Kapitel 35

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VICTORIA POV

"Danke, dass ich bei euch einziehen durfte", sagte Rose traurig und setzte sich auf die Couch.

Es waren zwei Tage nach dem zwischenfall mit Mike und Cassie vergangen. Gestern hat Rose uns gefragt, ob sie vielleicht früher als geplant bei uns einziehen durfte. Ich wusste, dass es mit Bruce zutun hatte und sprach sie deshalb nicht auf das Thema an. Das musste ich eigentlich gar nicht, denn sobald wir fertig mit dem einrichten ihres Zimmers waren, fing sie an zu weinen. Ich versuchte sie so gut es ging zu trösten. Cassie machte während dessen einen Tee. Nun sassen wir hier, zusammen auf einer viel zu kleinen Couch, und heulten über unsere Probleme. Cassie, weil sie nicht wusste, was sie wollte, ich, weil ich meinen Halbbruder liebte und Rose, weil sie einen riesen Streit mit Bruce hatte. Bruce wollte ihr nicht einmal zuhören, er war so kalt und wütend, wie noch nie zuvor.

Justin war vorgestern den ganzen Abend nicht zuhause, genauso wie Fredo und Mike. Die Jungs hatten alle untereinander Streit und keiner redete ein Wort miteinander. Noch dazu ist vorgestern abend heraus gekommen, dass Jason schwul ist. Die anderen sind durchgedreht, weil er ihnen nicht davon erzählt hat.

John war zwischen die Fronten geraten und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Er beschloss einfach in seinem Zimmer zu lernen, den ganzen Tag!Jason war damit beschäftigt irendwelche Zombies an der Playstation zu töten. Im ganzen Haus war es still und alle taten so, als würden sie sich nicht einmal richtig kennen. Rose hielt das ganze nicht aus und wollte deshalb so schnell es ging raus aus dem Haus.
Sie sagte, dass sie die Jungs lange kannte. Sie stritten öfters, was keinen von uns überraschte, aber so einen Streit hatten sie nie gehabt. Es war schlimmer, als die anderen. Das wurde uns allen klar.
Ich hoffte einfach nur, dass es Justin und Fredo gut ging.

Vor mehreren Stunden hatte ich versucht Justin zu erreichen, aber sein Hand war abgeschaltet, Fredos auch.
Vielleicht brauchten sie einfach Zeit zum nachdenken.

Ungewollt kamen wir auf das Thema Justin und mich zu sprechen und Rose sprach ihre Gedanken laut aus: "Ich glaube nicht, dass ihr Geschwister seid."
"Glaubs ruhig, es ist so", erwiderte ich schniefend und trank meinen Tee, der nebenbei bemerkt sehr heiss war, auf ex. "Ihr seid euch null ähnlich. Ganz und gar nicht."
Cassie stimmte Rose kopfnickend zu und band sich ihre braun-roten Haare, die nicht einmal gekämmt waren, zusammen.
Sie hatte Augenringe und war noch bleicher als sonst im Gesicht. Ich schätze, ich sah noch schlimmer aus, da ich weder geschlafen, noch mich geschminkt oder meine Haare zurecht gemacht hatte. Ich sass in einem zerknitterten, mir zu grossen Shirt und einer viel zu grossen Jogginghose, die ganz sicher nicht meine, sondern Justins war. Jetzt ist es offiziell; ich bin zum Wrack geworden.

"Was ist eigentlich genau vorgefallen?", fragte Rose, nachdem ich meine Tasse auf den Tisch knallte.
"Mein verstorbener Dad ist aufgetaucht und plötzlich stellte sich heraus, dass Justin sein Sohn war und somit mein Halbbruder. Mehr wurde mir weder von Dad noch von Mom nicht erzählt", ich zuckte traurig mit den Schultern.
Rose hob eine Augenbraue. "Warte, deine Mom wollte dir nichts erklären?"
"Sie war total geschockt. Vielleicht war das alles zu viel für sie, um erwas zu erkären."

Es wurde still, bis Cassie das Wort ergriff. Wir redeten seit zwei Tagen nicht wirklich viel miteinander. Die Spannung zwischen uns war immer noch da.
"Ich sollte ihn mir mal ansehen."
"Und was sollte das bringen?", ab ich zischend von mir. Sofort bereute ich meinen Ton und sah sie entschuldigend an. Sie winkte ab und sprach weiter. "Ich kenne deinen Dad und er kennt mich. Verstehst du? Vielleicht... Ach ich weiss auch nicht. Ich erinnere mich nicht wirklich, ich meine, ich war gerade mal sechs, aber vielleicht kommen mir irgendwelche Erinnerungen hoch."
Daran hatte ich gar nicht gedacht. Zögernd spitzte ich nachdenklich meine Lippen. "Ich weiss nicht.. Ich meine, er ist es eigentlich ganz sicher ich.."
Rose unterbrach mich: "Also, wenn du mich fragst, dann gilt hier das alt bekannte Sprichwort 'trau niemals einem todgeglaubten Menschen'."
"Komisch, dieses Sprichwort ist mir unbekannt", Cassie runzelte die Stirn. Ich stimmte ihr zu. Rose seufzte. "Ihr wisst schon, was ich meine."

Vielleicht hatte Rose recht. Vielleicht.. Vielleicht sollte man einem todgeglaubten Menschen wirklich nicht trauen, bis man hundert prozentige Sicherheit hat.

JUSTIN POV

Ich glaubte nicht, was ich da tat, aber ich tat es wirklich. Ich sprach ausgerechnet mit Jeremy Hudson über mein grosses Problem mit Victoria. Und wo ich schon dabei war, auch von Cole.
Komischerweise überraschte es Jeremy wenig, dass Cole immer noch lebte.

"Der Wichser hat doch mehr Leben als eine Katze", knurrte er genervt.
Ich erwiderte darauf nichts und trank mein Bier. Ich war schon zwei Tage hier und ich musste zugeben, ich fand es gar nicht so schlecht. Fast schon wie Urlaub. Und Hudsons Fresse konnte ich auch schon einen Prozent mehr ertragen, als vorher.

"Wenn du mich fragst, hat Cole etwas mit der Scheisse zutun", Hudson sprach meine Gedanken laut aus. "Victoria ist fest davon überzeugt, dass Malcom...", ich konnte es nicht aussprechen. Es widerte mich an. Es konnte nicht wahr sein, dass Victoria die Tochter dieses abgefuckten Menschen war. Das konnte nicht wahr sein.

"Sie war einfach so glücklich, und überlegte nicht, ob er wirklich ihr Vater war oder nicht. Das tun Menschen, wenn etwas passiert, was sie sich so gewünscht hatten. Sie täuschen sich selber, obwohl es eigentlich klar sein sollte, dass das völliger Schwachsinn ist."
"Ach du Scheisse, du erinnerst mich an John, hör auf damit."
Jeremy grinste.

"Sie hat mir das Bild gezeigt. Darauf waren deutlich Malcom, Victoria und noch ein anderer Mann zu sehen", erklärte ich ernüchternd und trank erneut einen grossen Schluck von meinem kühlen Bier. Bildete ich mir das nur ein, oder schmeckte es besser, als das übliche Bier von Zuhause?
Es wurde still. Hudson starrte auf ein Bild auf dem irgendwelche möchtegern Künstlerischen farbkleckse abgebildet waren. "Eine frage", ich wechselte kurz das Thema. Jeremy hob fragend die Augenbraue und sah mich an. "Wie teuer war dieses Bild?", es hang mitten auf der weissen Wand im Wohnzimmer. "Das willst du nicht wissen, glaub mir. Mom wollte es umbedingt habeb", antwortete er monoton.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Er hatte recht. Ich wollte es lieber nicht wissen.

Es wurde erneut still, bis Jeremy die Stille unterbrach. "Wenn du sie ansiehst, oder wenn du an sie denkst, hast du das Gefühl, sie sei deine Schwester?"
Auf diese Frage war ich nicht vorbereitet. Ganz sicher nicht. Ich antwortete zuerst nicht, sondern dachte über diese Frage nach. Hatte ich wirklich das Gefühl, sie sei meine Schwester?
"Nein."
"Sicher?"
"Ja man, ganz sicher", brummte ich und griff instinktiv nach der Uhr, die sie mir geschenkt hatte. Ich wusste nicht, was mich dazu brachte, aber ich zog die Uhr ab. Nicht, weil ich sie nicht tragen wollte, sondern, weil ich sie einfach in meinen Händen halten wollte. Ich fühlte mich fucking kitschig dabei.

Ich drehte die Uhr so, dass ich sie von innen aus ansehen konnte. Mein Blick blieb auf etwas hängen. Es waren kleingeschriebene Buchstaben und trotzdem wusste ich, dass diese ganz sicher nicht zur Uhr gehörten. Ich kniff meine Augen zusammen, um die verbundenen Buchstaben lesen zu können.
Flüsternd las ich ihren Namen 'Victoria', den sie eingravieren lassen hat. Ungewollt lächelte ich und zog die Uhr an.

Es gab mir Mut. Es gab mir Hoffnung.

"Wenn du das Gefühl hast, dass sie nicht deine Schwester ist, dann ist das auch ganz sicher so."
"Das ist nicht so einfach", zischte ich ihn an. Er hob abwehrend seine Hände. "Denk doch mal nach, dann war ja auch Aiden in seine eigene Schwester verliebt. Das ist praktisch unmöglich."

Zum ersten mal hatte Hudson Recht. Es konnte unmöglich sein, dass Aiden sich auch in seine Schwester verliebt hatte. Nie im Leben. Das wäre doch krank!

Bad Jay 2 - The RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt