Kapitel 3:
„Die Hölle ist leer, alle Teufel sind hier."- William Shakespeare
Stühle quietschten, hier und da hörte man, wie sich manche über ihre Ergebnisse austauschten oder genervtes Seufzen. Stifte kratzten über Papier, ich vernahm das Geräusch von platzendem Kaugummi neben mir, kurz darauf stieg mir der süßliche Geruch von Bubble Gum in die Nase.
Ein ekelhaftes Sirren lenkte meine Aufmerksamkeit auf sich, die Neonröhre über mir begann zu flackern. Es war nur noch eine Frage von Minuten, bis ich in diesem stickigen Raum, der durch die knallende Vormittagssonne stark aufgeheizt war, im Dunklen saß, da durch die schweren, muffigen Vorhänge kein Tageslicht dringen konnte.
Absätze klackten in einem regelmäßigen Takt auf dem alten, verblichenen Linoliumboden.
Als könnte man hier nicht ein einziges Mal seine verdammte Ruhe haben! Nur mühsam konnte ich ein entnervtes Aufstöhnen unterdrücken. Die Frau sollte froh sein, wenn ich hier hinten ruhig meinen Zeit absaß.
Das Klacken verklang und ihr erbostes Schnauben war kaum zu überhören. Ich machte mir nicht die Mühe meinen Kopf von der Tischplatte zu heben und die Augen zu öffnen, um sie ansehen zu können. Meine Ohren vernahmen, wie sie scharf die Luft einzog, aber anstatt mir eine Predigt zu halten, dass das Verhalten, welches ich mal wieder an den Tag legte, nur noch mehr unterstrich, dass ich hier nichts zu suchen hatte, nahm sie mein Heft an sich und verschwand wieder nach vorn. Verwirrt runzelte ich die Stirn, wenn ich den Namen eines Lehrers von dieser Schule nennen müsste, der mich am meisten hasst, dann hätte ich ohne zu zögern den Namen Sabine Gräfe gesagt. Sie war das, was man sich unter einer personifizierten Kreuzberg-Verächterin auf zwei Beinen vorstellte. Diese Frau hasste mich bis aufs Mark und das nur, weil ich aus Kreuzberg komme.
Der 8. September 2009, dieser Tag zählte zu denen, die mir immer im Gedächtnis bleiben würden, da war ich mir sicher.
Ich war 12 Jahre alt, durch den Einsatz meiner Oma wurde mir ermöglicht die Hermann-Hesse-Gesamtschule am Rande von Berlin-Mitte zu besuchen. Dort hatte ich die Möglichkeit ein gutes Abitur zu machen und meine Höchstbegabung sollte hier ideal gefördert werden, zumindest wurde das behauptet.
Meine schwarzen Haare hatte ich zu einem Zopf geflochten. Mit meiner Brille auf der Nase, dem abgelederten Ranzen auf den Schultern, einem unsicheren, fast ängstlichen Lächeln auf den Lippen und einem Zettel in der Hand, der für mich dem Heiligen Grahl gleichkam, hatte ich an die Tür des Direktors geklopft. Nachdem ich hereingebeten wurde, war ich schüchtern vor den großen Schreibtisch getreten, der sich in der Mitte des Raumes befunden hatte. Ein alter Greis saß mir gegenüber und schielte mich über die Ränder seiner Brille hinweg an, neben ihm stand eine Frau, die mich missbilligend musterte. „Wie kann ich dir helfen?", der ältere Mann sah mich an, er schien nicht besonders erfreut über meinen Besuch. „Mein Name ist Amalia Lehmann.", antwortete ich höflich. „Ah die neue Schülerin aus Kreuzberg.", stellte er fest.
Ein relativ lauter Knall riss mich aus meinen Erinnerungen und ließ mich zusammenzucken, erschrocken riss ich die Augen auf und fuhr hoch, mein Rücken schmerzte. Vergessen waren die Gedanken an meinen ersten Schultag, verwirrt blickte ich zu Zack. Ein belustigtes Grinsen stahl sich auf sein Gesicht und er deutete mit einem Finger in Richtung der Decke, erst dann Begriff ich, dass es im Raum und vor allem bei uns in der letzten Reihe beträchtlich dunkler geworden war. Ich hatte es doch gewusst! Die Neonröhre hatte sich ins Jenseits verabschiedet.
Jetzt, wo ich einmal nicht den Kopf auf der Bank liegen hatte, ließ ich meinen Blick durch die Klasse schweifen. Alle hatten sich mit konzentrierten Mienen über ihre Bücher gebeugt, um die uns aufgegebenen Aufgaben zu lösen, die ich schon vor einer guten halben Stunde beendet hatte. Nebenbei wurde getuschelt, über Dinge die manchmal mehr und manchmal weniger mit Mathematik zu tun hatten. Zack hatte sich nach vorn über den Tisch gebeugt und redete mit Nikkie und Em über das Video, was wir heute Nachmittag noch aufnehmen mussten.
Mein Blick glitt weiter durch die Reihen bis zum Lehrertisch. Ein stechender Blick aus grauen Augen begegnete mir. Hatte sie mich die ganze Zeit beobachtet? Skeptisch sah ich sie an, meine rechte Augenbraue leicht nach oben gezogen. Es erfüllte mich mit ein wenig Stolz, dass ich diese Geste beherrschte, allerdings hatte ich auch Wochen unter der Anleitung von Zack vor dem Spiegel geübt.
Immer noch ruhten unsere Blicke aufeinander, sie hielt mir ein Stück weiße Kreide entgegen und deutete mit der Hand zur Tafel.
Zugegeben ihr Verhalten machte mich misstrauisch, der ganze Tag verlief seltsam. Erst das Frühstück bei den Spackies, bei dem Steve immer wieder Andeutungen gemacht hatte, die ich nicht so recht deuten konnte und jetzt das hier. Beunruhigt presste ich meine Lippen aufeinander, für mich waren solche Arten von Veränderungen schon immer Vorboten von schlechten Zeiten gewesen und die konnte ich im Moment so gar nicht gebrauchen.
Wenn ich ehrlich bin, wusste ich so gar nicht, wie ich mit der Situation umgehen sollte. War es eine Provokation, eine nett gemeinte Geste?
Ich schluckte, angelte mit einem Arm nach meiner Tasche und stopfte dort mein Hausaufgabenheft und mein Federmäppchen hinein und schulterte sie anschließend, dann schob ich meinen Stuhl ordentlich an den Tisch und meinte leise an Zack gewandt: „Ich schneide paar Videos.", etwas verdutzt sah er mich an, nickte dann aber.
Erhobenen Hauptes stolzierte ich nach vorn, sicher lagen die Blicke meiner Mitschüler jetzt auf mir, überrascht musterte meine Lehrerin mich.
Ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen, ging ich an ihr vorbei, schnappte mein Heft und verließ den Klassenraum.
Eins hatte ich gelernt, Menschen können sich nicht ändern. Frau Gräfe würde mich bis an mein Lebensende schikanieren, aber ich dachte nicht mal im Traum daran, das zuzulassen.
Die blitzblank gewischten Fliesen im Foyer des Mediakraft-Büros spiegelten meine Silhouette. Mit dem Schneiden der Videos würde ich heute wenigstens noch etwas ansatzweise Produktives vollbringen. Ich musste nur hinten in das kleine Büro, welches hier von vielen als Raum zum Schneiden der Videos genutzt wurde, da er nicht an der Straße lag und man hier seinen Ruhe hatte. Allerdings hatte ich da meine Rechnung ohne Frodo gemacht, der mich einfach am Handgelenk packte und hinter sich herzog und meine Einwände gekonnt ignorierte. „Könntest du mir bitte erklären, was genau das hier werden soll?", beschwerte ich mich, als er mich in den großen Gemeinschaftsraum schleifte, in dem sich die halbe YouTuber Szene von Berlin tummelte. „Flo!", schrie er laut durch den Raum und wenig später sah ich einen gutaussehenden, dunkelhaarigen, jungen Mann mit Cap auf uns zu kommen. Er grinste mich nett an und mir blieb eigentlich gar nichts anderes übrig, als zurückzulächeln, während es in meinem Kopf arbeitete. Woher kam er mir denn bitte so bekannt vor? Er streckte mir seine Hand entgegen und ich ergriff sie ohne zu zögern. „Hi, ich bin Floid.", stellte er sich vor und da machte es in meinem Kopf Klick.
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Mich beschleicht das Gefühl, das unsere Lehrer auf die tolle Idee gekommen sind, die Hausaufgaben, die wir in den letzten Jahren "zu wenig" aufhatten, in diesem Jahr nachzuholen. -.-
Ich hoffe, ihr habt euer Wochenende nicht mit Hausaufgaben machen und lernen verbringen müssen.
LG
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If you're going through hell, keep going (LeFloid FF)
Fanfiction(LeFloid x OC) Ein geschickt gesponnenes Netz aus Lügen, eine gehörige Portion Sarkasmus, sowie eine Prise Selbstironie und eine effektive Verdrängungstaktik mehr braucht Mel nicht, das selbsternannte menschliche Komplettfiasko, um sich still und l...