Kapitel 35

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„Ich hab seit gestern kein Wort mehr mit Mom und Dad gesprochen."; verkündete Izzy, die besorgt an ihrem Getränk nippte und abwartend in Richtung Alec blickte, der sich sichtlich unwohl bei diesem Gespräch fühlte. Das Gespräch zwischen ihm und seinen Eltern war noch schlechter ausgefallen, als er es sich womöglich vorgestellt hatte. Nach seinen Erzählungen sind regelrecht die Fetzen geflogen, was nicht sonderlich verwunderlich war, wenn man Robert und Maryse sowie ihre Einstellung gegenüber dem Rat und ihrem Leben als Schattenjäger kannte. Für sie kam die Tatsache, dass ihr ältester Sohn keine Nachkommen zeugen würde, einem Albtraum gleich. In ihren Augen hatte Alec Schande über den Ruf der Familie Lightwood gebracht. Wut loderte in mir auf bei dem Gedanken daran, wie sie Alec behandelt hatten. Auch kam ich nicht um den Gedanken umhin, dass ich Schuld an dieser ganzen Misere hatte, war ich es doch, für den Alec beschlossen hatte, sein wahres Ich; seine wahren Gefühle Preis zu geben. Wenn man so wollte war ich teilweise mit Schuld daran, dass seine Eltern ihn aus dem Institut geworfen hatten.

Nun saßen wir hier, gemeinsam mit Izzy, Clary, Simon und Jace. „Ich wollte, aber Mom hat sich die ganze Nacht über eingeschlossen und Dad ist bis heute früh nicht zurückgekommen. Keine Ahnung wo er hin ist." Das sah Robert ähnlich. Er war schon immer etwas speziell gewesen in solchen Dingen. Sein Verhalten wunderte mich gar nicht. „Wahrscheinlich auf eine 'ich bin ein Arschloch'-Versammlung." Jace, der neben Izzy saß, schnaubte laut auf und verdrehte die Augen. Diesmal konnte ich nicht anders, als ihm zuzustimmen, auch wenn sich innerlich in mir alles gegen diese Tatsache sträubte.

Mit beiden Händen hielt ich die Tasse Kaffee zwischen meinen Fingern, erwärmte mich an der heißen Flüssigkeit und starrte in das schwarze Nichts vor mir. Ich konnte mir nicht helfen, doch irgendwie ließ mich der Gedanke an das, was Robert und Maryse ihrem eigenen Sohn, ihrem eigenen Fleisch und Blut an den Kopf geworfen hatten, nicht mehr los, hatten sie doch schon einen Sohn verloren. Wollten sie nun auch ihren zweiten, letzten Sohn verlieren? Nur weil er mutig genug gewesen war, zu seinen Gefühlen zu stehen? War es nicht das, was von einem Schattenjäger erwartet wurde? Mut? „Jace.", ermahnte Clary den arroganten Blondschopf und legte ganz sanft ihre Hand auf seinen Arm, woraufhin dieser gleich wieder etwas ruhiger wurde. Ganz sanft hatte ich meine Hand auf Alecs Oberschenkel platziert; einmal, weil ich seine Nähe genoss und das Gefühl unserer beider berührender Körper nicht missen wollte und ein weiteres Mal in der Hoffnung, ihm dabei zeigen zu können, dass ich hier war; dass ich an seiner Seite war. Ich wollte ihm die Sicherheit bieten, die seine Eltern ihm zu geben versagt hatten. „Ist doch so. Wie können die nur so bescheuert sein? Ich meine... ist doch egal auf wen oder..." begann Jace sich zu rechtfertigen. Er warf mir einen kurzen Blick zu und verengte die Augen. „... auf was du stehst. Du bist ihr Sohn und das alleine sollte doch reichen um es zu akzeptieren." Diesmal war ich es, der genervt mit den Augen rollte. Auf wen oder was er steht? Besten Dank auch du blonder kleiner Idiot. „Ich darf doch sehr bitten." Ich funkelte den kleinen Möchtegernsuperheld wütend an. Ein attraktives Gesicht war eben nicht alles. Es würde ihm nicht schaden, wenn er sich ein wenig Anstand und vielleicht auch ein paar Tischmanieren anschaffen würde.

„Also ich finde es ziemlich cool dass du deinen Eltern die Wahrheit gesagt hast." Der Rattenjunge, dessen Namen ich mir einfach nicht merken konnte, lehnte sich anerkennend in seinem Stuhl zurück, verschränkte die Arme vor seiner Brust und nickte. „Ja so cool dass ich jetzt auf der Straße sitze." Erwiderte Alec und seufzte. Müde schob er den mit Pfannkuchen voll bepackten Teller von sich weg. Ganz sanft drückte ich sein Bein und streichelte sanft über den rauen Stoff seiner Jeans. Er saß nicht auf der Straße. Solange es mich gab, würde er nie auf der Straße sitzen. Nicht, solange ich hier noch ein Wörtchen mit zu reden hatte.

Jace, der bereits während unseres gesamten Aufenthalts gierig auf Alecs Teller gestarrt hatte, der als einziger sein Essen noch nicht einmal angerührt hatte, schnappte sich die Pfannkuchen und begann genüsslich ein Stück nach dem anderen in sein vorlautes Mundwerk zu stopfen. Zu genüsslich für meinen Geschmack. Selbst einem Dämon war es angenehmer beim Essen zuzuschauen. Dieser kleine Bursche haute rein wie ein Mähdrescher.

When Worlds Collide | Magnus BaneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt