Kapitel 6

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„Alles in Ordnung?", fragte ich nach einem weiteren Blick auf Alec, der sichtlich nervös zu sein schien. „Für gewöhnlich mach ich sowas mit Jace oder Isabelle, aber die sind jetzt beide nicht hier.", erklärte er und wiegte den Dolch schwer in seiner Hand. „Ich bin mir sicher du bekommst das auch ohne sie hin. Ich bin immerhin auch noch da und kann dir helfen.", schlug ich vor und fing mir einen skeptischen Blick von Alec ein. Was denn? Glaubte er etwa, dass ich es nicht mit einem Dämon und einem Werwolf aufnehmen konnte? Mal ganz abgesehen davon, dass der Werwolf nicht der eigentliche Ruhestifter war, sondern eher der Dämon, der sich unter die Irdischen geschlichen hatte. Er hatte wohl vergessen, dass ich über wahrhaft magische Fähigkeiten verfügte und darüber hinaus auch noch einige Kampftechniken beherrschte, die jeden Dämon in die Flucht schlagen würden. Vielleicht war ich ein wenig aus der Übung, aber meine Magie hatte mich bisher noch nie im Stich gelassen. Nach einer Weile nickte er dann und wandte seine Augen wieder Richtung Dämon und Werwolf, die sich noch immer wild auf dem Boden umher wälzten. Alec schien nicht zu denjenigen Schattenjägern zu gehören, die sich für etwas Besseres hielten und die Hilfe eines Hexenmeisters nur dann in Betracht zogen, wenn es keine andere Möglichkeit gab. Zum Beispiel wenn es hieß, einen sterbenden Schattenjäger zu retten. Ich war ihm dankbar für seine Reaktion und setzte mich gleichzeitig mit ihm in Bewegung. Jedes Mal wenn ich versuchte, an ihm vorbei zu gehen oder mit ihm aufzuschließen bemerkte ich, wie er seinen Arm seitlich vor mir ausstreckte oder seine Schritte beschleunigte, um mir wieder einen Schritt voraus zu sein. Er wollte mich beschützten; passte auf mich auf. Mein Herz vollführte einen Salto nach dem anderen bei diesem Gedanken.

Ein paar der Restaurantgäste waren aufgesprungen und hatten die Räumlichkeiten verlassen, andere wiederum pressten sich angsterfüllt gegen die Wände und gingen in Deckung vor den umher fliegenden Möbeln und Geschirrstücken. Mit geschmeidigen Schritten näherte sich Alec den Ruhestiftern und ich folgte ihm. Verschieden große Schatten huschten an uns vorbei und stießen ein lautes Knurren aus, gefolgt von einem bösartigen Zischen. Der Werwolf drehte sich um die eigene Achse und stieß einen weiteren Tisch zur Boden. Der Tisch flog gegen einen Stuhl, der wiederum in einem merkwürdigen Winkel in die Luft gestoßen wurde und eine junge Frau am Bein traf. Mit einem schmerzvollen Schrei fiel sie zu Boden und klammerte sich panisch an ihrem verletzten Bein fest. Alec hatte einen kurzen Blick zu der jungen Frau geworfen bevor er auf den Werwolf los gerannt war. Ich blickte ihm hinterher, versuchte ihn in dem trüben Licht zu erkennen, doch sein Körper hatte sich in verschwommene, schnelle Bewegungen verwandelt. Wie ein flackerndes Bild huschte er vor mir hin und her, mal nach links dann nach rechts, dann sprang er in die Höhe oder rollte sich ein paar Meter auf dem Boden davon, um in Deckung zu gehen. Mit einem Hechtsprung attackierte er den Werwolf und riss ihn zu Boden.

Währenddessen war ich zu der jungen Frau hinüber gegangen, die noch immer zusammengekauert auf dem Boden saß und mit verzerrtem Gesicht vor sich hin wimmerte. „Alles in Ordnung?", fragte ich und ging in die Hocke. Mit meinem Körper versuchte ich sie so gut es ging vor den umherfliegenden Geschirrteilen zu schützen. Die junge Frau schüttelte den Kopf. „Mein Bein. Ich glaube es ist gebrochen." Ich nickte und warf einen Blick auf ihr Bein, dass merkwürdig verdreht war. Mit zusammengekniffenen Augen streckte ich meine Hände nach ihrem Bein aus, schob ihre eigenen zur Seite und befühlte es. Es war tatsächlich gebrochen. Ich schaute ihr einen kurzen Augenblick in die Augen. „Schließ die Augen und versuch dich auf deine Atmung zu konzentrieren. Dann wird es dir gleich schon besser gehen." Mit einem fragenden und zugleich skeptischen Blick wandte sie sich mir zu, seufzte dann und tat wie ihr geheißen. Sobald ihre Augen sich geschlossen hatten, ließ ich vereinzelte Funken aus meinen Fingern sprühen. Mit meinen Tränken und Tinkturen hätte ich weitaus mehr ausrichten können, doch das hier würde ihr wenigstens den Schmerz nehmen. Ich ließ die blauen und violetten Funken spiralförmig um ihr Bein gleiten und ließ sie dabei nicht aus den Augen. Ihr Gesicht entspannte sich langsam und ein leiser, erleichterter Seufzer glitt über ihre Lippen. „Siehst du. Tut doch kaum noch weh, habe ich Recht?", fragte ich und lächelte, als sie ihre Augen wieder öffnete. Den Bruch würde ich nicht heilen können, doch zumindest hatte sie nicht mehr allzu viele Schmerzen. Wie immer hatte ich gute Arbeit geleistet. „Was haben Sie gemacht?"

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt