Kapitel 7 - Schachspiel

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Nachdem ich alles bezahlt habe, fahren wir zurück zu mir nach Hause. Pablo trägt die Einkaufstüte und räumt wie selbstverständlich alles in den Kühlschrank. Es ist seltsam, ihn dabei zu beobachten. Er wirkt nicht wie ein Mann, der sich um seinen Haushalt kümmert.

Aber er scheint sich gut mit der neuen Situation zu arrangieren. Ganz offensichtlich will er mir gefallen und pflegeleicht wirken. Immer wieder schenkt er mir ein warmes Lächeln.

Und genau das ist es, was meine Skepsis aufs Neue entfacht und meine Zweifel weiter schürt. Es gibt zu viele offene Fragen. „Warum hattest du nichts dabei? Keine Brieftasche, kein Ausweis. Nichts. Du kannst doch nicht essen gegangen sein, ohne bezahlen zu wollen. Warum wurde auf dich geschossen, Pablo?"

„Ich weiß es nicht. Vielleicht galt es auch dem Besitzer der Bar?"

Argwöhnisch gehen meine Augenbrauen hoch. Das glaubt er doch selbst nicht! „Warum wurde ich dann mit einer Waffe bedroht, als ich mich genähert habe? Wieso sollte ich nur dich retten? Wer waren die vier Männer, die dich begleitet haben? Warum warst du beinahe unverletzt, während alle anderen keine Chance hatten?"

„Clara...", setzt er an und seufzt anschließend tief. Aber er schweigt. Er will diese Fragen immer noch nicht beantworten. Was ist sein Ziel? Mich ein paar Tage lang in Unwissenheit zu lassen und mit mir flirten, um dann nach einem Abenteuer wieder zu verschwinden? Waren die Worte am Supermarkt ehrlich gemeint? Will er sich wieder bei mir melden? Ich möchte es so gerne glauben. Aber ich kann es nicht. „Vergiss es. Egal, was du jetzt sagst, ich kann es nicht glauben. Nicht, wenn du so lange nach einer Ausrede suchst, wie jetzt."

Ich wende mich ab und gehe ins Wohnzimmer, nehme wieder das Fachbuch und blättere mäßig interessiert darin, während meine Augen über die Zeilen huschen, ohne wirklich die Worte aufzunehmen.

Pablo setzt sich nach einer Weile ebenfalls dazu und ich spüre seinen Blick auf mir. „Spielst du Schach?"

Ist das von ihm ein verzweifelter Versuch, meine Aufmerksamkeit zu bekommen? Will er sich ablenken? Mit irgendwas beschäftigen? Allerdings würde mir Ablenkung und Beschäftigung auch guttun. „Unter dem Fernseher, rechtes Fach."

Während ich das Buch zu klappe, stehe ich auf. Pablo holt das Schachbrett und ich schiebe den Sessel näher an den Tisch. Als er sich setzt, fasst er sich wieder an die Seite. Auch wenn es so aussieht, als wolle er seine Schmerzen verstecken.

„Hast du heute noch keine Schmerzmittel genommen?", frage ich.

„Heute Morgen eine."

„Du weißt schon, dass die gegen Schmerzen helfen?" Leicht mit dem Kopf schüttelnd gehe ich in die Küche. Dort wasche ich die Weintrauben, lege sie in eine Schüssel und gehe damit zurück ins Wohnzimmer. Pablo stellt bereits das Schachbrett auf und setzt die Figuren. Ich stelle die Schüssel mit den Weintrauben ab und gehe noch mal los, um zwei Gläser Wasser zu holen.

Pablo schiebt das Brett so, dass die weißen Figuren mir gehören. Er nimmt das Wasserglas und wirft sich kurz darauf eine Tablette ein.

Die nächste halbe Stunde spielen wir eine Partie Schach zusammen. Pablo ist gut, aber er überlegt sehr lange, bevor er seine Figuren setzt. Und indem ich meinen Turm opfere, kann ich seinen König mit meiner Dame und dem Läufer matt setzen.

Pablo lacht leise und streckt sich kurz. „Ich glaube, ich bin etwas eingerostet. Noch eine Runde?"
Also spielen wir noch eine Runde, während die Weintrauben nach und nach zur Neige gehen. Pablo ist ein taktischer Spieler. Aber auch die zweite Runde geht an mich. Er lächelt zufrieden und lehnt sich zurück, während ich die Figuren einräume und das Schachbrett schließe. „Hast du Hunger? Wir können etwas bestellen."

Schuld und schuldigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt