Die Nacht in der Notaufnahme ist heute besonders lang. Und Mr Ferral ist wieder da.
Er läuft vor allem den Assistenzärzten hinterher und klagt ständig über Schmerzen in der Brust. "Das ist ein Infarkt. Sie müssen mir Blut abnehmen! Das kann man nachweisen!"
Und da es heute tatsächlich mal etwas ruhiger ist und mich ablenkt, nehme ich Ferral als Patient an, nehme ihm das Blut ab, gebe es ins Labor, messe den Blutdruck und unterdrücke dabei ein Gähnen.
Als die Ergebnisse da sind, lässt sich ein Herzinfarkt natürlich nicht nachweisen. Ferral will zur Beobachtung wieder auf die Station, aber das verweigere ich ihm und schicke ihn wieder nach Hause.
"Wenn ich sterbe, sind Sie Schuld!", kneift er wütend.
Kann er lange brüllen. In zwei, drei Tagen ist er ja doch wieder da und hat dann eine Krankheit, die sich nicht so einfach nachweisen lässt. Vermutlich hat er noch die ganzen Bücher aus seiner Studienzeit.
Pünktlich um sieben ist es so ruhig, dass ich mich direkt fertig mache. Die Cola steht immer noch ungeöffnet auf dem Tisch. Ich nehme den letzten Keks aus der Packung, stopfe ihn in den Mund und werfe die Packung weg.
Der Gemeinschaftsraum füllt sich und ich bin bei der Besprechung noch kurz dabei. In der Nacht war es auf der Chirurgie ruhig, also setze ich den Rucksack auf, schnappe mir den Helm und fahre nach Hause.
Es ist kurz nach 9 Uhr, als ich dort ankomme. Ein schwarzer Tesla steht vor der Garage.
Ich steige von der Maschine und stelle den Ständer auf, nehme den Helm ab und schüttele meine Haare kurz durch. Im Garten sehe ich Pablo mit einem anderen Mann stehen, den ich auf die Entfernung auf etwa Mitte 30 schätze, vielleicht Ende 30. Vermutlich nur 2 oder drei Jahre jünger als Pablo.
Selbst auf die Entfernung lässt sich die Verwandtschaft zwischen den beiden Männern nicht leugnen.
Ich hebe kurz die Hand, obwohl ich weiß, dass meine Ankunft nicht zu überhören war. "Guten Morgen!"
Mit dem Helm unterm Arm gehe ich zum Haus. Allerdings schließe ich vorne auf, anstatt durch den Garten reinzugehen. Eigentlich hatte ich noch gehofft, duschen zu können, bevor Pablos Bruder kommt. Dann ist Pablo also bald wirklich weg...
In der Küche räume ich die Cola in den Kühlschrank und nehme einen Energydrink heraus. Der Tisch ist bereits für drei Personen gedeckt. Brot, Brötchen, Croissants, Wurst, Käse, Apfelsaft, Orangensaft... Fast wie in einem Hotel.
Pablo legt von hinten seine Arme um dich und küsst deine Schläfe. "Ich habe dich vermisst."
"Ich zieh mich noch kurz um." Ich löse mich sanft aus der Umarmung von Pablo und sehe mich kurz um.
Von seinem Bruder fehlt jede Spur. Vielleicht ist der noch draußen und hält sich absichtlich etwas zurück, um mir und Pablo ein wenig Privatsphäre zu gönnen.Pablo nickt leicht. Das Lächeln auf seinen Lippen erreicht seine Augen nicht. "Lass dir Zeit. Rubén und ich haben geplant, gegen 12 Uhr hier loszufahren."
Keine großen Reden. Es wird sicher auch ein kurzer Abschied. Schnell gehe ich nach oben und entscheide mich dann doch noch für eine kurze Dusche. Keine fünfzehn Minuten später bin du wieder unten in der Küche.
Pablo steht mit dem Rücken zu mir und spricht mit seinem Bruder, der locker die Arme verschränkt hat und schweigend zuhört.
Als sein Blick auf mich fällt, hebt er kurz die Augenbrauen. "Ah, guten Morgen, Clara. Ich darf Sie doch so nennen, oder?"
"Ja, natürlich. Wie denn sonst?"
"Ich heiße Rubén. Es freut mich sehr, Sie kennen zu lernen." Der Händedruck ist fest und er lächelt dabei äußerst charismatisch. Er gehört sicherlich zu den Männern, die viel und heftig flirten. Das merk ich schon an der Art, wie er sich bewegt.
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Schuld und schuldig
ActionClara ist Allgemeinchirurgin am Boston Medical Center und liebt ihren Job. Ihr Leben wäre fast perfekt, wäre da nicht ihr spielsüchtiger Bruder, der ein Händchen für Probleme hat. Um ihm zu helfen, würde Clara alles tun. - Wirklich alles? Was, wenn...