Kapitel 4

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Ich hatte die Flügeltüren zu meinem Kleiderschrank, der beinahe eine komplette Wand meines Schlafzimmers einnahm, weit aufgezogen. Mit demselben fragenden Blick, mit dem Alec mich bedachte, bedachte ich die Klamotten in meinem Kleiderschrank. „Auf Glitzer stehst du nicht unbedingt, oder?" Nach Glitzer sah er nun wirklich nicht aus. „Würde dir aber sicher gut stehen.", stellte ich daraufhin fest. „Wenn möglich bitte kein Glitzer.", bat Alec, der noch immer bis auf die Knochen durchnässt auf meiner Satinbettwäsche saß und es größtenteils vermied, mich anzusehen. Oder wollte er nicht, dass ich ihn ansah? Ich musste zugeben, mir gefiel er wirklich sehr ... so nass. Seine pechschwarzen Haare klebten an seiner Stirn. Einige Tropfen perlten noch immer von seiner Wange und sein Pullover war so durchnässt, dass er sich eng an seine Muskeln anschmiegte, die sich bei jeder Bewegung klar und deutlich unter dem nassen Stoff abzeichneten. „Also wenn du mich fragst, steht dir dieser nasse Pullover wirklich ausgezeichnet. Meinetwegen könntest du immer so rumlaufen. Du würdest mit Sicherheit das Rennen in jedem Wet-T-Shirt-Contest machen." Wieder verwandelten sich seine Wangen in zwei reife Tomaten. Ich konnte nicht anders, als zu Grinsen, während ich mich wieder zu meinem Kleiderschrank umdrehte und Alec den Rücken zuwandte. „Also kein Glitzer. Du stehst wohl auch nicht so auf bunte Farben, was?" Ich warf einen Blick über meine Schultern und beobachtete Alec dabei, wie er beinahe hilflos an sich hinunter blickte. Kurz darauf wandte er seinen Blick wieder zu mir und zuckte mit den Achseln. „Magst du Federn? Ich habe hier diesen wundervollen Gehrock aus Brasilien. Der würde dir wirklich ausgezeichnet stehen." Alec verzog das Gesicht zu einer Grimasse. „Vielleicht in meinem nächsten Leben als Pfau.", erwiderte Alec und senkte den Blick. „Ich kann auch einfach nach Hause gehen. Das ist wirklich gar kein Problem." Er hatte sich bereits von meinem Bett erhoben. Ich musste zugeben, dass mein Bett mit ihm drauf viel besser ausgesehen hatte. Ich wollte nicht das er ging. Ich genoss seine Anwesenheit, ob es nun eine gute Idee war oder nicht. Schnell wandte ich mich zurück zu meinem Kleiderschrank und griff nach einem mitternachtsblauen Pullover, den mir einst irgendein dahergelaufener Verehrer geschenkt hatte. Auch jemand, der nicht viel von Klamotten verstand, doch Alec würde er sicherlich großartig stehen. „Hier. Der wird dir sicherlich hervorragend stehen.", behauptete ich freudig. Ich streckte den Arm aus und hielt ihm das blaue Stück Stoff entgegen. „Bringt sicherlich deine Augen zur Geltung.", schmunzelte ich und zwinkerte ihm zu. „So und jetzt brauchen wir nur noch eine trockene Hose." Wieder griff ich in meinen Kleiderschrank und zog eine schwarze Stoffhose heraus; eine meiner Pyjamahosen. „Das sollte funktionieren.", sagte ich zu mir selbst und reichte ihm auch die Hose, die er dankend annahm und sich fest gegen die Brust presste. „Wo ... wo ist denn das Badezimmer?", fragte er dann. Ich runzelte die Stirn. Waren wir nicht gerade erst dort gewesen? Sollte er also nicht wissen, wo sich das Badezimmer befindet? „Den Flur entlang, zweite Tür rechts. Ich warte unten im Wohnzimmer. Komm einfach runter, wenn du fertig bist." Ich schenkte ihm ein verschmitztes Lächeln, ging so nahe an ihm vorbei, dass ich das Parfüm riechen konnte, dass er aufgelegt hatte und verschwand unten im Wohnzimmer. Ein paar Minuten später, hörte ich, wie sich die Badezimmertür schloss.

Es dauerte nicht lange, bis Alec wieder nach unten gestiefelt kam. Er sah ausgezeichnet aus in meinen Klamotten. Fast besser als ich selbst. „Ich sagte doch, dass dir der Pullover stehen würde.", stellte ich stolz fest und bat ihm einen Platz neben mir auf dem Sofa an. Alec zögerte einen Augenblick, setzte sich dann aber in Bewegung und ließ sich neben mir auf das weiche Polster nieder. Er rutschte nervös hin und her und brauchte einen Augenblick, bis er eine für sich angenehme Position gefunden hatte. Als es schließlich soweit war, schlug er sein rechtes Bein über das linke und lehnte sich in den Kissen zurück. Ich tat es ihm nach und ließ mich ebenfalls gegen das Polster fallen. „Und jetzt erzähl mir doch mal, wieso du wirklich hergekommen bist." Ich griff nach der Tasse mit dem warmen Tee, der auf dem Wohnzimmertisch stand und bot auch Alec eine an, der allerdings dankend ablehnte. Er fühlte sich unwohl; Unbehagen machte sich breit. Nervös wippte er mit seinem rechten Fuß auf und ab. „Also ... um ehrlich zu sein ...", er stotterte verlegen, was unglaublich süß war. Wenn ich mich nicht unter Kontrolle gehabt hätte, wäre ich ihm wahrscheinlich gleich um den Hals gefallen. Wieso sah er auch einfach so unverschämt gut aus? So etwas sollte verboten werden.

