Kapitel 8
„Wer ist so fest, den nichts verführen kann?"- William Shakespeare
Das Gespräch mit meiner Oma hatte eigentlich genau das Gegenteil bewirkt, was ich erhofft hatte. Ich war nur noch verwirrter und das Chaos in meinem Kopf hatte sich nicht einmal gelegt, als ich angefangen hatte, meiner Oma aus Shakespeares „Sommernachtstraum" vorzulesen. Fast bei jedem Wort verhaspelte ich mich, weil ich mit den Gedanken ganz weit weg war. Schließlich hatte meine Omi gemeint, sie hätte sich wie immer sehr über meinen Besuch gefreut, aber ich solle mir ein ruhiges Plätzchen suchen und mir alles nochmal durch den Kopf gehen lassen.
Seufzend hatte ich mich von ihr verabschiedet und den Heimweg angetreten.
Mein vorläufiger Plan bestand darin, mir irgendwo einen Tee zu besorgen, was bei diesen Temperaturen gar nicht so leicht war und mich dann irgendwo im Stadtpark niederzulassen, vielleicht würde ich heute Abend nochmal im Mediakraftbüro vorbeischauen. Eigentlich wollte ich mich am liebsten in die nächste Ecke verkriechen und eine Runde schlafen, aber ratsam war es nicht gerade, diesen Wunsch in die Tat umzusetzen. Zu dieser Jahreszeit waren die Taschendiebe und die, die es werden wollten, überall und wie sagt man doch so schön: „Gelegenheit macht Diebe."
Völlig in meinen eigenen Gedanken versunken, bemerkte ich nicht, dass ich geradewegs in jemanden hineinlief und so kam es, wie es kommen musste. Irgend so ein dahergelaufener „Hipster" mit Longboard fuhr in mich rein und beinahe hätte ich mit dem Boden Bekanntschaft gemacht. Aber nur beinahe, denn der „Hipster" bewahrte mich vor dem Fallen, indem er mich geistesgegenwärtig an der Hüfte packte und mich auf die Füße zog.
Ich kochte innerlich und genau das zeigte ich meinem „Retter" auch. „Wenn ihr Longboard-Hipster zu blöd zum Boarden seit, solltet ihr es lassen.", fauchte ich und zupfte mein Shirt zurecht, bevor ich dem Typen ins Gesicht sah. Wahrscheinlich hatte ich ganz schön dumm aus der Wäsche geguckt, denn ich war mit niemand anderem zusammengestoßen als Flo. Die Situation hatte etwas von einem schlechten, amerikanischen Teeniefilm. So einer, der an Feiertagen immer auf ProSieben lief und ich wäre gern im Boden versunken. Scheiße war das peinlich! Was genau daran so peinlich war, wusste ich selbst nicht, aber es war einfach so und das machte es irgendwie nur noch schlimmer! Natürlich hatte ich ihn dumm angemacht, vielen Leuten wäre sowas peinlich gewesen, aber mir war das immer relativ schnuppe, was die Leute in solchen Situationen von mir dachten, ob ich sie nun kannte oder nicht.
„Longbord-Hipster?", wiederholte er grinsend mein Schimpfwort, was ich ihm an den Kopf geworfen hatte. Unsanft löste ich mich aus seinem Griff, drehte mich um und ließ ihn einfach stehen und ignorierte ihn. Allerdings hatte ich meine Rechnung da ohne den lieben LeFloid gemacht.
Schon kurze Zeit später überholte Flo mich und zwang mich so, stehen zu bleiben. „Was?!", meinte ich bissig, ich wollte einfach nur meine Ruhe, vor allem aber Ruhe vor ihm. „Willst du mir sagen, was los ist? Reden kann helfen.", sagte er und sah mir in die Augen. Na toll, das hatte mir gerade noch gefehlt, jetzt lebte er auch noch seinen Hobbypsychologen aus. „Nein!", antwortete ich im selben Tonfall wie zuvor und wollte schon wieder weitergehen, als er mich an meinem Handgelenk packte und mich zu sich zog und umarmte. Gezwungenermaßen erwiderte ich die Umarmung, wenn auch nur halbherzig. „Hast du noch was vor?" „Nein.", meinte ich einsilbig. „Gut! Dann machen wir jetzt etwas zusammen.", beschloss er. „Ist das dein Ernst?", wollte ich wissen, sein Verhalten verwirrte mich. „Jap, der Longbord-Hipster zeigt dir jetzt seinen Lieblings Platz im Stadtpark!". Skeptisch zog ich eine Augenbraue in die Höhe, was ihn zum Lachen brachte. „Ich bin sogar so nett und nehm mein Board in die Hand.", sagte er und legt einen Arm um mich. „Super!", meinte ich sarkastisch. „Ach Melli, es ist so schönes Wetter! Strahl ein bisschen positives Karma aus!" Letztendlich steckte er mich mit seinem Grinsen an. Wie schaffte dieser Kerl das bloß?
„Sorry.", durchbrach ich das Schweigen zwischen uns. „Das ist doch nicht so schlimm. Ick hab och mal 'n schlechten Tach.", antwortete er. Erst jetzt fiel mir auf, was für einen starken Berliner Dialekt er doch hatte. Obwohl ich hier geboren war, vermied ich es kleinlichst zu berlinern, es „rutschte" mir nur hin und wieder mal raus. „Trotzdem muss ich meine Launen nicht an dir auslassen.", nahm ich das Gespräch wieder auf, „Schließlich kennen wir uns auch kaum, da hab ich erst recht kein Recht dazu.", hing ich noch daran. Flo schüttelte seinen Kopf: „Mensch Melli mach dir nicht so 'n Kopp! Ist doch alles jut!", widersprach er und ich sagte nichts mehr. Noch immer hatte er seinen Arm um meine Hüfte gelegt, während ich meine beiden Hände in den Taschen meiner Hotpants vergraben hatte. Es fühlte sich gut an und das brachte mich wieder durcheinander. Was zum Teufel war los mit mir? Ich hab genug Probleme zu lösen, da bleibt keine Zeit, mich zu verlieben! Als ich realisierte, was ich gerade gedacht hatte, wurde ich erst blass und dann rot. Hoffentlich hatte Floid das nicht bemerkt!
„Wir müssen dort vorn noch um die Ecke, dann sind wir gleich da.", informierte er mich. Ich musterte ihn von der Seite und mir fiel seine Umhängetasche auf. „Du kamst aus der Uni oder?", fragte ich, um wieder ein Gespräch in Gange zu bringen. „Woher...ach ja die Tasche! Ja ich war in der Uni, die letzte Vorlesung ist ausgefallen, eigentlich würde ick jetzt noch im Hörsaal sitzen.", erklärte er und grinste mich an. „Müsstest du nicht eigentlich in der Schule sein?", wollte er wissen. „Mittwoch hab ich immer nur bis eins.", erklärte ich, heute war ich sogar mal zur ersten Stunde da, zwar nur noch für knappe zehn Minuten, aber ich war da!
„Wir sind da.", er ließ sein Longboard und seine Tasche auf den Rasen fallen und sah mich abwartend an. Ich drehte mich einmal im Kreis, um meine Umgebung zu betrachten, ich konnte verstehen, weshalb es sein Lieblingsplatz war. Die kleine Wiese war sehr schattig aufgrund der angrenzenden Laubbäume, was sehr nützlich sein konnte an so heißen Tagen wie heute. Außerdem konnte man von unserem Standpunkt aus einen Teil des Sees sehen, welcher durch die hohe Sonneneinstrahlung sehr stark glitzerte.
Lächelnd drehte ich mich zu ihm. „Danke.", meinte ich. „Für?", fragend sah er mich an. „Dafür, dass du mir diesen wunderschönen Platz gezeigt hast.", ich setzte mich auf den warmen Rasen, Flo tat es mir gleich, nur schwer konnte ich mein Gähnen unterdrücken. „Da scheint jemand ziemlich müde zu sein.", belustigt sah er zu mir. Energisch schüttelte ich meinen Kopf, allerdings war das eher weniger überzeugend, da ich schon wieder Gähnen musste. „Wenn du magst, kannst du mich auch als Kissen missbrauchen.", bot er an. Zögernd sah ich ihn an, ich wusste nicht, ob es klug war sein Angebot anzunehmen. Mit nach oben gezogenen Augenbrauen schaute er mich abwartend an, aus diesen fast schwarzen Augen, die mich irgendwie fesselten.
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If you're going through hell, keep going (LeFloid FF)
Fanfic(LeFloid x OC) Ein geschickt gesponnenes Netz aus Lügen, eine gehörige Portion Sarkasmus, sowie eine Prise Selbstironie und eine effektive Verdrängungstaktik mehr braucht Mel nicht, das selbsternannte menschliche Komplettfiasko, um sich still und l...