Kapitel 21 - Verantwortungsvoll

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Ich funktioniere heute nur. Irgendwie. Und zum Glück gibt es immer genug zu tun. In einer ruhigen Minute fülle du einen Urlaubsantrag aus.

Nächsten Freitag und die komplette Woche darauf, inklusive Wochenende. Wenn Pablo mich nächsten Freitag abholen lässt, dann bin ich den Freitag darauf wieder zu Hause. Dann habe ich noch ein Wochenende, um mich zu erholen. Wovon auch immer.

Er will, dass ich in seine Abgründe schaue. Dabei reichte es schon, sie nur zu erahnen. Das Gespräch mit ihm war aufklärend genug. Aber Hauptsache, Noah ist jetzt weg davon.

Ein Grund kann optional im Urlaubsantrag angegeben werden. Trauer, schreibe ich hin. Reyes wird mich sicher darauf ansprechen. Und warum ich erst so spät den Urlaub nehme.

Ich lege den Antrag auf seinen Schreibtisch und verlässt wieder das Büro von Reyes.

Genau in dem Moment kommt Johanson in das große Büro. "Reyes ist nicht da."

"Ach", entgegne ich angefressen. "Augen habe ich auch im Kopf. Danke!"

"Weswegen wollten Sie ihn sprechen?"

"Das hat Sie nicht zu interessieren!", erwidere ich lauter als beabsichtigt. Aber wir sind alleine. Also kann ich sie auch direkt hier und jetzt zur Rede stellen. "Was soll das überhaupt, irgendwelche Gerüchte über mich zu verbreiten?! Ich und Reyes, ja?"

"Sie sind in letzter Zeit verdächtig oft mit ihm zusammen."

"Ernsthaft?! Das passiert unweigerlich, wenn man zusammen arbeitet. Ich habe kein Interesse an Reyes, damit das klar ist!"

"Umgekehrt sicher schon."

"Ist mir gleichgültig." Die Frau macht mich einfach wahnsinnig! "Und Sie hat das mal überhaupt nicht zu interessieren."

"Ich will Ihnen bloß helfen, Swift. Warum denn gleich so aggressiv? Wenn Reyes von Ihnen etwas fordert, dann sollten Sie wissen, dass ich hinter Ihnen stehe."

"Wenn Reyes etwas von mir will, was nichts mit der Arbeit zu tun hat, dann werde ich höflich ablehnen."

Die Oberärztin sieht mich unbeeindruckt an. "Und wenn er Ihnen Konsequenzen androht?"

"Dann soll er doch! Ich bin kein Assistent mehr. Wenn er mir blöd kommt, dann gehe ich eher zur Klinikleitung, als zu Ihnen, Johanson."

"Und die Sache mit der Handynummer?", hakt sie nach.

"Verdammt noch mal! Das war die von Einar. Ich wollte mit ihm reden und fragen, ob er die Kündigung zurückzieht. Über die Gründe reden."

Die Johanson nickt leicht. "Reyes hat ihn dazu gedrängt."

"Ach, seit wann ist Reyes schwul? Ich glaube eher daran, dass da ein Missverständnis vorliegt."

"Erklären Sie sich."

"Warum sollte ich?" Diese Frau regt mich gerade tierisch auf. Es ist Ihre Aufgabe, sich um die Assistenzärzte zu kümmern, nicht meine!

"Swift! Sie lehnen sich gerade verdammt weit aus dem Fenster. Vielleicht sind Sie ja doch gerade Reyes' neues Bückstück."

"Im Leben nicht! Einar hat gepfuscht. Fehler bei einer Operation gemacht.
Und das nicht schon zum ersten Mal. Sie sind für die Assistenzärzte wie Einar verantwortlich, versagen aber auf voller Länge! Mir scheint, Sie gaffen so sehr auf den Posten von Reyes, dass Ihnen schon entgeht, wenn einer Ihrer Assistenten Fehler macht!"

Ich mache eine kurze Pause, weil ich merke, dass ich zu laut werde. Um mich etwas zu beruhigen, hole ich tief Luft, bevor ich sie weiter zur Sau mache. "Es war Reyes, der mich bat, Einar etwas anzuleiten und zu unterstützen. Ja, Reyes ist ein Riesenarsch, aber im Gegensatz zu Ihnen macht er seinen Job."

Schuld und schuldigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt