Kapitel 48

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Am nächsten Morgen war das Aufstehen ein Kampf. Ich wollte mich unter der Decke verkriechen, um mich den ganzen Tag lang zu verstecken.

Leider musste ich in die Schule.

Dennoch hatte ich zu lange tatenlos im Bett gesessen. Dadurch fiel das Frühstück aus, wobei ich sowieso keinen Hunger hatte. Lediglich meinem Dad missfiel das, was er mir über den Mindlink mitgeteilt hatte.

Die Autofahrt mit meinen besten Freunden verbrachte ich in Stille. Ich starrte aus dem Fenster, während ich versuchte zu überlegen, wie ich Adam mied. In mir herrschte die Sorge, dass er wieder an meinem Spind auf mich warten würde. Dann hätte ich ein Problem.

Der Weg über den Schulhof fühlte sich wie eine Ewigkeit an. So manch einer wagte es dumm zu gaffen, was tief in mir leichte Aggressionen auslöste. Ich hatte wirklich genug von all dem. Mit hocherhobenem Haupt ignorierte ich die zu neugierigen Mitschüler.

Luke laberte darüber, dass seine Eltern überlegten sich einen Hund anzuschaffen. Er hatte gespaltene Gefühle darüber, denn ihm war vorab bewusst, dass man ihn genauso dazu nötigen würde, mit dem Tier spazieren zu gehen. Dabei konnte man einem Zocker nichts Schlimmeres antun.

Liz hingegen war begeistert von der Idee. Sie liebte Hunde, da war das kein Wunder. Sie roch ihre Chance mit einem Tier Zeit verbringen zu dürfen. Ihre Eltern kämen nämlich nie auf die Idee ein Haustier zu haben.

Wie üblich öffnete Luke uns die Tür. Liz war ganz aufgedreht und hatte einen Redeschwall darüber wie toll die Vierbeiner waren. Ich hielt mich ganz raus, denn sie war Feuer und Flamme für dieses Thema.

Mit jedem Schritt stieg meine Nervosität an und mein Herzschlag war längst erhöht. Für meinen Geschmack kamen wir viel zu schnell voran.

Das Ziel lag bereits in meinem Sichtfeld. Trotz der Schüler vor uns, war Adam leicht zu finden. Seine Größe vereinfachte das. Wie geahnt, lehnte er neben meinem Spind.

Mein Herzschlag drehte endgültig durch und ich fühlte mich überfordert, wie ich das überstehen sollte.

Liz versuchte sich an einer Rettungsaktion, in dem sie fragte: "Muss ich dich eigentlich jeden Morgen an Adam hergeben? Ich will dich auch mal haben." Luke korrigierte sie: "Wir wollen sie auch mal haben."

Das war lieb von ihnen, denn meine besten Freunde hatten mir einen logischen Grund gegeben, damit ich nicht alleine mit ihm sein musste. Allerdings sollte man sich der Realität stellen, egal wie beängstigend sie sein konnte.

"Nur noch heute. Ab Montagmorgen müsst ihr mich nicht mehr missen." Zumindest nahm ich mir fest vor, dass ich das irgendwie schaffte. Adam konnte unmöglich ewig an meinem Spind auf mich warten.

"Ok, wie du meinst."

Nach einer kurzen Verabschiedung war das Ziel erreicht. Den inneren Stress unterdrückte ich und sagte in einer neutralen Tonlage: "Hi Adam."

"Hey Selena."

Ich widmete mich gleich meinem Spind, um diesen zu öffnen.

Auch Adam wirkte heute ernst, eher unsicher, als er anfing: "Eigentlich wollte ich dir etwas mitbringen. Etwas wie weiße Schokolade oder weiße Tulpen. Aber dann habe ich daran gedacht, dass du sauer bist, was eine negative Emotion ist. Wenn ich dir jetzt etwas schenke, dann ist das unterbewusst negativ behaftet damit. Du liebst weiße Schokolade oder weiße Tulpen und das will ich dir nicht verderben." Ich hielt inne und meine Augen wanderten langsam zu ihm hinüber. Die Frage flog mir wie von alleine über die Lippen: "Wie viele Gedanken machst du dir bitte?"

"Einige."

Ich blinzelte ein paar Mal, denn mir mangelte es an einer vernünftigen Antwort. Das war derart süß, dass man direkt umfallen könnte. Er konnte nicht real sein.

UndesirableWo Geschichten leben. Entdecke jetzt