14 - ein Geist mit Herzschlag

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Träge unterdrückte der Elf ein Gähnen.

Die Zeit außerhalb des Lazaretts verstrich scheinbar noch viel langsamer als innen drin, zumindest fühlte es sich so an. Der weiche Waldboden dämpfte den Klang seiner Schritte, verschluckten die Laute die seine Präsenz verrieten und so kam es nicht selten vor, dass er scheinbar aus dem Nichts auftauchte und sich die Ferocez irritiert fragten, wie er sich fortbewegte. Die Lautlosigkeit seines Erscheines verhalf ihm zu den Gerüchten, er wäre nie gänzlich dem Tode entkommen und sei nur zur Hälfte erwacht in dem Lazarett, mit der Seele gespalten zwischen Leben und Tod. Der Elf hörte die gehässigen Flüsterungen, seine spitzen Ohren besaßen die Gabe eines sehr ausgeprägten Gehöres und zunehmend wuchs der Wunsch in ihm, sie mögen wie die Stimme aufhören zu existieren. Dann müsste er nicht mitbekommen, wie man hinter seinem Rücken über ihn redete und abfällig degradierte zu jemand, der unrechtmäßig eine zweite Chance auf Leben erhielt.

Unsere Brüder fallen unter elfischen Speeren und Lanzen, und diesem Elfenbalg rettete man das Leben?

Dreckiges Balg, die Kehle sollte man ihm aufschneiden und wie ein Rind ausbluten lassen!

Das Ding will man nicht mal mehr besteigen, wenns keine Huren mehr gäb!

Haltet mich fern von dem Balg, meine Brüder, oder ich prügle es zu Tode!

Seufzend strich er sich eine Haarlocke hinter die Ohren und klemmte die Krücke unter den Arm, verteilte das Gleichgewicht auf Fuß und Gehhilfe und setzte sich humpelnd in Bewegung. Zwar erlernte er tagtäglich eine stabilere Belastungsverteilung und wie er sich den körperlichen Befindlichkeiten nach am effizientesten fortbewegte, doch es war unglaublich mühsam mit der eingeschränkten Motorik sich über unebenen Waldboden zu bewegen. Mal verlor er über ein durchfeuchtetes Moosbüschel die Balance, dann verhakte sich die Krücke in einer Wurzel. Je öfter er mit Chimiras die Wege bestritt und die schmalen Pfade erkundete, desto besser vertiefte er den Grundriss des Unterschlupfes in seinem Verstand und irgendwann, da war er imstande gedanklich die Wege zu bestimmen. In unruhigen Nächten, oder wenn er sich schwer tat einzuschlafen weil die Leere in seinem Kopf unnatürlich schwer lastete, ging er mental über den Waldboden und durch das Labyrinth an Pfaden.

Wie er sich so umsah, im fahlen Licht das nur schwer den Weg durch die Baumwipfel hinein in die Lichtungen fand, spürte er die Kälte des Windes. Er fuhr über den Elf hinfort und zupfte an den weißen Haaren, die nach den vergangenen Wochen seines Aufenthalts bereits wieder an Länge gewonnen hatten und sich hinter dem Ohr fixieren ließen. Der Wind, dachte er bei sich und fühlte die Verbindung zur Natur, die in ihm schlummerte und ihm ein wohltuendes Empfinden von Zugehörigkeit erweckte. Er mag als einziger zu kennen, was sich in diesen Wäldern verbirgt. Abstammend aus den Tiefen der Wälder von Kestramoré zog er auf, trug mit jeder Böe mehr von dem hellen Nebel herbei und wie sich die Gebilde umkreisten und umtänzelten, so fand sich der Elf in stummer Faszination wieder. Die Nebelschwaden folgtem dem Wind mit einer Leichtigkeit, das man sie als Geister interpretieren mochte, Seelen all derer, die in der Dunkelheit der Wälder das Leben ließen und fortan durch das Labyrinth an Bäumen spukten. Staunend betrachtete der Elf die Phänomene und wollte gerade weiter in Richtung große Feuerstelle humpeln, da erschrak er sich.

Ängstlich zuckte er zusammen und war von dem aus dem Nichts auftauchenden Troll so dermaßen überrascht worden, dass ihm die Krücke wegrutschte und er strauchelnd umfiel. Unsanft prallte er auf den Boden, doch der Schmerz wurde von dem Adrenalin übertrumpft und rückte in den Hintergrund. Schwer atmend hob er das Antlitz und blickte auf die massive Gestalt des befremdlichen Wesens. Der Bauch hing ihm dick und rund über die Brust, die knorpelige Haut war übersät mit weißen Narben und so wie es grinsend eine Reihe scharfer Zähne präsentierte, so fürchtete der Elf, hatte es wohl alle angegafft bevor ein Schwerthieb das Leben beendete.

The last Elven Prince  [Elve!AU]  vkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt