Ich drehe mich zu Rubén und trinke einen Schluck Kaffee. "Die Idee, Pablos Geliebte zu spielen war von dir, nicht wahr? Das er mit einer Frau verheiratet ist, die eurem Vater in den Kram passt, während er mit einer anderen spielt, ja?"
"Ja, das stimmt. Es würde Vater wesentlich freundlicher stimmen", erwidert er und beugt sich etwas vor. "Vor allem darf er nie erfahren, welchen Job du bisher ausgeübt hast."
Vermutlich wegen seinem Sohn Juan und der Tatsache, dass die Diagnose zu spät gestellt wurde. "Als Pablo von dieser Sache sprach, da erwähnte er bloß eine Woche. Die ist morgen vorbei. Danach werde ich in mein altes Leben zurückkehren. Ich bleibe doch nicht an seiner Seite. Weder als seine Frau noch als Geliebte."
"Ich habe ihm auch gesagt, dass das mit dir nichts wird. Aber er hat sich da völlig in diese Idee verrannt."
Pablo kommt kurz darauf dazu und die beiden unterhalten sich über die Geschäfte. Eine Waffenlieferung in den Fernen Osten. Direkt ins Krisengebiet. Die Tatsache, wie offen sie darüber reden, schockiert mich.
Die Haushaltshilfe bereitet ein Frühstück zu. Sie spricht auf Spanisch mit Rubén; Pablo ignoriert sie dabei völlig. Ich nehme mir zum Frühstück bloß einen Apfel. Wenigstens einer, der offensichtlich Wert auf Obst legt.
Rubén deutet ins Wohnzimmer. "Spielst du Billard, Clara?"
"Ist ewig her. Ich war nie besonders gut darin."
"Ach, wir sind auch keine Profis."
Wir? Ich soll also mit Rubén und Pablo spielen? "Spielt man das nicht nur zu zweit?"
"Bei 14 und 1 ist das eigentlich nicht so wichtig. Da geht es eh nur darum, wer am Ende die meisten Kugeln eingelocht hat."
Pablo geht bereits zum Tisch rüber, nimmt das Dreieck und legt es auf den Tisch. "Mit Ansage?"
"Ja, natürlich." Rubén grinst und rollt Pablo die Kugeln zu, die noch in den Taschen liegen.
Und während wir den Vormittag über spielen, vergeht die Zeit tatsächlich sehr schnell. Hin und wieder ist Pablo raus, um zu telefonieren. Am Ende hat Rubén 65 Kugeln, Pablo 47 Kugeln und ich habe immerhin 4 eingelocht.
Eigentlich 5, aber eine fiel in die falsche Tasche.Um kurz vor 13 Uhr kommen Nanice und Álvaro nach Hause und es wird zu Mittag gegessen. Keine Stunde später gehen wir zum Strand.
Diesmal sind es vor allem Rubén und Pablo, die den Kleinen bespaßen und ich kann mich mit Nanice unterhalten.
Soweit ich es dem Gespräch entnehmen kann, wird Nanice komplett aus den Machenschaften der Familie herausgehalten. Das stört Nanice nicht und ich habe das Gefühl, sie verschließt davor die Augen. Aber vermutlich hat sie einfach nur zu viel durchgemacht bisher.
Am Abend gehen wir auswärts in einem Restaurant direkt am Strand essen und auf der Rückfahrt hat Nanice damit zu kämpfen, dass Álvaro nicht wieder einschläft. Zurück im Haus bringen Nanice und Rubén ihn sofort ins Bett.
Ich nutze den Moment und setze mich zu Pablo in den Garten. "Wann fliegen wir zurück nach Boston?"
"Morgen früh um 6 Uhr. Álvaro wird uns begleiten."
"Und Nanice?"
Rubén, der schon wieder unten ist, schüttelt energisch den Kopf. "Ich werde sie meinem Vater nicht vorstellen. Niemals."
"Obwohl sie die Mutter von Álvaro ist?"
"Genau deswegen", meint Pablo. "Nanice wird von Rubén in Watte gepackt."
"Zudem weiß mein Vater nicht, dass Nanice aussieht wie meine Ex. Dad würde durchdrehen. Unser Vater sieht an jedem Menschen sofort seine Schwäche. Ich werde ihn nicht mit Nanice reden lassen. Auch wenn sie eine starke, kluge und humorvolle Frau ist. Es gibt Dinge, die sie nie wieder sehen soll."
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Schuld und schuldig
ActionClara ist Allgemeinchirurgin am Boston Medical Center und liebt ihren Job. Ihr Leben wäre fast perfekt, wäre da nicht ihr spielsüchtiger Bruder, der ein Händchen für Probleme hat. Um ihm zu helfen, würde Clara alles tun. - Wirklich alles? Was, wenn...