Kapitel 40 - Klärendes Gespräch

174 14 0
                                    

Ich starre Pablo an. "Was erwartet mich bei deinem Vater?"

"Er weiß bereits, dass du nicht aus der Szene kommst. Das gefällt ihm nicht besonders", antwortet er ausweichend.

"Aus der Szene... Das klingt, als würdet ihr bloß einem elitären Club angehören", schnaufe ich fassungslos. "Also, noch mal. Was erwartet mich bei deinem Vater?"

"Ich weiß es nicht. Er ist unberechenbar und launisch. Wenn es nach ihm geht, dann heirate ich wieder irgendeine Tochter eines einflussreichen Geschäftspartners."

Wenn es nach mir geht, kann er das gerne machen. "Was wäre daran so schlimm?"

"Die Töchter werden früh verheiratet. Der Markt ist fast leer, es gibt nichts Brauchbares."

"Brauchbar", wiederhole ich und verschränke die Arme vor der Brust.

"Versteh mich nicht falsch, Clara. Ich möchte kein blutjunges Gör an meiner Seite. Ich wäre doppelt so alt wie sie. Für mich kommt nur eine Frau in Frage, mit der ich mich stundenlang unterhalten kann. Eine Frau mit Niveau und Bildung. Und einer gewissen Reife, körperlich wie geistig."

"Auch davon gibt es sicherlich viele Frauen. Pablo, du beißt dir an mir die Zähne aus. Was immer auch mal zwischen uns gewesen ist, es existiert nicht mehr."

"Was einmal war, kann wieder so werden. Ich glaube nach wie vor an uns, Clara. Und ich glaube dir nicht, wenn du sagst, dass du mich liebst. Denn das tust du."

"Das war, bevor ich wusste, wer du bist."

"Nein, ich bin immer noch derselbe Mann. Du kommst nur mit meinem Job nicht klar."

"Nur?", frage ich ungläubig. "Pablo, es ist ja nicht so, dass du ein Versicherungsvertreter bist. Du bist ein Krimineller. Und dazu noch einer von ganz oben. Das ist nicht bloß ein Job."

"Im Gegensatz zu meinem Bruder kann ich mich nicht einfach zurückziehen. Unser Vater drückt auch nur ein Auge bei Rubén zu, weil Rubén seine Zeit als Vater genießen will."

"Was ja noch schlimmer ist. Man kann da gar nicht einfach aussteigen. Selbst wenn du es wolltest, nicht wahr?", hake ich nach. Denn ich habe oft genug die verletzten Jungs in der Notaufnahme gehabt. Die, mit den Schuss oder Stichwunden. Die jungen Männer, die lieber sterben, als einen Namen zu verraten. "Einmal drin, immer drin. Ich weiß, wie das bei euch läuft."

"Ja, man wird hinein geboren. Die meisten Kids brechen schon früh die Schule ab, interessieren sich nur für Waffen und schnelle Autos."

"Das ist nicht meine Welt, Pablo. Ich gehöre zu den Guten!"

Der Blick von Pablo wird mild. "Du kannst auch bei uns viel Gutes bewirken."

"Nein. Und du weißt das. Das, was du machst, ist nicht wie eine Sucht, die sich therapieren lässt. Es ist auch kein Job, den man kündigen kann. Es ist eher wie eine Sekte, in der man mit drin hängt, ob man nun will, oder nicht."

"Clara", erwidert Pablo.

Aber ich lasse ihn nicht weiter reden, sondern würgen ihn ab. "Nein. Zurück zu deinem Vater. Er wird mich nicht akzeptieren, stimmts?"

"Ich werde ihm einfach sagen, dass du schwanger bist."

"Das wäre gelogen", entgegne ich sofort.

"Ja, vielleicht. Ich hatte auf mehr Möglichkeiten gehofft. Aber was nicht ist, kann ja noch werden."

Also hat er wirklich geplant, mich zu schwängern. "Nein, Pablo. Dank deiner Vorwarnung in der Werft habe ich Vorkehrungen getroffen."

"Du hattest die Pille nicht bei dir. Deine Sachen wurden mehrmals durchsucht."

Schuld und schuldigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt