Kapitel 32

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„Eine Party? Und ich bin nicht eingeladen?", fragte ich gespielt entsetzt, als ich meine Küche betrat und sowohl Alec als auch Jace an meinem Küchentisch sitzen sah, die sich gerade beide über eine Ladung Toast mit Erdnussbutter her machten. Wenn ich ehrlich war, hatte ich dieses Zeug nur wegen Alec gekauft, hatte er irgendwann mal erwähnt, dass er diese klebrige Masse mochte. In der Hoffnung, dass er hin und wieder bei mir die Nacht verbringen würde, hatte ich mich dazu erbarmt und dieses grässliche Zeug besorgt, damit er nicht verhungerte, wenn er morgens aufwachte und neuerlich meine Küche auf den Kopf stellte auf der Suche nach etwas Essbarem.

„Tut uns Leid.", entschuldigte Alec sich mit vollem Mund und spülte das letzte Stück Toast in seinem Mund mit einem großen Schluck Milch herunter. Ich hob fragend eine Augenbraue, knotete meinen Morgenmantel fest vor meiner Brust zusammen, hatte ich doch nicht damit gerechnet, dass Jace schon aufgewacht war und zauberte mir eine Tasse heißen Kaffee herbei. „Will sonst noch Jemand?", fragte ich und hielt die Tasse, gefüllt mit der schwarzen, dampfenden Flüssigkeit in die Höhe. „Wir sind versorgt, danke.", erwiderte Jace und stopfte sich ein weiteres Stück Toast in den Rachen. Jetzt wurde mir klar, woher Alec sich diese Tischmanieren abgeguckt hatte.

„So, du hast also schon ausgeschlafen?", fragte ich und nippte an dem heißen Kaffee. Jace nickte. „Wie man sieht.", erwiderte er kauend und trank ebenfalls einen Schluck Milch. „Hätte ja nicht gedacht, dass du so schnell wieder auf den Beinen bist." Beinahe gleichgültig zuckte der Blondschopf mit den Schultern. „Du hast ziemlich was abbekommen."

„Da hast du mich wohl unterschätzt.", war alles, was er hierauf erwiderte.

„Offensichtlich."

Als Alec zu Ende gefrühstückt hatte, wischte er seine Hände an seinen Oberschenkeln ab und leerte noch schnell sein Glas, bevor er sich von dem Stuhl erhob. „Ich glaube wir sollten uns so langsam wieder auf den Weg machen.", stellte er fest und warf mir einen merkwürdigen Blick zu, den ich nicht so ganz zu deuten wusste. Allerdings passte mir der Gedanke, ihn jetzt schon wieder gehen zu lassen, alles andere als gut. „Vielleicht sollte sich unser Blondschopf hier erst noch ein bisschen ausruhen."

„Mir geht es blendend.", erwiderte Jace grinsend, steckte sich das letzte Stück Toastbrot in den Mund und kaute genüsslich darauf herum. „Das sehe ich.", grummelte ich und verdrehte genervt die Augen. Das Leben war so viel schöner gewesen, als er noch schlafend wie Dornröschen in meinem Gästezimmer gelegen hatte. „Wir sollten zurück ins Institut.", fügte Alec hinzu und Jace nickte zustimmend.

Alec, der zwischenzeitlich inmitten der Küche stand klatschte in die Hände. „Also gut. Sollen wir?" Sowohl Jace als auch ich beäugten ihn argwöhnisch. „Ähm, willst du dich nicht vorher noch umziehen?", fragte der arrogante Blondschopf und deutete mit dem Zeigefinger auf meine lilafarbene Pyjamahose, die Alec nach wie vor am Leibe trug. „Oh ähm ... ja.", erwiderte er beinahe etwas unbeholfen und senkte verlegen den Blick. Er sah einfach zum Anbeißen aus. Vielleicht hätte ich ein paar weniger Tinkturen zur Heilung von Jace verwenden sollen, dann hätten Alec und ich womöglich noch ein paar Stunden alleine gehabt.

Kurz darauf drehte Alec sich wieder zu mir um, ein entschuldigendes Lächeln auf seinen Lippen. „Ich melde mich bei dir. Ich meine ... sofern Hodge wieder Hilfe braucht ... oder so.", stammelte er schüchtern vor sich hin. Ein lautes Seufzen erklang, dass definitiv aus Jaces Kehle stammte. „Gib dir keine Mühe Alec. Ich bin nicht dämlich."

„Was?", fragte Alec daraufhin.

Ich beobachtete das Schauspiel zwischen den zwei ungleichen Brüdern und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.

„Na das was da zwischen euch läuft."

Ich hob eine Augenbraue, verschränkte abwartend die Arme vor meiner Brust; abwartend, wie Alec wohl darauf reagieren würde. Vielleicht würde er die Wahrheit sagen. Gestern hatte es beinahe so geklungen, als wolle er endlich einen Schritt nach vorne tun und reinen Tisch machen. Vielleicht würde er uns aber auch verleugnen; vielleicht.

Alec öffnete den Mund, war kurz davor gewesen etwas zu erwidern, als er seinen Kopf senkte und tief ein und wieder ausatmete. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Jace, ein beinahe entschuldigender Ausdruck lag in seinem Gesicht. „Tu mir den Gefallen und erzähl noch nichts Mom und Dad. Das möchte ich selber tun."

Ich muss zugeben, für einen Augenblick wusste ich nicht, wie mir geschah, hatte ich eigentlich mit einer anderen Antwort aus Alecs Mund gerechnet. Er hatte uns weder verleugnet, noch hatte er nach einer Ausrede gesucht. Er hatte Jaces Worte einfach so hingenommen, hatte sie akzeptiert und sie sogar bestätigt. Bestätigt durch die Bitte, seinen Eltern noch nichts davon zu erzählen. Mein ganzer Körper erwärmte sich bei dem Gedanken daran, meine Zuneigung zu Alec nicht länger verheimlichen zu müssen.

Jace erhob ergebend die Hände. „Keine Sorge. Ich werfe mich doch nicht freiwillig den Löwen zum Fraß vor. Das kannst du schön selbst machen." Alec stöhnte leise auf. Ich konnte mir schon ganz genau ausmalen, wie seine Eltern auf diese Neuigkeit reagieren würden, hoffte allerdings, dass ich falsch lag. Ich konnte den Gedanken einfach nicht ertragen, dass Alec weh getan wurde, weder auf physische noch auf psychische Art und Weise. „Okay gut, also dann.", erklang Alecs unsichere Stimme, als er sich neuerlich zu mir umwandte, ein zartes Lächeln auf seinen Lippen. „Ich ruf dich später an, okay?" Ich nickte, legte meine Hand auf seine nackte Schulter und hatte mich schon ein Stück weit nach vorne gelehnt, um ihm einen Abschiedskuss zu geben, als wir unschön von Jaces nervtötender Stimme unterbrochen wurden. „Ich hab ja wirklich nichts dagegen, was da zwischen euch läuft.", begann er und zeigte mit seinem Finger abwechselnd auf mich und dann wieder auf Alec. „Aber könnt ihr das eventuell auch woanders machen? Irgendwo, wo ich nicht bin?"

Genervt warf ich einen Blick über Alecs Schulter hinweg und funkelte Jace wütend an. „Wenn ich mich recht erinnere ist das hier meine Wohnung.", begann ich. „Was bedeutet, dass ich hier tun und lassen kann, was ich will und du nichts zu melden hast, kleiner Schattenjäger." Wieder erklang ein leises Seufzen aus Alecs Richtung. Ohne den von mir erhofften Kuss wandte er sich von mir ab, warf Jace einen wütenden Blick zu und zerrte ihn Richtung Wohnzimmer. „Komm schon. Lass uns gehen."

„Du solltest dich vorher aber trotzdem umziehen.", waren die letzten Worte, die ich aus Jaces Mund vernahm, bevor sie im angrenzenden Wohnzimmer verschwanden. Wieder grinsend lehnte ich mich gegen den Küchentresen, die Tasse mit der bereits leicht abgekühlten Flüssigkeit noch immer in meinen Händen und trank einen kräftigen Schluck daraus. Ich vernahm leises Rascheln, ein paar dumpfe Worte, die wie ein leises Echo durch den Raum hallten und dann die Wohnungstür wie sie zugeschlagen wurde. Kurz darauf hatten Alec und Jace meine Wohnung verlassen. Und was war mir geblieben? Ich durfte mich darum kümmern, dass mein Gästezimmer nicht mehr nach diesem Blondschopf roch.

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt