Nach etwa 30 Minuten setze ich mich hin und fühle wieder meinen Puls. Er schlägt nun deutlich langsamer.
"Besser?", fragt Pablo, der die ganze Zeit auf der Liege neben mir saß.
Aus Sorge? Oder ein schlechtes Gewissen? Gab er mir wirklich etwas in den Tee? Würde er das machen?
"Hm. Ja." Ich kratze mich am Kopf und überlege, was mein Herzrasen ausgelöst haben könnte. Psychisch, aufgrund der Geschichte von Pablo? Antibiotika käme noch in Frage. Zusammen mit Koffein kann es zu Herzrasen und Unruhe führen, was zu meinen Beschwerden passt. Das würde im schlimmsten Fall auch bedeuten, dass die Spritze wirkungslos ist.
Ist das seine Absicht? Zumindest sagte er vor ein paar Tagen, dass er eine Frau heiraten und ein Kind zeugen muss. Ist diese Woche nur dafür gedacht?
Ich seufze tief und schiebe die düsteren Gedanken beiseite. "Wo ist eigentlich meine Handtasche?"
"An der Garderobe im Flur."
Noch etwas vorsichtig stehe ich auf. Aber was immer das vorhin auch war, es ist vorbei. Während ich zurück ins Haus gehe, höre ich Pablo in den Pool springen.
Im Flur sehe ich meine Handtasche. Ich nehme sie an mich, gehe in das Bad um die Ecke und schließe die Tür ab. Im Waschbecken kippe ich den Inhalt der Handtasche aus.
Smartphone, Armbanduhr, Taschentücher, Tampons, Stift, Schlüssel, ... Alles noch da. Außer die Tabletten. Die Armbanduhr lege ich an und prüfe dann mein Smartphone.
Ein entgangener Anruf von Noah. Aber er schrieb mir auch eine SMS, in der er darum bat, die Tage mal mit mir zu reden. Über seine Zukunft und seine Möglichkeiten.
Ich blähe kurz die Wangen auf und atme langsam aus. Soll er erstmal die Therapie fertig machen und noch nicht so weit in die Zukunft planen. Klar, ein Ziel vor Augen zu haben ist wichtig. Aber er sollte kleine Schritte machen.
Dennoch schreibe ich ihm, dass ich mir ein paar Gedanken machen werde und mich demnächst bei ihm melden will. Die nächste Woche wäre es aber eng.
Gerade als ich das nächste Wochenende ins Auge fasse, stocke ich. Denn ich kann aktuell auch nicht groß in die Zukunft planen und muss kleine Schritte machen.
Ich räume die Handtasche wieder ein, schalte das Handy aus und lege es ebenfalls zurück in die Handtasche. Ich verlasse das Bad, stelle die Handtasche zurück an die Garderobe und Späher kurz in das Wohnzimmer.
Es ist ruhig. Also schwimmt Pablo noch draußen, also habe ich etwas Zeit. Ich gehe in die helle Landhausküche und schaue nach dem Tee. Aber ich finde nur ganz normale Teebeutel für Schwarztee. Nichts Verdächtiges. Trotzdem öffnest du noch ein paar Schränke.
Die Küche ist unglaublich sauber. Selbst in den Schränken ist alles tadellos. So sauber ist nicht mal meine Küche. Im Kühlschrank finde ich einen großen Teller mit Rührei, Speck und Wüsten. Letzteres nehme ich mir vom Teller und gehe wieder raus auf die Terrasse.
Ich setze mich auf die halbrunde Couch und blicke runter in den Pool. Pablo ist nicht mehr dort. Ob er mich in der Küche gesehen hat?
Seufzend schiebe ich den Gedanken beiseite und starre auf das Wasser. Jetzt eine Runde zu schwimmen wäre schön. Zuhause bin ich auch gerne im Pool gewesen. Vermutlich würde Pablo nicht mal merken, wenn ich jetzt im Pool wäre.
Das Haus ist aber auch groß genug, um sich aus dem Weg zu gehen. Ob nun absichtlich, oder nicht. Vielleicht gibt es hier auch ein Laufband, oder einen anderen Hometrainer.
"Na, träumst du vor dich hin?" Pablo hat sich umgezogen, eine Mischung aus Outdoor und Business, die nur bei ihm gut aussehen kann. Er setzt sich zu mir und lächelt mich an.
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Schuld und schuldig
ActionClara ist Allgemeinchirurgin am Boston Medical Center und liebt ihren Job. Ihr Leben wäre fast perfekt, wäre da nicht ihr spielsüchtiger Bruder, der ein Händchen für Probleme hat. Um ihm zu helfen, würde Clara alles tun. - Wirklich alles? Was, wenn...