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Jo – ganz einfach. Dazu sich einfach ein wenig einreden, dass es einfach ist, und dann läuft das schon.

Ein bisschen über mich selbst grinsend, stehe ich wieder mit mehr Tatendrang auf. Dies ist immerhin einem Park nahe. Okay. Es ist eher ein Grünstreifen. Aber vielleicht werde ich dennoch fündig.

Gott sei Dank waren Dana und ich nicht shoppen! Aus zweierlei Gründen ... Na ja, der eine davon hat sich leider irgendwie aufgelöst. Wo ist nur dieses verdammte Geld hin? Ob meine Kohle bei Dana liegt? Habe ich es bei ihr herausgeholt und dann vergessen, wieder einzupacken? Ist das möglich?

Sollte ich zu ihr gehen? Mein Verstand bekommt keine Chance das Für und Wider abzuwägen. Auf keinen Fall werde ich an diesen Ort zurückgehen! Das kann ich nicht. Und mir diese Blöße geben. Nein!

Froh bin ich aber auch, weil mich mein Seesack schon genug nervt. Wenn ich mir vorstelle, dass da noch lauter neues Zeugs drin wäre ...

Ich widme mich meinem Hab und Gut. Rucksack schultern, Seesack umhängen, alles wieder in die Hip Bag rein und verschließen. Auf geht es.

Vier PET-Flaschen ergeben einen Euro. Damit bekomme ich bestimmt bei einem Discounter schon irgendetwas Essbares. Mit meinem Ziel klar vor Augen ziehe ich meine Runden und gehe auf die Suche.

Nach kurzer Zeit ziehe ich jedoch zugleich eine erschreckende und ernüchternde Bilanz: Es ist nicht so leicht.

Ein Wunder ist es nicht wirklich. Ich bin nicht die Einzige. Und anderen will ich das Kostbare nicht direkt vor der Nase wegschnappen. Eventuell habe ich auch ein wenig Schiss davor.

Eine Flasche. Endlich ist da eine Flasche. Ich steuere darauf zu. Dann im Augenwinkel ... Eine Bewegung. Wir steuern auf das gleiche Ziel zu. Ich habe die andere Person erst gar nicht gesehen, nur die Flasche. Ich stocke. Ein Fehler. Aber doch eine bewusste Handlung. Ich halte inne, lasse ihr den Vortritt. Aus Angst? Aus Mitleid? Oder doch aus Scham? Ich weiß es nicht.

Das war knapp ... und doch war ich nach wie vor ohne Flasche.

Ein wenig später sehe ich wieder eine Flasche. Oder ist es eine Halluzination? Ich nehme mir fest vor, nicht zurückzuweichen, falls wieder eine solche Situation eintritt. Ich brauche das Pfand genauso sehr. Ich schreite voran. Geradewegs darauf zu, auf die Flasche. Es knackt. Im Gebüsch. Ich schaue nach links. Scharfsinnige Augen starren mich an. Nicht beirren lassen – nimm sie dir, spreche ich mir gedanklich Mut zu. Doch ... diese Person ist mit allen Wassern gewaschen. Sie stürzt sich nach vorne, auf die Flasche. Das Spiel ist vorbei.

Zweimal war es echt knapp. Beides Mal ein eins zu eins und beides Mal habe ich verloren. Bei dem Gedanken daran gruselt es mich. Doch es ärgert mich auch, weil ich schon die Hälfte hätte haben können.

Hätte, hätte, hätte ...

Durstig gehe ich zu einem Wasserspeier und flöße mir davon immerhin etwas ein und fülle dann gleich meine – nicht für Pfandflaschenautomaten brauchbare – Flasche auf. Im Augenwinkel – ich traue mich gar nicht, daran zu glauben – schimmert etwas. Meine Hoffnung lässt mich jedoch wagen, dorthin zu schielen. Tatsächlich ist es eine leere Limoflasche, eine PET-Flasche. Strahlend halte ich meinen ersten Fund in den Händen, den ich schnell ins Seitenfach meines Rucksacks schiebe. Nur – vor allem nur – noch drei.

Kraftlos und mit leerem Magen komme ich einige Zeit später wirklich mit vier Flaschen bei einem Discounter an. Bevor ich die Tür passiere, bete ich zum Universum, dass ein Automat heile sein möge; dass mein Bon nicht verschluckt werden möge; dass alles gut gehen möge.

Statt ›hätte, hätte, hätte‹ sage ich mir ein ›möge, möge, möge‹ auf.

Dann betrete ich den Laden. Die Schlange stört mich nicht. Es scheint alles zu laufen, Hauptsache auch dann noch, wenn ich dran bin.

»Möchtest du vor? Du scheinst weniger zu haben als ich«, werde ich freundlich angesprochen.

Dankbar und lächelnd nehme ich das Angebot an und bin überrascht, wie gut es läuft, auch am Automaten. Eine nach der anderen Flasche schiebe ich hinein und ohne Widerworte – oder besser gesagt Ton und Gemecker – nimmt er sie an.

Nachdem mir die Maschine meinen Freund – den Bon – ausgedruckt hat, kann ich mich endlich auf die Suche in den Laden machen, um meinem Magen etwas zu besorgen. Den Zettel mit der Pfandgutschrift halte ich festumklammert in der Hand und bewege mich zügig durch die Reihen des Supermarktes. Abgepacktes Gebäck. Danach suche ich. Oder Sonderangebote oder Aktionen bei den Essensregalen. Alles andere blende ich aus. Auch nicht zum Interesse schaue ich mich um. Das alles ist mir schnurzpiepegal. Gierig und freudig gehe ich mit einer Aktionspackung von drei Laugenstangen, die heute nur ein Euro und neun Cent kosten zur Kasse und stelle mich dort an. Zwar muss ich nun neun Cents dazu bezahlen, aber ich bekomme dafür drei Laugenstangen. Ein guter Deal. Sobald ich weit genug an der Kassenschlange vorne bin, lege ich meine Errungenschaft auf das Band und hole schon mal mein Portemonnaie heraus. Da ich es überhaupt nicht mag, die anderen lange aufzuhalten, und ich zudem schnell hier raus möchte, krame ich schon mal nach einem zehn Centstück.

Der Tausch von Pfandgutschrift und meinem Geld gegen Laugengebäck, dem einen Cent Rückgeld sowie Quittung funktioniert ebenso reibungslos wie alles andere bisher in diesem Laden. Ich bin wirklich positiv überrascht, sodass mir beinahe ein Jubelschrei entkommt.

Mein Magen bereitet sich schon darauf vor, gleich etwas zu sich nehmen zu können. Die Leere in ihm ... Sie schreit mich beinahe an. Es fühlt sich dumpf an. In der Wohngruppe hätte ich in der Zeit schon mindestens zwei Mahlzeiten gehabt. Auf das Stichwort hin grummelt er nur noch mehr. Wenn ich nicht gleich etwas esse, dann ...

»Warte Fräulein! Stehen bleiben. Du mit dem dunkelgrünen Seesack bist gemeint.«

... dann kippe ich noch um. Kann natürlich auch so gelingen. Was ist denn jetzt?

»Ich?«, quietsche ich vor mich hin und drehe mich langsam um.

Egal von welchem FleckWo Geschichten leben. Entdecke jetzt