„Ja?", harkte ich nach und lauschte neugierig seinen Worten; ließ ihn dabei nicht aus den Augen, zu köstlich war es mit anzusehen, wie er sich gerade um Kopf und Kragen redete. Alec sog die Luft tief in seine Lungen und stieß sie geräuschvoll wieder aus. Er atmete noch ein, zwei Mal tief durch und rückte dann endlich raus mit der Sprache. „Also der eigentliche Grund weshalb ich hergekommen bin ist der, mich für deine Hilfe zu revanchieren. Du wolltest immerhin keine Bezahlung für deine Dienste und ich dachte, da wäre es doch nur höflich, dich zum Essen einzuladen."

„Ein Abendessen?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Alec nickte. „Soll das etwa ein Date werden?" Alec senkte seinen Blick und vermied es, mich anzusehen. Er stotterte vor sich hin, wusste einfach nicht, was er sagen sollte. „Ich ähm ... also ... wenn du ... wenn du willst?!" War das eine Frage oder eine Feststellung? Es war einfach so unglaublich niedlich ihm dabei zuzusehen, wie er mich gerade um ein Date bat. Und dann auch noch diese Ausrede von wegen revanchieren und so. Ich konnte nicht anders, als vor mich hin zu Grinsen. Ganz vorsichtig und sanft legte ich meine Hand auf seine, die nervös auf seinem Oberschenkel ruhte. „Sehr gerne werde ich deine Einladung annehmen, Alexander" Ich lächelte. Alec hatte für einen Augenblick die Luft angehalten so schien es mir, denn als meine Worte sein Gehör erreicht hatten, stieß er seinen Atem so laut und fest aus, als hätte er die letzten paar Stunden unter Wasser verbracht. „Danke. Ähm ... ich meine, schön. Das freut mich." Ich erwiderte sein schüchternes Lächeln und entzog ihm kurz darauf wieder meine Hand; die Berührung jedoch brannte noch immer auf meiner erhitzten Haut. „Mich auch", erwiderte ich leise und nahm erneut einen Schluck des bereits erkalteten Tees.

„Möchtest du dir noch einen Film ansehen? Ich verfüge über eine riesige Auswahl an DVDs", fragte ich und stellte die Tasse wieder auf dem Wohnzimmertisch ab. Doch entgegen meiner Hoffnung schüttelte Alec den Kopf. „Ich glaube, ich sollte besser wieder gehen", stellte er fest und erhob sich bereits von dem Sofa. Da ich ihn zu nichts drängen wollte, ließ ich ihn gewähren, was allerdings nicht bedeutete, dass ich nicht enttäuscht über seinen Entschluss war. Ich hätte seine Anwesenheit gerne noch ein Weilchen länger genossen. Doch immerhin blieb mir das bevorstehende Date. „Wann soll ich dich Morgen abholen?"

„Morgen?", fragte Alec und runzelte die Stirn. „Ja, zu unserem Date."

„Ähm ... also ... ich denke es wäre mir lieber, wenn ich dich abhole." Ich zuckte mit den Achseln. „Von mir aus auch. Wie wäre es um acht?" Alec nickte. „Acht klingt super." Ich lächelte und führte ihn noch zur Tür. „Es hat mich gefreut", bedankte ich mich höflich und mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen für seinen Besuch. Vielleicht war es tatsächlich besser, dass er ging. Wenn ich noch eine Minute länger in seine Augen blickte, würde ich für nichts mehr garantieren können. „Ja es war schön ... hier bei dir. Bis auf den Vorfall mit deiner Katze und so." Er lächelte verlegen und blickte an sich runter. „Ich bring dir deine Kleider Morgen wieder mit." Doch ich winkte ab. „Du kannst sie gerne behalten."

„Also gut, dann bis Morgen." Ich nickte ihm noch ein letztes Mal zu, bevor ich die Tür öffnete und ihm beim Verlassen der Wohnung noch einmal zuwinkte. „Bis Morgen. Und schlaf gut Alexander." Alec stolperte über seine eigenen Füße, als er meine Worte vernahm, schaffte es allerdings, sich noch rechtzeitig zu fangen. Ohne ein weiteres Wort verschwand er im Flur. Ich hörte, wie sich seine Schritte beschleunigten und sich irgendwann in der Ferne verliefen und verhallten. Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen und grinste in mich hinein.

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt