Kapitel 17:
„Wenn alle Leute nur dann redeten, wenn sie etwas zu sagen haben, würden die Menschen sehr bald den Gebrauch der Sprache verlieren." - William Shakespeare
Konzentriert lauschte ich dem regelmäßigen Wechsel der „Pitsch -" und „Plopp"-geräusche, die der Sommerregen verursachte. Seit einigen Minuten konnte man auch ein leises Heulen des Windes hören, das ein heranziehendes Hitzegewitter ankündigte. Im Stillen hoffte ich auf die eigentlich seit Donnerstag vorhergesagte kleine Abkühlung. Noch am Dienstag hatte ich mich irgendwie über das schöne Wetter gefreut, obwohl ich nicht gerade ein Sonnensuchti sondern eher eine Regenliebhaberin war. Regen brachte einen wenigstens nicht um, zumindest tat er das normalerweise nicht. Die häufigste Krebsart in Deutschland war der sogenannte helle Hautkrebs und in 0,7% aller Fälle verlief der tödlich. Das mochte sich im ersten Moment vielleicht wenig anhören, man sprach aber immerhin von 1400 Menschen und das nur bei den jährlichen Neuerkrankungen. Nachweislich entstand der helle Hautkrebs durch die gefährliche UV- Strahlung und die war im Sonnenlicht enthalten. Durch Regen holte man sich eventuell eine Lungenentzündung, die zum Tod führen konnte, diese bekam man aber nicht nachweislich nur durch Regen. Zugeben musste wohl oder übel auch ich, dass es um einiges angenehmer war, draußen zu drehen und zu boarden, wenn die Sonne vom Himmel lachte. Trotz dieser Tatsachen und dem positiven Nebeneffekt, dass alle Menschen zur besseren Laune neigten, wenn die Sonne schien, vier Tage unerträgliche Hitze mit 28° C im Schatten waren einfach unerträglich. Okay für die Pfosten, die an Hautkrebs draufgehen wollten vielleicht nicht. Mich hingegen konnte man fast schon als Vampir bezeichnen, was jetzt nicht bedeutete, dass ich in der Sonne glitzerte wie Edward der Spanner. Ich gehörte zu der Gruppe von Menschen, die am Anfang der Sommerferien brauner gebrannt waren als an deren Ende.
Zufrieden bemerkte ich, wie ich langsam, durch die trommelnden Regengeräusche eingelullt, anfing wegzudämmern. Eigentlich wollte ich schon seit zwei Stunden selig wie ein Baby schlafen, müde genug war ich durch den Schlafentzug letzte Nacht auf jeden Fall. Die Spackies, Jako und Florian hatten es aber erfolgreich geschafft, meinen Plan zu vereiteln. Emelie hatte es mithilfe ihrer „genialen" Idee, die Lose einfach wegzuschmeißen, zwar bewerkstelligt, dass ich nicht neben Florian schlafen musste, allerdings änderte das auch nicht wirklich was an den unangenehmen Umständen. Glücklicherweise hatte es dank der späten Stunde niemanden mehr interessiert, wo die Lose abgeblieben waren. Was passieren würde, sollte jemand die Lose im Mülleimer finden, wollte ich mir lieber gar nicht erst ausmalen. Flo lag außerdem nicht einmal drei Meter entfernt von mir und das war mir definitiv noch zu nah. Wobei selbst die Gesamtlänge der Route 66 als Distanz zwischen ihm und mir für mich noch zu gering wäre. Wie zum Teufel kam ich jetzt eigentlich auf diesen absurden Vergleich? Um ehrlich zu sein, wusste ich die Gesamtlänge der Route 66 nicht einmal. Wieder so eine Bildungslücke, die ich mittels Google füllen sollte.
Als wäre ich durch die Sache mit Flo nicht schon genug gestraft, hatten Rick, Jako und Steven nichts Besseres zu tun, als sich lauthals dumme Kommentare an den Kopf zu werfen. Dem Anschein nach waren die drei jetzt aber auch endlich weg gepennt, denn seit einiger Zeit herrschte wirklich Ruhe. Ein kleines Gähnen entwich mir und schläfrig kuschelte ich mich in meine dünne Decke.
„Meine Fresse Steve, hör endlich auf mich zu begrapschen!", regte sich Rick auf. Zu früh gefreut, würde ich mal sagen. Augenblicklich stellten sich mir die Nackenhärchen auf, ehrlich ich könnte heulen. War es ernsthaft zu viel verlangt, einfach schlafen zu wollen? „Bist du behindert?! Ich grapsche dich nicht an Alter!", keifte Steve zurück. So viel zum Thema weg gepennt. „Stimmt du füßelst die ganze Zeit mit mir!", murrte dann auch die schlaftrunkene Stimme von Jako und alles war beim Alten. Diese Diskussion führten die drei jetzt schon zum gefühlt hundertsten Mal, auch wenn ich davon ausgegangen war, dass wir diese Sache vor etwa einer dreiviertel Stunde geklärt hatten. „Wenn ihr eure Orgie nicht gleich in den Griff kriegt, pennt ihr auf dem Boden! Da könnt ihr so viel fummeln, wie ihr wollt", knurrte ich übermüdet. „Oh oh, da hat aber jemand miese Laune. Naja ist auch irgendwie verständlich, deinen Augenringen zu urteilen, muss deine letzte Nacht ziemlich kurz gewesen sein.", mutmaßte Rick, sein anzügliches Grinsen konnte ich mir lebhaft vorstellen. „Hast du Flo eigentlich gestern noch getroffen?", erklang Frodos neckende Stimme. Das konnte ja heiter werden. Ich hatte mich schon gefragt, wann die ersten dummen Sprüche bezüglich meiner Augenringe kamen, aber mussten sie unbedingt Floid da mitreinziehen? Wenigstens schlief Em neben mir schon tief und fest, ihre Reaktion auf das Gespräch hier blieb mir also Gott sei Dank erspart. „Was, Melli und Floid haben was miteinander?", eine gewisse Fassungslosigkeit schwang in Nikkies Stimme mit. Okay mir war nicht mehr zum Heulen zu Mute, in mir machte sich das dringende Bedürfnis breit, aus dem Fenster zu springen. „Kann sein, die beiden haben sich gestern in der Nacht noch getroffen.", meinte Jako und klang viel wacher. „Krass.", war das Einzige, was Steve dazu zu sagen hatte, während ich mich fragte, was zur Hölle hier abging. Wer war auf die behinderte Idee gekommen, dass ich und Florian etwas miteinander hatten? „Erzähl mal Floid, wie war's so?", erklang wieder Frodos Stimme. Vergesst das mit dem Fenster, ich renne raus und schmeiß mich vor das nächste Auto, aber vorher drehe ich Frodo den Hals um! „Jungs es reicht! Haltet die Klappen und versucht zu schlafen.", Flo klang auch nicht gerade begeistert von dem Gesprächsthema. „Ich würde ja gerne schlafen, wenn Steve sich mal benehmen würde.", erwiderte Rick und ich konnte deutlich hören, dass Steven nach Luft schnappte und zu einer beleidigten Antwort ansetzen wollte. „Dann tauschen wir eben Plätze.", bei seinen Worten stand er auf und scheuchte Rick mit hoch. „Aber ich will nicht neben Frodo pennen, der schnarcht immer so.", protestierte Rick. Flo seufzte und scheuchte schließlich auch noch den Rest der Jungs, die noch wach waren, vom Sofa. So ein Drama gab es beim Auslosen doch auch nie!
Ich hatte es gewusst, ganz tief in meinem Inneren hatte ich gewusst, dass genau dieser Fall eintreten würde. Nach der Bäumchen wechsle dich Aktion war Ruhe eingekehrt. An schlafen dachte trotzdem keiner der Jungs, sie warteten auf einen Kommentar von mir und allgemein darauf, was passieren würde. Warum hatte ich heute Morgen nicht auf mein zuverlässiges Bauchgefühl gehört und war einfach zuhause geblieben? „Dass zwischen euch nichts läuft, glaub ick dir jetzt noch weniger.", lachte Frodo vom anderen Ende der Couch. Durch seine Worte verspannte sich mein Körper noch etwas mehr. Diese Strafe hatte ich echt nicht verdient. „Maul Frodse.", war Florians Antwort, die ich mehr als deutlich neben mir vernahm.
Vorsichtig lugte ich nach einer Weile durch meine halb geschlossenen Augenlider zu der Person, die nun neben mir lag. Im Gegensatz zu mir, lag Flo auf seinem Rücken, anscheinend hatte er die Augen geschlossen. Leise Basstöne kamen aus seiner Richtung, er hörte vermutlich Musik zum Einschlafen. Seine dünne Decke reichte ihm bis zur Hüfte und entblößte seinen nackten Oberkörper. Plötzlich überkam mich der Drang, meine Hand auszustrecken und mit meinen Fingern über seine Brust zu streichen. Seine kühle, weiche Haut unter meinen Fingern zu spüren...waren solche Gedanken eigentlich noch normal? Wie die anderen Jungs hatte er auf ein T-Shirt verzichtet, da die Hitze auch hier sonst unerträglich war. Erschöpft schloss ich meine Augen wieder, die Sache mit dem Schlaf hatte sich endgültig erledigt.
Bis jetzt hatte das mit dem Ruhen ganz gut geklappt....bis jetzt. Gequält öffnete ich meine Augen, die ich erst seit fünf Minuten geschlossen hatte, so fühlte es sich zumindest an. Mein nächstes, persönliches Mordopfer hatte sich anscheinend auf den Rücken gedreht, denn Frodos Schnarchen zerstörte die angenehme Ruhe. Beim Halsumdrehen würde es nicht bleiben, so viel stand fest. „Manchmal frage ich mich, wie Vanessa es mit ihm aushält.", ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut und zuckte erschrocken zusammen. Hoffentlich kollabiert mein Herz nicht, obwohl dann hatte ich meine Ruhe vor Frodo. „Hab ick dich erschreckt?", ein belustigter Unterton schwang in Florians Stimme mit. Wenn du wüsstest, erschreckt war hierfür gar kein Ausdruck mehr. „Redest du jetzt nicht mehr mit mir?", nun drehte er sich vollends zu mir, damit er mich genau ansehen konnte. „Nein...ich meine ja..ach keine Ahnung.", antwortete ich verpeilt und runzelte wegen meiner Stammelei die Stirn, was ihn zum Lachen brachte. „Was denn jetzt?", hakte er nochmals nach, wohl um mich zu ärgern. Ich wollte gerade zu einer Antwort ansetzten, als wieder ein lautes Schnarchen von Frodo den Raum erfüllte. Wie schafften es die Anderen, bei dem Lärm zu schlafen? „Vanessa verdient eine Auszeichnung dafür, dass sie ihn schon so lange erträgt.", meinte ich dann. Ein Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, was ich unwillkürlich erwiderte.
„Erzähl was von dir.", forderte er dann nach einer ganzen Weile des Schweigens. „Wieso soll ich etwas von mir erzählen.", kam die Gegenfrage prompt von mir. „Weil du schon alles über mich weißt.", schmunzelte er. Gott die Aussage im Park war so schrecklich peinlich gewesen, musste er sich wirklich solche Dinge merken? „Sag das nicht so, das klingt, als würde ich dich stalken.", meinte ich und merkte schon wieder, wie mir das Blut in die Wangen stieg. Ein leises Lachen drang aus seiner Kehle. „Tust du das denn nicht?", er amüsierte sich köstlich über mich. „Dann wäre ich eine ziemlich schlechte Stalkerin.", erwiderte ich mit leiser Stimme. „Ach und wieso?", fragte er und automatisch zog sich seine linke Augenbraue nach oben. „Weil ich nicht weiß, wo du wohnst.", erläuterte ich. „Stimmt, du wärst wirklich miserabel als Stalkerin.", er bemühte sich offensichtlich, nicht in lautes Gelächter auszubrechen und so die Bande wieder aufzuwecken. „So und jetzt erzähl endlich etwas von dir!", kam er zu seiner ursprünglichen Forderung zurück. „Aber irgendetwas, was man normalerweise nicht erzählt, wenn man so etwas gefragt wird.", hing er noch dran, bevor er mich abwartend ansah. Nicht normal war an mir ja so Einiges.
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If you're going through hell, keep going (LeFloid FF)
Fanfic(LeFloid x OC) Ein geschickt gesponnenes Netz aus Lügen, eine gehörige Portion Sarkasmus, sowie eine Prise Selbstironie und eine effektive Verdrängungstaktik mehr braucht Mel nicht, das selbsternannte menschliche Komplettfiasko, um sich still und l...