Kapitel 5

22 4 2
                                    

Es war Freitagabend, kurz vor Acht. Ziellos streifte ich durch mein Loft und warf von Zeit zu Zeit einen Blick durch das Fenster nach draußen. Die Lichter der Stadt erhellten die Umgebung; spiegelten sich auf den grauen Straßen wieder. Es war kein Wunder, dass man New York die Stadt nannte, die niemals schlief. Überall brannten Lichter. Ein orangefarbener Schleier hatte sich über die Dächer der New Yorker Häuser gelegt und ließ die Nacht beinahe so hell erstrahlen, wie der Tag selbst. Von einem Schattenjäger um ein Date gebeten zu werden, war nicht gerade das, was mir regelmäßig passierte. Um ehrlich zu sein, hatte ich immer Wert darauf gelegt, mich aus den Machenschaften der Nephilim herauszuhalten. So überraschend meine Zusage auch gewesen war, war sie auf jeden Fall nachvollziehbar. Alec Lightwood auf meiner Türschwelle, mit den leicht geröteten Wangen, den glühenden Augen und den zitternden Händen hatte mich beinahe um den Verstand gebracht. Es war nicht üblich, dass ein Schattenjäger sich für die Dienste eines Hexenmeisters bedankte. Ich und meinesgleichen waren für die Nephilim eher ein Mittel zum Zweck. Unsere Dienste waren für sie ein Hilfsmittel; etwas, was sie einfordern konnten, wann immer sie wollten. Der Stolz hatte die Nephilim bisher immer davon abgehalten, sich zu bedanken, geschweige denn, sich für irgendetwas zu entschuldigen. Zum Beispiel dafür, dass sie sich mal wieder wie verwöhnte Gören aufführten, wenn sie glaubten, sich alles erlauben zu können. Alec war da allerdings ganz anders. Er hatte sich nicht nur bei mir bedankt, sondern mich gleichzeitig, zur Wiedergutmachung dafür, dass ich keine Bezahlung verlangt hatte, zum Essen eingeladen.

Vielleicht war das Interesse, dass ich von Beginn an in Alecs Augen gesehen hatte, doch größer, als ich anfangs vermutet hatte. Zuerst war ich noch der Meinung gewesen, dass es womöglich die Neugierde war, die ihn zu mir getrieben hatte. Neugierde zu erfahren wie es war, von einem Mann gemocht, wenn nicht sogar geliebt zu werden. Doch mit jedem erneuten Blick in seine klaren blauen Augen erschien mir die Tatsache, dass er mich tatsächlich mochte; vielleicht sogar etwas für mich empfand, immer einleuchtender. Es war nicht mehr länger nur eine Wunschvorstellung meinerseits, diesen Jungen mit den schwarzen Haaren und den blauen Augen zu beeindrucken. Auch in ihm schien sich etwas geregt zu haben, was mehr war als bloß das Bedürfnis, sich für eine Hexenmeisterleistung zu bedanken.

Nervös lief ich auf und ab, setzte mich auf mein Sofa und stand gleich darauf wieder auf, um nur noch nervöser durch meine Wohnung zu traben. Der große Vorsitzende hatte sich ebenfalls bereits verkrochen. Auch ihm ging meine Nervosität bereits auf die Nerven. Immer mal wieder warf ich einen Blick in den Spiegel und fragte mich, ob ich das richtige Outfit für heute Abend gewählt hatte. Ich hatte mich für eine unauffällige schwarze Anzughose entschieden und damit kombiniert hatte ich eine meiner Lieblingsshirt. Ein dunkelroter Langarmpullover mit Wasserfallausschnitt. Mein roter Mantel mit der schwarzen Federboa war das I-Tüpfelchen meines Outfits. Aufgeregt betrachtete ich mich im Spiegel, fuhr mir noch einmal durch meine hochgestylten Haare und atmete tief durch. Eigentlich war es nicht meine Art, nervös zu sein. Ganz im Gegenteil sogar. Doch dieser Schattenjäger hatte etwas in mir ausgelöst, dass ich kaum zuordnen konnte; ein Gefühl, dass ich so bisher noch nicht empfunden hatte. Nicht einmal bei Camille. Ich warf noch einen letzten Blick auf die Uhr. Der Zeiger sprang gerade auf Punkt Acht um, als es plötzlich an der Tür klingelte. Pünktlich war er, das musste man ihm lassen.

Ich strich das Rever meines Mantels glatt, richtete die Federboa, bauschte den Wasserfallausschnitt meines Shirts noch einmal kräftig auf und atmete tief durch; nickte mir selbst aufmunternd im Spiegel zu. Das Date würde schon keine Katastrophe werden. Wie auch, immerhin war ich ja mit von der Partie. Die Klingel ertönte ein zweites Mal und ich schreckte kurzerhand zusammen. Er schien ja ziemlich ungeduldig zu sein. Schnell schlüpfte ich in meine schwarzen Lederschuhe und hechtete durch das Treppenhaus nach unten, wo ich freudig und mit einem Grinsen auf den Lippen die Hauseingangstür aufriss. Alec, der sich bereits zum Gehen gewandt hatte, zuckte leicht zusammen, als er die Tür hörte.

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt