“Ich bin so froh, wenn ich endlich mit der Prothese laufen kann, warum muss das alles so lange dauern?”
Taehyung ist gerade dabei, umständlich von einer Stelle zur nächsten zu hüpfen, in einer Hand ein paar Klamotten, in der anderen eine Krücke. Diese schmeißt er jetzt aber frustriert weg und hüpft ganz ohne zu seinem Bett, auf dem eine große Tasche steht.
Am Bett angekommen, faltet er seine Klamotten erneut zusammen und legt sie dann ordentlich in die Tasche. Dann dreht er sich um und will wieder zurück hüpfen, doch ich habe mich bereits hinter ihm platziert und halte ihn auf.
"Taehyungie, sei bitte vorsichtig, du könntest hinfallen und schlimmstenfalls fällst du auf deinen Stumpf und verletzt dich dort. Denk dran, es ist nur äußerlich abgeheilt, das ist es nicht Wert, okay? Mach einfach weniger und in deinem Tempo."
Ich setze meinen Hundeblick auf und schiebe meine Unterlippe ein wenig nach vorne. Ich weiß, dass der Blick zieht und sofort wird Taehyungs Miene weich und er gibt sich geschlagen.
"Du hast recht, es ist einfach nur so ein doofes Gefühl nicht mehr so viel auf einmal zu schaffen, aber ich sollte wirklich besser aufpassen und nichts aufs Spiel setzen.”
Dann streckt er die Hände nach seinen Krücken aus und ich reiche sie ihm. Jetzt trägt er nur noch die Sachen, die er zusammen mit den Krücken halten kann, oder er benutzt zusätzlich seine Zähne zum festhalten.
Doch dann bekomme ich eine Idee.
“Hier”, sage ich und halte ihm einen Stoffbeutel hin, den ich aus meinem Rucksack gezogen habe, “Damit kannst du die Sachen im Bad einsammeln, du kannst dir den Beutel dann ja an die Krücke hängen.”
“Gute Idee, Danke Kookie.”
Er lächelt und verschwindet mit dem Stoffbeutel im Bad.
Ich sehe ihm lächelnd nach, ich musste schnell erkennen, dass ich Taehyung nicht alles abnehmen kann und ihm auch Dinge zutrauen muss. Es ist wichtig für ihn, sich so gut es geht mit einzubringen, gerade weil er auf so viel Hilfe angewiesen war und auch noch immer ist. Je mehr wir ihn mit einbinden, desto mehr fühlt er sich gebraucht, was wiederum seinen Selbstwert gut tut. Nichts ist schlimmer für ihn, als sich so zu fühlen, als wäre er nur eine Last.
Er kommt wieder heraus und packt dann die ganzen Kosmetik- und Hygieneartikel in die Tasche.
“Ich kann irgendwie immer noch nicht realisieren, dass wir jetzt nach Hause fahren”, sagt er noch während er dabei ist, die Sachen zu verstauen.
Ich stehe auf und gehe dann auf ihn zu. Ich lege meine Arme um ihn und Küsse seinen Nacken.
“Ja, ich auch noch nicht so wirklich, es fühlt sich einfach zu schön an, um wahr zu sein.”
Taehyung dreht sich langsam um und hält sich dabei an mir fest. Er lächelt und legt nun ebenfalls seine Arme um mich. Wir verbinden unsere Lippen miteinander und ich vergesse für einen Moment alles um mich herum.
Für meinen Geschmack ein bisschen zu schnell, löst er sich wieder von mir.
“Lass uns das alles auf später verschieben", sagt er, "ich möchte jetzt endlich fertig werden und nachhause.”
Diesen Grund kann ich gelten lassen und ich nicke.Schon kurze Zeit später ist alles verstaut und ich bringe schon einmal das gröbste zum Auto.
Danach gehe ich wieder zurück, schnappe mir meinen Rucksack und noch eine Tasche von Taehyung und begebe mich dann gemeinsam mit ihm Richtung Ausgang in unser neues gemeinsames Leben.“Warte, ich setze dir eben deine Mütze auf und dein Schal ist auch ein wenig verrutscht.”
Wir stehen vor der gläsernen Eingangstür, draußen stürmt es leicht und zusätzlich hat es jetzt angefangen zu schneien. Ich richte ihm seinen Schal und ziehe seine Mütze auf. Taehyungs Haare sind schon wieder am Wachsen, doch noch sehr kurz und gerade durch sein noch immer etwas geschwächtes Immunsystem, will ich lieber keine Risiken eingehen.
Tae lächelt und schenkt mir einen hinreißenden Blick.
“So", sage ich, "jetzt können wir weiter.”
Ich erwidere seinen Blick lächelnd und wir setzten unseren Weg zum Auto fort.
Ich helfe Taehyung beim Einsteigen und packe dann die Krücken auf die Rückbank. Ich steige dann selber ein und schlage die Autotür zu. Spätestens jetzt habe ich das Gefühl, wir haben alles hinter uns gelassen und unser neues Leben wurde eingeläutet.
“Bereit?”, frage ich Taehyung und dieser fängt jetzt breit an zu Grinsen.
“Ich kann es gar nicht mehr abwarten.”
Ich starte den Wagen und gemeinsam lassen wir das Klinikgelände hinter uns.
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Gebrochen | Taekook
Fiksi PenggemarTaehyung stand mit beiden Beinen im Leben, eine Wohnung, einen Job. Doch wie soll man alles schaffen und aufrechterhalten, wenn man nicht in die Gesellschaft hineinpasst? Wenn man den Anforderungen nicht gerecht werden kann? Das einzige, worin er no...