Gleich geht es los ... Puh ... Ich spüre, wie die Aufregung gerade nur so durch meine Venen gepumpt wird. Bam bam bam. Andererseits sollte es auch langsam losgehen, sonst ist mein Körper nicht mehr warm. Noch mal aufwärmen, nee ... Darauf habe ich jetzt auch keine Lust ... Gabe und ich gehen von der einen Ecke zur gegenüberliegenden auf die anderen zu. Uns entgegengestreckt werden die Shirts. »Ich hoffe, es passt einigermaßen«, sagt Di zu mir, als ich meins entgegen nehme. »Es ist eins unserer Reserveshirts. Du bekommst natürlich noch eins in deiner Größe.«
»Danke«, antworte ich lächelnd. Es ist echt cool.
Auf der Vorderseite steht mittig fett break'n'hut und es verläuft quer von links unten nach oben rechts eine Linie durch den Namen – unterbrochen wird die Linie nur vom ›n‹, geht dann aber weiter. Links von dem Strich ist das Shirt in einem dunklen Graublau, rechts davon in einem hellerem türkisgrün.
Ich ziehe es über mein schwarzes Top und da es ein wenig zu lang – zu lang, als das es noch bequem beim Tanzen sein könnte – ist, stecke ich mir einen Zipfel in meine schwarze kurze Hose rein. Wie soll es anders sein, er muss ja seine Marke bedienen – Baggy trägt eine Baggy. Und das, obwohl wir gefühlte dreißig Grad haben. Die anderen haben so wie ich kurze Hosen an.
»Mo, du weißt ja, bei welchen Songs du mitmachen kannst, aber ich werde dir dann auch zuwinken«, gibt Gabe mir Bescheid.
What, wait, haltet mal an. Bedeutet das jetzt? Also so wirklich jetzt geht es los? Mein Herz beschleunigt noch mal. Bam bam bam. Oookay.
»Mach einfach mit, reih dich ein, hab Spaß«, ergänzt Balou zwinkernd.
»Ja, du packst das«, ermutigt Gabe mich noch mal.
Die Hände werden in die Mitte gelegt, sie schauen mich an. Ah, und schon den ersten Schritt verkackt. Würde es nicht um mich gehen, und wäre ich gerade nicht so völlig neben der Spur, würde ich lachen. Ich lege meine Hand mit drauf.
»Eins, zwei, drei«, sagen sie alle und drücken dabei die Hände runter.
»Break'n'hut«, rufen sie dann kurz darauf, schwingen die Hände dabei hoch in die Luft – break'n'hut, wiederhole ich gedanklich – und dann löst sich der Haufen auf. Ich bleibe stehen, wo ich bin. Balou bewegt sich hüpfend zur Musikanlage, die anderen drei verteilen sich zu einer Seite. Mit jeder Sekunde rücke ich weiter nach hinten. Bloß in den Hintergrund. Nur blöd, dass das gleichzeitig auch eine Seite ist. Auch noch die freie. Ich schaue zu Balou, die mir den Daumen hoch zeigt. Bam. Tolle Kommunikationsmissverständnisse. Mir ist bewusst, dass es erst einmal um eine Art Einstieg und Animierung geht. Die Musik beginnt und doch habe ich keinen wirklichen blassen Schimmer, was nun abläuft oder laufen soll. Hach ja, wie grandios.
Im Augenwinkel sehe ich, wie sich alle zur Musik an ihrer Seite bewegen. Balou kommt zu mir und animiert sowohl mich als auch die ersten der Schaulustigen. Ich schließe die Augen und lasse meinen Körper übernehmen. Kurz darauf wird mein Gesicht von einem Strahlen überzogen.
Ich löse mich von Balou und begebe mich in die Mitte unseres Floors, in der Gabe gerade tanzt und wir beginnen uns freundschaftlich zu battlen. Nur ein kleines Hin und Her. Doch dann drehe ich mich um ihn herum und lasse ihn nicht mehr zu einem Move ansetzen; gebe ihm keine Möglichkeit. Ja, ich habe Spaß. So richtig. Dann schnappt er sich doch tatsächlich meine Hand. Damit habe ich nicht gerechnet. Er steht breitbeinig und ganz leicht gehockt und ich sehe meine Chance. Ich gebe ihm auch meine andere Hand, greife fester – nicht so, dass ich ihm wehtun würde – zu, und lasse mich fallen und schiebe mich durch seine Beine hindurch. Bam! Mich kannst du nicht so leicht austricksen.
Mittels cooler Pose komme ich auf seiner anderen Seite wieder hoch und bekomme Beifall vom Publikum. Ich denke, der Sieg geht an mich. Wir klatschen uns ab, ich verbeuge mich vor dem sich mittlerweile füllenden Publikum und habe das Gefühl, dass ich mich nun erst einmal an den Rand stelle und meine Crew von dort aus anfeuere.
Insgesamt haben wir eine dreiviertel Stunde geplant. Da wir keinen Stress mit der Stadt oder dem Ordnungsamt wollen, stellen wir extra keine Box oder dergleichen für Geldspenden auf. Aber es ist auch so echt der Wahnsinn. Ich sehe bei den Choreos, die ich noch nicht kenne, neue Moves oder auch deren Fähigkeiten noch einmal deutlicher. Und ich liebe diese Truppe einfach. Alle achten darauf, dass ich bei den Parts dabei bin, die ich kann. Ich gehöre zu ihnen, das vermitteln sie mir deutlich. Zwischendurch wird noch einmal eine Freestyle-Runde eingelegt. Zu dem Lied, in dem break'n'hut öfter vorkommt und sie – nein, wir – dann klatschen. Dieses Mal stellen wir uns einzeln vor, wobei wir das einzelne Crewmitglied anfeuern. Ein irres Gefühl.
»Zugabe, Zugabe, Zugabe!«, wird von der Menge gefordert, doch die gab es schon und unsere Zeit ist vorbei. Wir wollen keinen Ärger heraufbeschwören. Also lassen wir es gut sein. Voller Glücksgefühle taumele ich nach dem Auftritt von Markierung zu Markierung, um sie abzuräumen.
»Mo?!«
Ich will mich gerade umdrehen, doch nach der Hälfte wird mein Blick von etwas anderem abgelenkt. Bam. Hallo Realität. Zwei Polizisten kommen auf mich zu. Ihr Gang ist bestimmt. Ihr Ziel scheint ganz klar zu sein. Sie wollen definitiv zu mir.

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Egal von welchem Fleck
Novela Juvenil◦𝗬𝗼𝘂𝗻𝗴 𝗔𝗱𝘂𝗹𝘁◦ Unerwünscht. Einsam. Abgewiesen. Das ist die 17-jährige Mo gewohnt. ›Raus‹ ist eins der geläufigsten Worte in ihrem unsteten Leben. Stück für Stück bröckelt es - in ihr, um sie herum. Alles. Wechsel und Wandel begleiten sie...