor.
»Und wie haben die beiden von der Polizei reagiert?«, frage ich nach.
»Wir haben sie erst einmal ein wenig hingehalten. Also ich habe zumindest so getan, als würde ich sie nicht hören.«
»Und dann? Was habt ihr denen gesagt?«
»Dass wir für unser Casting proben.« Flynn muss laut lachen. »Und da sind dem Polizisten seine Gesichtsmuskeln aber ordentlich entglitten. Nachdem er sich wieder einbekommen hat, hat er uns gratuliert zu der tollen Leistung.«
»Ja und dann hat seine Kollegin ihn auf deine Abwesenheit aufmerksam gemacht. Sie haben sich verabschiedet und sind los.«
»Danke Leute, wirklich, aber ich wollte mit ihnen mitgehen«, erkläre ich ihnen.
»Das habe ich Flynn auch versucht zu sagen«, meint Bene.
»Ja, aber willst du dir nicht wenigstens vorher Gedanken machen, was du dort sagen willst?«, mischt sich Balou mit ein. »Ich bin ja voll dafür, dass du dahin gehst und was die Aktion angeht ... Hm ...«, macht sie und bedenkt Flynn mit einem skeptischen Blick, lächelt dann aber. »Dort so komplett unvorbereitet aufzuschlagen, ist vielleicht auch nicht das Beste, oder?«, fragt sie mich.
»Na ja ...«, beginne ich, obwohl ich gar nicht weiß, was ich sagen soll. Meine Kehle fühlt sich auf einmal seltsam trocken an. Gabe scheint so etwas schnell mitzubekommen, er drückt leicht meine Hand.
»Kannst du denn keine Wünsche anbringen?«, fragt Dilara nach.
»Doch, aber ...« Es stimmt. Aber was soll ich mir denn wünschen? Nach dem, was ich schon alles durchlaufen habe, weiß ich nicht, was ich noch will, kann, in Anspruch nehmen darf ... Und auch die Hoffnung, ein Fleckchen für mich zu finden, auf dem ich mich geborgen fühlen könnte ...
»Aber?« Gabe streichelt ganz sanft über meinen Handrücken. Mut. Sollte ich haben. Hoffnung. Geben sie mir. Alle. Das ist das Gefühl von eben. Etwas unterhalb meiner Brust pocht es auch. Hoffnung.
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Egal von welchem Fleck
Novela Juvenil◦𝗬𝗼𝘂𝗻𝗴 𝗔𝗱𝘂𝗹𝘁◦ Unerwünscht. Einsam. Abgewiesen. Das ist die 17-jährige Mo gewohnt. ›Raus‹ ist eins der geläufigsten Worte in ihrem unsteten Leben. Stück für Stück bröckelt es - in ihr, um sie herum. Alles. Wechsel und Wandel begleiten sie...