33 - der Schlüssel

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Váelerio hob den Kopf und erkannte, dass das Innenleben des Gebetsturms mit Ferocez gefüllt war und sie allesamt ihn anstarrten. Manche skeptisch aufgrund der Verbundenheit zu der Geisterwelt, andere wiederum brachten vor Faszination keinen Laut über die Lippen. Yoontos stand ihnen als erster zuvor, er schloss zu dem Elf auf und wollte sich vergewissern, dass kein zweites Rätsel in dem Buch versteckt war, denn die Zeit drängte und allmählich lief sie ihnen davon. Rookėon und Chimiras würden nur so viel Ablenkung stiften können, um ihre Suche zu schützen. Der Elf erkannte den Ernst der Lage und mit einem tiefen Atemzug legte er eine Hand an den Buchrücken, streifte über die unerklärlichen Symbole und weil sich keine Erinnerung erwecken ließ, öffnete er den Einband. Ein modriger Duft sickerte aus dem Pergament und drang ihm penetrant in die Nase, er unterdrückte ein Würgen und blätterte neugierig eine Seite weiter. Die Augen weiteten sich und andächtig starrte er auf das, was er nicht vermutet hätte zu finden.

„Wer auch immer zum Hüter des Artefakts auserkoren gewesen war...", raunte Yoontos unfähig abzustreiten, wie beeindruckt er von dem Fund war. „...er wusste es in Sicherheit zu bringen"

In dem Buch versteckte sich hinter der ersten Seite eine tiefe Aushöhlung der restlichen Seiten, gerade groß genug, um in dem Versteck einen zweiten Schlüssel an einem roten Band vor den falschen Augen zu verbergen. Váelerio nahm das Band und hielt den Schlüssel hoch, legte das Buch auf den Altar und besah sich den Gegenstand. Im Vergleich zum ersten Schlüssel musste dieser echt sein, das Gold war über die Jahrhunderte ganz schwarz angelaufen und wo er sich glücklich schätzte das Artefakt gefunden zu haben, da fasste er nicht was ihm die Augen bezeugten.

Entgeistert konnte er nur zusehen, wie sich der verschwärzte Schlüssel in einem einfahrenden Windstoß mitreißen ließ und in Staubpartikel zerfiel. Die glänzenden Rückstände des Goldes rieselten anklagend durch die Luft und zu Boden, denn sie waren zu lange schon in Vergessenheit verwittert als das sie die Rückkehr in diese Welt noch ertrugen. Nein, nein unmöglich. Váelerio begann der Körper so kraftlos zu zittern, dass er sich an dem Altar abstützen musste. Vor seinen Augen war das zerstoben, wofür sie so unnachgiebig kämpften und Rookėon , er schreckte fürchterlich in sich zusammen, Rookėon war so verbittert hinter diesem Schlüssel hergewesen. Wie sollte er ihm erklären, dass er nicht mehr existierte?

Váelerio wurde schwindelig.

Er hörte einen Schrei.

Gellend und durchdringend wie das Gebrüll eines Raubtiers hallten die Töne von den Wänden wieder und echoten unaufhörlich in seinem Kopf. Besäße er eine Stimme, so würde sie wohl genauso klingen wie Yoontos, der mit aufgerissenen Augen auf den Staub gaffte und so blass anlief, dass er plötzlich aussah wie ein kränklicher alter Greis. So schnell der Schock ihn wieder aus den Klammern ließ, so feindselig entbrannte die Wut in ihm und er packte Váelerio an den Haaren, zerrte ihn hinter dem Altar hervor und stieß ihn rücklings gegen die Wand mit einer Gewalt, der sich kein Ferocez in den Weg zu stellen getraute. Sie respektierten Yoontos, doch mehr noch fürchteten sie sich vor dem, was er imstande war aus Wut heraus zu tun und keiner wollte dasselbe erleiden, das dem Elf widerfuhr.

Váelerio wimmerte und ächzte und für einen Moment erblindete ihm die Sicht, das Dröhnen in seinem Kopf nahm zu als er gegen die Wand schlug und kraftlos auf den Boden sackte.

„Du mieser dreckiger Elfenbastard! Was hast du getan?!", brüllte Yoontos und packte ihn an den Haaren, riss so sehr an ihnen dass Váelerio vor Schmerz keinen Ton mehr zustande brachte und schmerzhaft das Gesicht verzerrte. „Dieser Schlüssel war das einzige womit wir uns Zutritt zum Elfenpalast verschaffen konnten! Du hast ihn zerstört! Dafür werde ich dich bluten lassen!"

Einmal noch schlug er den Elf gegen die Wand und stieß seine wankende Statur mit einem gezielten Tritt rücklings auf den feuchten Boden und baute sich über ihr auf. Getrieben von Rage zückte er den Dolch, die Klinge reflektierte das fahle Tageslicht. Die weißen Haare verteilten sich wie Nebelschleier um Váelerios Antlitz, eine visuelle Verbindung zu der Andersartigkeit die ihn entsetzlich von dem abgrenzte, was man geläufig als normal anerkannte. Yoontos verzog die Miene zu einer durchtriebenen Fratze und drückte ihm die Klinge an die Kehle, setzte sie an wo derjenige vor ihm so mieserabel versagte und besessen von dem Horror des sich auflösenden Schlüssels hegte er keinerlei Interesse daran, die wunderliche Sichtung zu hinterfragen. Der Verrat schmeckte bitter auf seiner Zunge und niemals hätte er zulassen dürfen, dass der Elf sich in ihre Gemeinschaft einnistete.

The last Elven Prince  [Elve!AU]  vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt