Kapitel 16 - Leb wohl, Pablo

183 11 3
                                    

Nachdem Pablo weg ist, gehe ich ins Bett. Es riecht noch nach ihm und ich denke an unsere letzte, gemeinsame Nacht und daran, wie schön es war, neben ihm aufzuwachen. Wie schön es wäre, jeden Morgen neben ihm aufzuwachen.

Trotz der Müdigkeit komme ich nicht zur Ruhe. Meine Gedanken kreisen um das kurze kurze Gespräch im Wohnzimmer. Pablo war zum Ende hin ziemlich kühl. Oder lag es nur daran, dass sein Bruder da war? Irgendwas passte nicht so recht ins Bild.

Ich frage mich, ob es ein Fehler war, mit ihm zu schlafen. Von Anfang an war ich skeptisch, was ihn angeht. Allein schon die Frage ganz zu Anfang, ob ich Single wäre.

Ein Blick auf mein Handy verrät mir, das er sich noch immer nicht gemeldet hat. Nicht einmal eine simple Textnachricht, dass er gut angekommen ist. Dabei ist er schon seit über einer Stunde weg.

Frustriert stehe ich auf, gehe runter ins Wohnzimmer und schalte den Fernseher ein. Mir wird direkt vorgeschlagen, einen kürzlich gesehenen Film noch mal zu schauen. Jolt.

Ich mochte den Cop, während Pablo den Buchhalter am besten fand. Wie im Film hatte ich eine heiße Nacht mit Pablo. Und dann war er weg. Ich will keine weiteren Parallelen zu einem Film ziehen. Aber es schmeckt trotzdem bitter.

Die erste Staffel von "Stranger Things" habe ich nie zu Ende geguckt. Also starte ich die Serie von Anfang an. Das wird mich ablenken. Und mit hoher Wahrscheinlichkeit werde ich dabei auf der Couch einschlafen.

Es ist tatsächlich 18 Uhr durch, als ich die Augen aufschlage. Ich reibe mir die Augen, schalte den Fernseher aus und gehe in die Küche. Es ist noch jede Menge vom Frühstück übrig geblieben, also mache ich mir ein Sandwich.

Zurück im Wohnzimmer fällt mein Blick auf den Kamin. Ich beiße vom Toast ab, lege es auf den Teller zurück und gehe zum Kamin.

Der Umschlag ist wahnsinnig dick. Mit gerunzelter Stirn nehme ich ihn vom Kamin und schaue hinein. Es verschlägt mir völlig die Sprache und ich verschlucke mich sogar am Essen.

Mit Tränen in den Augen gehe ich hustend zurück in die Küche und mache mir einen Tee mit Honig.

Mein Blick wandert immer wieder zu dem Umschlag. Noch immer hustend, gehe du zurück ins Wohnzimmer, weil der Tee noch ziehen muss. Den Inhalt kippe ich auf den Wohnzimmertisch.

Es ist so viel Geld, dass ein paar Scheine an den Seiten vom Tisch herunter rutschen. Viele 100 Dollar Noten, aber auch einige 50 und 20 Dollar Noten sind dabei. Die schiere Masse an Geld stößt mich regelrecht ab. Ich habe mit maximal 200 Dollar gerechnet. Das hier muss das hundertfache sein...

Wer zum Teufel ist Pablo?

Ich nehme das Sandwich, stelle den Teller in die Küche und trinke nebenbei meinen Tee. Pablo war kultiviert und ausgesprochen höflich gewesen. Aber wie viel von dem, was er mir sagte, war gelogen? Alles? Auch die Geschichte über seinen Sohn und das er mal verheiratet war? Aber der Schmerz in seinen Augen war echt.

Nachdem ich den Tee getrunken habe, gehe ich wieder ins Wohnzimmer, hebe die Scheine auf und bilde saubere Stapel. Dann zähle ich das Geld. Und zähle es danach direkt noch einmal. Aber die Summe bleibt gleich.

30.000 Dollar. Verdammte dreißigtausend Dollar liegen auf deinem Tisch.

Ich lehne mich auf der Couch zurück und fahre mit beiden Händen über mein Gesicht. Dann beuge ich mich schnell vor und räume das Geld wieder in den Umschlag. Ich stehe auf, gehe zum Schrank am Fernseher und lege den Umschlag unter das Schachspiel.

Mein Handy zeigt immer noch keine Nachricht, keinen entgangenen Anruf. Zusammen mit dem Geld ist das eine deutliche Sprache: Danke fürs heilen, war ein netter Fick. Auf nimmer wiedersehen.

Schuld und schuldigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt