3 - Vermächtnis des sterbenden Königs

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Ex igni natus, geisterte die ferne Sprache in Taèlione's Verstand und er erinnerte sich an den Tag, an dem der Waffenschmied ihm diese Worte entgegenbrachte zusammen mit dem Schwert, das fortan treu und tödlich in seinen Händen ein Zuhause fand. Aus Feuer geboren.

Das Schwert in seinen Händen lag regungslos dort, perfekt ausbalanciert um die Ewigkeit zu überdauern ohne zu fallen, denn es war eins mit seinem Meister und sein Meister fühlte sich dem Stahl verbunden. Taèlione betrachtete das geschmiedete Silber in Form eines Ahornblattes nachdenklich. Würde Krieg und Gewalt nicht existieren in Therondia, wozu würde man diesen Gegenstand wohl verwenden? Würde er denn jemals einen anderen Nutzen erfüllen, als den seiner Erschaffung? Man könnte dem langen Schaft mit ein paar anderen zur Konstellation die Handhabung einer Wäscheleine zumuten, doch wäre es ein erfüllendes Tagwerk? Letztendlich konnte man den wahren Ursprung eines Wesens oder eines Gegenstandes nicht verstecken oder umändern. Scharfe Klingen wurden geschmiedeten um zu töten und Blut zu vergießen, um Freiheit zu stehlen und Elfen zu knechten, dachte er lange Zeit bevor ihm Namadur eines Besseren belehrte. Erst durch die Lehren erkannte Taèlione, dass der Kampf eine besonders spektakuläre Kunstform darstellte und man immerzu die Wahl besaß, für welchen Zweck man ein Schwert in die Hände nahm. Mochten viele damit Macht und Privilegien verbinden, so vertraute Taèlione auf den tieferen Ursinn einer Klinge. Für ihn repräsentierte sie Gerechtigkeit und Freiheit, ein Werkzeug um Ketten zu durchschlagen und diejenigen zu schützen, die selbst nicht imstande dazu waren.

Die letzten warmen Sonnenstrahlen erleuchteten das royale Gemach mit tieforangefarbenem Licht. Gebrochen und in hundertfachem zerkleinert reflektierte es sich in den Kristallen, die an goldenen Schnüren vor dem Fenstersims baumelten und zierten die Räumlichkeiten in schönstem Ambiente.

Taèlione bemerkte in seinen tiefsinnigen Grübeleien nicht, dass sich Juniper vorsichtig neben ihn stellte und auf sein Schwert deutete. „Machst du damit die bösen Elfen weg?", gestikulierte sie mit neugierigen Augen und wartete gespannt auf die Antwort. Schweren Herzens, denn eigentlich beabsichtigte Taèlione unter keinen Umständen, sie zu nahe an die Marterie von Krieg und Kampf heranzuführen, verstaute er die Waffe außerhalb ihrer Reichweite in einem Schrank, schloss die Tür und nahm den Schlüssel zur Sicherheit an sich. Geduldig schüttelte er den Kopf, strich sich die offenen langen Haare hinter die spitzen Ohren und lehnte sich gegen die Kommode, überkreuzte entspannt die Beine und antwortete mit seinen Fingern. Der Mund schwieg und blieb immerzu verschlossen, sobald er mit Juniper eine Unterhaltung führte. Es erwies sich als eine Selbstverständlichkeit für Taèlione, in ihrer Sprache zu kommunizieren und sie gleichermaßen mit Respekt zu behandeln denn nur, da ihr Mund schwieg, bedeutete es nicht, dass ein Elf nichts zu sagen hatte. „Damit stelle ich sicher, dass ich diejenigen imstande bin zu beschützen, denen ich meinen Treueschwur leistete", erklärte er möglichst simpel, darauf bedacht, die kindliche Unschuld nicht mit unnötigen Sorgen zu belasten. Juniper durfte Kind sein. Mehr Pflichten hatte sie nicht zu erfüllen.

Freudig klatschte sie in die Hände und wackelte lieblich mit der Hüfte. Sie tanzte. Der Anblick erheiterte Taèlione und es freute ihn aufrichtig zu sehen, dass die Kleine ihr Lachen nicht verloren hatte. Kinder konnten in der Tat sehr grausam sein, da hatte er selbst einige unglückliche Erfahrungen sammeln müssen, und es tat gut Juniper's ansteckende Fröhlichkeit zu spüren. Eifrig hob sie ihm die Arme entgegen und zeigte: „Das bedeutet, du beschützt mich und Mutter?"

Zu jeder Tagesstunde", versprach Taèlione wahrheitsgemäß und kniete sich auf den Boden, unbeirrt von dem eleganten Gewand das sich an den Knien pluderte, und nahm die Kleine an den Händen. Grinsend drückte er ihr ein Küsschen auf die Stirn und im Gegenzug erhielt er eines auf die Wange zurück, mitsamt einer stürmischen Umarmung die er nur zu gern erwiderte. Die Wärme des jungen Mädchens sickerte auf ihn über, er genoss diese traute Geste und streichelte sanft durch ihr braunes gelocktes Haar während sein Blick in der Luft verloren ging. Beim besten Willen und größter Anstrengung, er konnte sich nicht daran zurückerinnern, wann er das letzte Mal eine Umarmung erhalten hatte. Wann er sich das letzte Mal einer Person so verbunden fühlte, wie der Tochter seiner guten Freundin. Wehmut umklammerte ihm wie eine eiskalte Faust das Herz, realisierte er jäh, dass ihm Juniper mit dieser vermeintlichen unbedeutenden Geste aufzeigte, welche Lücke in seinem Leben bestand. Seitdem seine Mutter entschlafen war, gab es nicht einen Elfen oder ein anderes Wesen, das ihm mehr nahegestanden hatte. Der ihm in Zeiten der Trauer eine Hand reichte, oder in unruhigen Nächten in eine sichere Umarmung nahm.

The last Elven Prince  [Elve!AU]  vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt