Kapitel 23

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Als ich aufwachte und meine müden Augen aufschlug, war das Bett neben mir leer. Verschlafen tastete ich mit meiner Hand das Bett neben mir ab, doch Alec war verschwunden. Ich gähnte, wälzte mich in den Laken umher und strampelte die Decke von meinen Beinen. Ich gähnte erneut, als ich auf das rauschende Wasser das aus Richtung meines Badezimmers an meine Ohren drang, aufmerksam wurde. Noch immer müde von dem wenigen Schlaf den ich letzte Nacht bekommen hatte taumelte ich aus dem Bett und schlich auf Zehenspitzen Richtung Badezimmer. Ein Gefühl von Gänsehaut überfiel mich, jedes Mal bei dem Gedanken an vergangene Nacht; an die zuerst zärtlichen und dann immer leidenschaftlicher werdenden Küsse, die wir ausgetauscht hatten. Die Berührungen, die meine Haut zum Glühen gebracht hatte, einhergehend mit einem so schnellen Herzschlag, dass ich glaubte, mein hundert Jahre altes Herz würde in tausend Stücke zerspringen. Wie ein loderndes Buschfeuer waren die Gefühle aus mir herausgebrochen, hatten das Blut in meinen Adern zum Kochen gebracht und mein Gehirn abgeschaltet. Es gab nur ein Wort, das ununterbrochen in meinen Gedanken widerhallte. Alexander. Der süße Klang seines Namens ließ mein Herz nur noch schneller schlagen.

Je näher ich dem Badezimmer kam, desto lauter wurde das Rauschen. Unwillkürlich stellte ich mir Alec vor, unter der Dusche, nackt. Ich malte mir aus, wie die Muskeln in seinem Körper sich unter jeder seiner Bewegungen anspannten, stellte mir die schwarzen in seine Haut eingebrannten Runen vor, jede mit einer anderen Bedeutung. Abwartend schwebte meine Hand über dem Türgriff; ein zartes Lächeln auf meinen Lippen. Dann drückte ich die Klinke nach unten und öffnete die Tür. Wie auf Samtpfoten schlich ich mich in mein gefliestes Badezimmer und erkannte Alecs Silhouette hinter dem Milchglas der Duschtür. Kurz darauf wurde das Wasser auch schon abgestellt und ehe ich mich versah, hatte er die Duschtür bereits geöffnet und stand mit einer Mischung aus panischem und überraschten Ausdruck im Gesicht vor mir. Perplex schreckte er zurück, was mir ein nur noch breiteres Grinsen auf den Lippen trieb. Ich hätte gelogen, hätte ich behauptet, nichts Reizvolles an seiner Schüchternheit zu finden. Meine bisherigen Liebhaber waren immer das absolute Gegenteil gewesen: forsch, selbstbewusst, fordernd. Mit Alec hatte ich mich auf absolutes Neuland begeben; hatte ein völlig neues Abenteuer begonnen.

Wie erstarrt stand Alec in seiner vollen Pracht vor mir. Ganz automatisch wanderten meine Blicke seinen durchtrainierten Körper entlang. Sein Anblick brannte sich ein auf meine Netzhaut und ich war mir sicher, jedes Mal, wenn ich die Augen schließen würde, genau dieses Bild vor mir zu sehen. Schattenjäger stammten wahrlich von Engeln ab. Seine Bauchmuskeln bewegten sich leicht unter seiner hellen Haut. Ich betrachtete die vielen schwarzen Runen, die seinen Körper zierten. So viele verschiedene Muster; so viele verschiedene Bedeutungen. Die Muskeln in seinen Oberarmen waren angespannt, seine Lippen leicht geöffnet und seine Augen geweitet vor Schreck. Ich ließ meine Blicke über seinen muskulösen Hals schweifen, runter über seine starke Brust bis hin zu seinem Bauch und blieb dann genau an der Stelle hängen, an der gestern noch ein Stück Stoff seine Mitte bedeckt hatte. Ich grinste anerkennend; stolz. Ich spürte, wie meine Mundwinkel sich immer weiter auseinanderzogen. Abwartend verschränkte ich die Arme vor meiner Brust und zwang mich dazu, in seine Augen zu blicken; mich loszureißen von dem Anblick der meinen gesamten Körper zum Glühen brachte.

„Guten morgen, Alexander.", begrüßte ich ihn grinsend, beinahe etwas herausfordernd. „Äh ...", stotterte er wie ein kleiner Junge, den man gerade dabei erwischt hatte, wie er sich ein Stück Schokolade klaute obwohl man es ihm verboten hatte. Erst nach dem Essen gab es was zu Naschen. Doch wieso mit dem Dessert warten, wenn man es auch sofort haben konnte? Alec war genau das, was einem Dessert gleich kam. „Guten ... Morgen.", erwiderte er und blickte sich hilfesuchend im Badezimmer um. Ich griff nach dem Handtuch, dass neben dem Waschbecken gehangen hatte und streckte es ihm entgegen. Schüchtern ergriff er dasselbige, doch entgegen meiner Erwartung bedeckte er damit nicht seine Blöße. Nein. Seine durchdringenden Blicke, von denen ich mir gewünscht hätte, dass er mich damit angesehen hätte, ruhten für eine Weile auf dem weißen Flanellhandtuch. Doch anstatt es sich um die Hüften zu wickeln, hob er es über seinen Kopf und fing an, sich die Haare trocken zu rubbeln. Während er das tat, stieg er aus der Dusche und stellte sich mit minimalem Abstand vor mich. „Danke für das Handtuch." Jetzt war ich derjenige, der ihn perplex anstarrte. Okaaaaaay ... was war da gerade passiert? Splitterfasernackt stand er vor mir. Nichts, dass ich etwas dagegen gehabt hätte. Ganz im Gegenteil. Bei einem solchen Körper sollte es allgemein verboten sein, überhaupt Kleidung zu tragen, doch hatte mich Alecs plötzliches selbstbewusstes Verhalten mehr als überrascht und – auch wenn ich es nur ungerne zugab – erstaunt zurückgelassen. Nachdem er sich die Haare trocken gerubbelt hatte, hängte er das Handtuch zurück über den Handtuchhalter und strich sich mit der Hand durch seine nur noch minimal feuchten Haare. Ein paar Wassertropfen perlten von seinen Schultern bis runter über seine Brust; Wassertropfen, die ich nur zu gerne mit meinen Lippen aufgefangen und weg geküsst hätte.

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt