Die Nacht hatte ich fast nichts geschlafen. Das letzte Erlebnis hatte mich zu sehr gestresst. Die Angst blieb, immerhin konnte Adam theoretisch jeder Zeit ins Haus. Sogar auf legale Art und Weise, weil sein bester Freund hier lebte.
Gestern Abend und am heutigen Morgen hatte es bereits ein paar Mal an meiner Zimmertür geklopft. Ich ignorierte jedes Klopfen und blieb in meine Bettdecke eingekuschelt.
Unter anderem war ich auch enttäuscht. Ich verstand nicht mal, warum Adams Wut derart groß gewesen war. Oder eher die von seinem Wolf.
Angeblich hatte er gedacht, dass ich das Territorium verlassen wollte. Es hatte ihn wohl skeptisch gemacht, dass ich mit den Halfmoon Geschwistern laufen wollte. Trotzdem hatte er voreilige Schlüssel gezogen.
Auch wenn, machte sein Wutausbruch keinen Sinn. Jeder durfte das Territorium verlassen, wenn er wollte. Normalerweise war das kein Problem.
Aber wie er mich angesehen hatte oder seine Tonlage. Noch schlimmer war sein Knurren gewesen, welches mir gegolten hatte. Unwillkürlich zog es mir die Gänsehaut auf. Mit Recht hatte ich immer großen Respekt kombiniert mit Angst vor ihm gehabt.
Diese Woche musste ich übergeschnappt sein, dass ich derart locker mit ihm umgegangen war. Ich hätte mich wesentlich respektvoller verhalten sollen. Das hatte ich nun davon.
Keine Ahnung, wie ich meinen besten Freunden erklären sollte, warum ich wie aus dem Nichts wieder Angst vor Adam hatte.
Oh.
Liz und Luke.
Ich schlug die Decke zurück, denn ich musste mich unbedingt bei meiner besten Freundin melden. Ich stand auf und eilte zur Tür hinüber.
Meine Tasche hatte ich in Haydens Wagen gelassen. Keine Ahnung, wie genau ich mein Handy wieder bekommen sollte. Aktuell würde ich meinen Dad um seines bitten. Dann konnte ich Liz ihre Sorgen nehmen.
Es war mittlerweile das zweite Mal, dass mir das passiert war. Ich sollte vor ihr auf die Knie gehen und sie um Verzeihung bitten. Manchmal war ich wirklich eine Idiotin.
Das Zimmer hatte ich durchquert, öffnete die Tür und trat auf den Gang hinaus.
Hoffentlich war mein Dad überhaupt im Haus. Zane würde ich mich lieber erst später stellen.
Da dachte ich an ihn, schon kam er aus seinem Zimmer. Scheinbar hatte mein Bruder die Tür offen stehen lassen, damit er mich hörte.
Ich blieb stehen und starrte ihn an. Zane tat exakt dasselbe. Wir hatten beide keine Ahnung, wie wir reagieren sollten. Der gestrige Vorfall war auch von der anderen Art gewesen.
Schließlich war ich diejenige, die sich räusperte. "Kann ich mir kurz dein Handy ausleihen? Ich würde gerne Liz Bescheid geben, dass alles ok ist." Auch in ihn kehrte wieder Leben, denn er deutete nach unten. "Deine Freundin hat gestern Abend deine Tasche vorbei gebracht. Ich vermute, dass es dort ist." Ich nickte, das hatte er richtig schlussgefolgert.
Ich ging los und fragte dabei: "Hat sie noch etwas gesagt?" Zane folgte mir, so gingen wir gemeinsam die Treppe hinunter. "Ja, sie sind nach Hause gefahren. Beide hielten das für die beste Idee." Das dürfte es tatsächlich gewesen sein. Falls sie Adam erneut getroffen hätten, wäre das vermutlich nicht besser verlaufen.
Zukünftig sollte ich zu ihnen ins Rudel fahren. Hierher war keine Option mehr.
Meine Tasche hatte ich gleich entdeckt, denn sie stand neben der Haustür. Zane folgte mir bis dorthin und fing dann an: "Adam tut es sehr leid. Er würde dir das gerne persönlich sagen, aber ich habe ihn aus dem Haus verbannt, bis du das Okay gibst." Bei seinem Namen spannte ich mich an, aber kniete mich auf den Boden. Mein Handy musste ich erst aus der Tasche holen. Nebenbei antwortete ich: "Du hast es mir weiter gegeben. Das reicht vollkommen aus. Danke ihm für die Entschuldigung."
Ich stand auf und entsperrte mein Handy. Egal wie ernst das Thema war, musste ich meiner besten Freundin eine Nachricht schicken.
Wie gedacht hatte ich zwei verpasste Anrufe von ihr drauf. Ich fühlte mich mit jeder Minute schlechter.
