Kapitel 3

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„Ja ich weiß, dass du Baden hasst, das hast du mir schon mehr als einmal deutlich klar gemacht", fluchte ich durch fest zusammengepresste Zähne, während ich den großen Vorsitzenden Miau Tse Tung davon zu überzeugen versuchte, ein Bad zu nehmen. Doch schon als ich das Wasser angestellt, die Badewanne hatte volllaufen lassen und mein Lieblingsbadesalz, dass so unglaublich gut nach Vanille duftete, in die Wanne eingelassen hatte, war der noble Herr förmlich durchgedreht und hatte mit Vorder- und Hinterpfoten regelrecht um sich geschlagen, ganz zu schweigen von seinem Schwanz, mit dem er mir inzwischen schon zum dritten Mal einen Schlag ins Gesicht verpasst hatte. „Jetzt hab dich doch nicht so. Wir alle müssen irgendwann baden. Du kannst wenigstens froh sein, dass du es nicht alleine tun musst und meine angenehme Gesellschaft genießen darfst." Der große Vorsitzende, blickte mich an als wolle er gleich genervt mit den Augen rollen. Außer einem eindringlichen Miau und einem unfreundlichen Fauchen gab er keinen Ton mehr von sich, als ich gerade drauf und dran war, seinen flauschigen, kleinen Körper in das schaumige Badewasser zu tauchen.

Schließlich wurden wir von dem unangenehmen Klingeln der Tür unterbrochen. Ich seufzte und ließ von dem großen Vorsitzenden ab. „Da hast du aber noch mal Glück gehabt.", stöhnte ich leicht genervt, trocknete meine Hände an einem der Handtücher ab, die ich auf dem Toilettendeckel zurechtgelegt hatte und verließ das Badezimmer. „Wehe du bewegst dich von der Stelle.", rief ich dem große Vorsitzenden noch hinterher. Schnurstracks und verärgert über die späte Störung, lief ich zur Wohnungstür und betätigte die Gegensprechanlage. Wenn das jetzt nicht wichtig war ...

„Hallo?", fragte ich entnervt durch den kleinen Lautsprecher. „Ich bin gerade dabei meine Katze zu baden, also hoffe ich das es wichtig ist!"

„Ich ähm ... also hier ist Alec, Alec Lightwood. Ich war neulich auf deiner Party und ..." Für einen Augenblick lang war Ruhe. „Also ich kann auch ein anderes Mal wiederkommen." Alexander Lightwood? Der Schattenjäger? Es reichte ein Gedanke an seine wahnsinnig blauen Augen, um mich dazu veranlassen, den Türöffner zu drücken und ihn hereinzulassen. Ich hörte die leisen Schritte, die sich langsam ihren Weg durch den Flur bahnten. Als ich seinen Schatten auf dem Boden erkannte, streckte ich meine Hand aus der halbgeöffneten Tür und zog ihn an seinem Kragen in meine Wohnung. Immerhin konnte ich nicht riskieren, dass der große Vorsitzende die Chance am Schopfe packte und ausbüchste. Er würde keine zwei Tage dort draußen in dem Großstadtdschungel überleben. „Entschuldige.", sagte ich mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen. „Ich wollte nur vermeiden, dass der große Vorsitzende die Flucht ergreift. Baden ist nicht gerade seine Lieblingsbeschäftigung."

Für einen Augenblick sog ich Alecs Erscheinungsbild vollends in mich auf. Er trug eine locker auf seinen Hüften sitzende Stoffhose, eine Jogginghose, vermutete ich. Darauf einen Pullover, der bereits jede Menge Gebrauchsspuren und Löcher aufwies und die Schuhe ... davon wollte ich gar nicht erst anfangen. Über modischen Geschmack verfügte er offensichtlich kein Stück; über ein gutes Aussehen dafür umso mehr. Diese Augen brachten mich beinahe um den Verschwand. Wer brauchte schon einen anständigen Kleidungsstil, wenn man so ein Gesicht hatte? „Ähhh ... ich also, ja ich wollte nochmal vorbei kommen um mich bei dir zu bedanken.", sagte er und räusperte sich verlegen. Ich schüttelte den Kopf und winkte ab. „So? Das hast du doch bereits getan?", fragte ich und lief quer durch meine Wohnung wieder Richtung Badezimmer. Ich hatte doch tatsächlich für den Bruchteil einer Sekunde vergessen, dass ich gerade dabei gewesen war, den großen Vorsitzenden zu baden. Hoffentlich hatte er das Badezimmer nicht in ein Aquarium verwandelt.

