Nun, dann muss ich wohl mit dem arbeiten, was ich habe. Ich hole aus den Schränken alles raus, was ich benötige und noch etwas mehr in Reserve.
Dann sehe ich zu Pablo. "Ich brauche irgendwas, um sie zu betäuben. Ich kann sie nicht bei vollem Bewusstsein operieren."
"Wie lange?"
"Zwei Stunden. Mindestens."
Pablo geht aus der Tür raus. Dort höre ich ihn kurz etwas sagen. Einer der Männer kommt herein und richtet eine Waffe auf Veronica, zieht sie dabei von mir weg.
Pablo ist nur fünf Minuten weg, dann kommt er mit einem Plastikbecher und einer kleinen Flasche wieder. "Wer zuerst?"
Ich deute auf den Mann hinten, der offenbar als erstes von diesem Lucas operiert wurde. Pablo füllt den Becher mit Wasser und gibt ein paar Tropfen aus der kleinen Flasche rein. Der Mann auf dem Bett fragt gar nicht nach, was es ist und trinkt es sofort.
"Was hast du ihm gegeben?", frage ich.
"K.O. Tropfen", antwortet Pablo nüchtern.
Völlig sprachlos starre ich ihn an. Denn er weiß genau, was er da tut. Und genau das schockiert mich. Zu wenig von den Tropfen und es wirkt euphorisch, etwas mehr und es ist sogar sexuell anregend. Eine hohe Dosis wirkt betäubend, zu viel davon kann zu Atemnot, Koma und sogar bis zum Tod führen.
Und was gibt er mir? In dem Tee muss etwas drin gewesen sein. Aber ich kenne kein Mittel, das so lange wirkt. Oder gibt er kontinuierlich etwas in meine Getränke? In mein Essen?
Die Sekunden dehnen sich zu Minuten, während icj einfach nur dastehe.
"Was denn?", fragt Veronica mit einer widerlich süßen Stimme. "So sprachlos, Püppchen? Hast du ihm etwa vertraut?"
Ich ignoriere die gehässige Stimme von Veronica und gehe zu dem jungen Mann. Er grinst ein wenig. Die Wirkung setzt ein. Ich kann regelrecht im Minutentakt sehen, wie die Tropfen einschlagen. Und dann fallen ihm die Augen zu und er ist weg.
Ein Blick auf die Uhr an meinem Handgelenk, während ich nach seinem Puls taste. Soweit, so gut.
Nein. Nichts ist gut!
Wer garantiert mir, dass auch wirklich alle wieder wach werden? Oder das sie tief genug betäubt sind? Hier habe ich keinen Anästhesisten, der die Narkose des Patienten überprüft. Zu früh aufwachen wäre ebenfalls fatal.
Zu früh...
Jetzt sollte ich mich aber wirklich beeilen! Ich binde meine Haare zu einem Zopf und ziehe mir die Schutzkleidung über. Auch zwei Paar Einweghandschuhe, weil ich mir hier nicht ordentlich die Hände waschen kann. Kurz noch eine Decke über die Beine des Patienten.
Das Shirt schneide ich auf, dann wechsle ich die Schere und schneide die Fäden auf, ziehe sie dann vorsichtig. Pablo, Veronica und auch der Mann mit der Waffe stehen ziemlich nah am Patienten und gaffen. Und nur ich trage einen Mundschutz.
"Das hier ist kein Freizeitpark", bemerke ich trocken und gebe kurz meinem Blick. "Du kannst gehen, Pablo. Und nimm deinen Freund da mit."
"Ich bleibe", entscheidet Pablo. Den anderen Typen schickt er allerdings weg.
Ich schweige dazu, nehme das Skalpell und öffne vorsichtig den Bauchraum, hänge einen Wundhaken ein und reiche ihn Veronica wortlos rüber.
Der Anblick vom Bauchraum des Patienten schockiert mich. Überall kleine Tütchen. Mit einer Pinzette ziehe ich eines heraus und lege es bei Seite. "Wie viele davon sind in jedem drin?"
"Zwanzig."
Oh Gott! Mir wird richtig schlecht bei dem Gedanken. Zumal ich genau nachsehen muss. Das kann im Bauchraum überall hin gewandert sein. Zwischen Dickdarm und Dünndarm ist viel Platz.
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Schuld und schuldig
ActionClara ist Allgemeinchirurgin am Boston Medical Center und liebt ihren Job. Ihr Leben wäre fast perfekt, wäre da nicht ihr spielsüchtiger Bruder, der ein Händchen für Probleme hat. Um ihm zu helfen, würde Clara alles tun. - Wirklich alles? Was, wenn...