Ich tippte schnell eine Nachricht, in der ich ihr schrieb, dass soweit alles ok war. Sie würde mir zwar kein Wort glauben, allerdings hatte ich es versucht. Vielleicht beruhigte es ja doch ihre Nerven.
Zane lehnte sich seitlich an die Wand und fragte: "Willst du ihn bis in alle Ewigkeit meiden? Er würde es sehr zu schätzen wissen, wenn du ihm ein Gespräch gibst." Die Nachricht war abgeschickt, weshalb ich aufsah. Mein Bruder musterte mich und versuchte meine Stimmung einzuschätzen. Ich hob eine Augenbraue, denn seine Frage machte nicht ganz Sinn. "Wir besuchen dieselbe Schule und er ist der zukünftige Alpha. Die Umstände machen es unmöglich ihn auf Dauer zu meiden. Zwangsläufig läuft man sich über den Weg."
"Würdest du wenigstens mit ihm reden?"
Unwillkürlich musste ich lächeln. "Du bist wirklich ein toller Bruder und nimmst deinen Job ernst. Danke dafür und auch, dass du deinen besten Freund aus dem Haus verbannt hast. Und danke für deine Hilfe gestern. Diesmal hast du wirklich etwas Großes gut bei mir." Mit diesen Worten ging ich an ihm vorbei.
"Selena, du kannst immer auf mich zählen. Das habe ich dir versprochen."
Vor der Treppe blieb ich nochmal stehen, um mich zu ihm umzudrehen. "Du auch auf mich."
Mein Versuch vom Thema abzukommen war schlecht gewesen, denn Zane meinte: "Gut, dann willst du nicht mit ihm reden. Willst du mir erzählen was los war?"
Im Grunde hatte ich nichts zu verlieren. Und es war eine weitere Tat in Stacys Akte. Vielleicht erhöhte das ihre Strafe.
Ich nickte und erzählte: "Ich war im Wald, um zu Stacy zu laufen. Ich wollte mich mit ihr unterhalten." Zane wurde skeptisch und drückte sich von der Wand ab. Ihm dürfte klar sein, dass nichts Tolles kommen würde. Bevor er nachhaken konnte, fuhr ich fort: "Sie hat Hayden angerufen und behauptet, dass ich ihn vermissen würde. Sie hat ihn manipuliert, damit er herkommt. Es geht ums Prinzip, das finde ich nicht ok." Die Wut kochte wieder hoch, wenn ich nur daran dachte.
Kurz blieb er still, was mich dazu veranlasste anzumerken: "Stacy will mich an Hayden los werden. Ihre krankhafte Eifersucht sieht mich als Bedrohung. Ihr Adam Wahnsinn nimmt kein Ende." Die Erklärung hatte er gebraucht, denn seinem Gesicht konnte man ablesen, dass er es in dem Moment kapierte.
Danach wurde er wieder ernst. "Adam wird ausrasten und sie endgültig aus dem Rudel werfen lassen." Mit einer Hand fuhr er sich übers Gesicht und meinte: "Dann entschuldigst du mich. Ich muss ihm das berichten."
Entsetzt riss ich die Augen auf und fragte etwas zu laut: "Was?!" Sofort drehte ich um und eilte die Treppe hoch, während ich sagte: "Warte kurz. Ich muss davor zu Stacy, um mit ihr zu reden."
Das würde ich mir nicht nehmen lassen. Die Unterhaltung musste sein. Alleine für meinen inneren Seelenfrieden. Sie würde meine Meinung bekommen, egal ob sie wollte oder nicht.
"Selena, Adam wird das sofort wissen wollen. Bei solchen Dingen war er sehr deutlich. Und lass dich wenigstens fahren."
"Nein, danke!"
Mein Zimmer hatte ich erreicht, denn ich musste mich umziehen. Mein allgemeines Erscheinungsbild hatte einen Check nötig.
Zane hörte ich mir folgen, was ich erwartet hatte. Logischerweise gab er so schnell nicht auf.
Kaum hatte er mein Zimmer betreten, meinte er: "Es ist wesentlich angenehmer, wenn ich dich fahre. Oder willst du wie eine Verrückte in Wolfsform zu Stacy laufen?" Da hatte er natürlich einen guten Punkt. Und am Ende hatte er nette Absichten, da sollte ich keine weitere Beschwerde einreichen.
"Würdest du dann bitte im Auto warten? Ich muss das klären, ohne dass jemand reinfunkt."
Ich riss meinen Schrank auf und suchte nach einem passenden Outfit.
Die liebe Stacy durfte sich auf mich freuen.
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Undesirable
WerewolfEin Sommer konnte vieles verändern, vor allem ich konnte mich verändern. ~~~ Die 18-jährige Selena verbrachte nicht wie jedes Jahr ihre Sommerferien in ihrem Rudel sondern in einem ganz anderen Territorium. Sie fand nicht nur ihr Selbstbewusstsein...