Es dauerte einen Augenblick, bis auch Alec im Badezimmer erschien. Wahrscheinlich hatte er sich die Zeit damit vertrieben, sich in meiner Wohnung umzusehen. Kein Wunder, ich hatte ja auch einen ziemlich guten Geschmack, nicht nur was die Mode betraf, sondern auch die Einrichtung meiner Wohnung. „Es macht dir noch nichts aus, wenn ich, während du dich bedankst, meine Katze weiter bade oder?" Alec runzelte die Stirn. „Äh nein ... natürlich nicht." Der große Vorsitzende stand nach wie vor auf dem Rand der Badewanne. Gut, zumindest hatte er auf mich gehört und sich nicht vom Fleck bewegt. Als Alec näher trat, fauchte er ihn herausfordernd an. Tadelnd erhob ich meinen Zeigefinger und ermahnte ihn mit einem grimmigen Blick. „Entschuldige seine Manieren, aber wie gesagt, er badet nicht gerne." Bevor der große Vorsitzende auch nur die Gelegenheit gehabt hätte, mir neuerlich zu entwichen, legte ich meine Hände um seinen kleinen Körper und tauchte ihn zurück in das eigenhändig für ihn hergerichtete Schaumbad. Jeder andere hätte sich darüber gefreut, der große Vorsitzende jedoch hielt sich mal wieder für etwas Besseres. Für einen Augenblick wehrte er sich, dann lockerte ich jedoch meine Griffe und begann, den Schaum ganz sanft in sein Fell einzumassieren. Ich wusste, dass er meinen Massagen einfach nicht widerstehen konnte. Kurz darauf begann er zu Schnurren und wandte seinen Kopf angenehm und mit geschlossenen Augen meinen Händen entgegen. „Also, du wolltest dich bei mir bedanken, Schattenjäger?", fragte ich nun, an Alec gewandt, nachdem ich mir sicher war, dass der große Vorsitzende erst einmal Ruhe bewahren würde. Solange er schnurrte, drohte keine Fluchtgefahr.

Alec stand unbeholfen im Badezimmer herum, wippte von einem Fuß auf den anderen, ließ sich dann aber ebenfalls auf dem Rand der Badewanne nieder, mit einem viel zu großen Abstand wie ich bedauerlicherweise feststellen musste. „Ja ... also das du mir das Leben gerettet hast. Izzy hat mir erzählt, dass du keine Bezahlung wolltest, also dachte ich, sollte ich mich nochmal für deine Hilfe bedanken." Ich nickte, gedankenverloren und registrierte erst, dass ich den großen Vorsitzenden losgelassen hatte, als es bereits zu spät war. Innerhalb von dem Bruchteil einer Sekunde sprang der Kater aus dem Wasser, direkt auf Alecs Schoß und krallte sich an seinem Pullover fest. Alec verlor das Gleichgewicht, ruderte mit den Armen und schaffte es, trotz beeindruckender Showeinlage nicht, seinen Fall zu verhindern und stürzte rücklings in das schaumige Badewasser. Der große Vorsitzende schaffte es noch rechtzeitig von seinem Schoß zu springen, landete mit einem Satz auf dem Boden und verschwand mit einem Affentempo aus dem Badezimmer. Mit hochgezogenen Augenbrauen beäugte ich Alec, der pitschnass aus dem Wasser auftauchte und die Augen feste zusammenkniff. Ich verschränkte die Arme vor der Brust und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Alec angegriffen von dem großen Vorsitzenden, pitschnass in meiner Badewanne? Ein Bild für die Götter. „Hm ... wenn du auch ein Bad mit mir gewollt hast, wieso hast du das denn nicht gleich gesagt, Alexander?" Ich hätte wirklich nichts dagegen gehabt. Ganz im Gegenteil sogar. Alecs Wangen hatten plötzlich die Farbe zweier reifer Tomaten angenommen. Mit einem grimmigen Gesichtsausdruck kletterte er, darauf bedacht, nicht schon wieder auszurutschen, aus meiner Badewanne und war bereits im Begriff zu gehen. „Ich sollte besser gehen.", murmelte er verlegen vor sich hin, doch bevor er auch nur in der Lage gewesen wäre, mein Badezimmer, geschweige denn meine Wohnung zu verlassen, hielt ich ihn an seiner Schulter zurück. „In den nassen Klamotten? Kommt nicht in Frage. Am Ende heißt es noch, dass du dir wegen mir einen üblen Schnupfen eingefangen hast, Schattenjäger. Ich wette, das ist gegen das Abkommen."

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt