Murphys Gesetz

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Kapitel 30:

„Wenn die Leiden kommen, so kommen sie wie einzelne Späher nicht, nein, in Geschwadern." - William Shakespeare

Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.", das sagte zumindest vor gefühlt hunderttausend Jahren irgendwo im Nirgendwo Captain Murphy. Okay eigentlich waren es 'nur' 65 Jahre und dieser Dude wusste ganz offensichtlich was abging. Tatsächlich konnte Murphys Gesetz sogar wissenschaftlich belegt werden und es war ganz nebenbei auch noch allem Anschein nach universell auf mein gesamtes, bisheriges Leben anwendbar.

Ja, dieser Captain Murphy muss wohl auch einen ähnlichen Weitblick wie George Orwell besessen haben, quasi ein absolutes Ultra-Genius.

Das Nutellabrot landete immer auf der beschmierten Seite, die Option von jemandem beobachtet zu werden, stieg zweifellos proportional zu dem Maß an Dummheit der, von mir ausgeführten, Handlung, was ich gestern noch vom mühsam Ersparten gekauft hatte, war am nächsten Tag im Sonderangebot.

Und jedes verfluchte, beschissene Mal, wenn ich irrtümlicherweise felsenfest überzeugt annahm, dass alles soweit ganz gut verlaufen war, hatte ich unter Garantie einfach nur etwas übersehen. Nur was zum Teufel hatte ich denn übersehen? Was hatte mein derzeit krepierender Denkapparat denn fälschlich für Nonsens gehalten und ohne mein bewusstes Zutun rausgefiltert, was unweigerlich zur Folge gehabt hatte, dass Flo mir weggelaufen war? Das fast Schlimmste an der ganzen Misere war allerdings die nicht zu leugnende Tatsache, dass es sich bei der Bezeichnung 'weggelaufen' dieses eine Mal keineswegs um eine Überdramatisierung des Geschehenen handelte. Betrachten wir zum Beweis dieser Behauptung noch einmal rückblickend die uns gegebenen Fakten:

1. Floid war gerannt.

2. Er war gerannt, ohne mich nochmal anzuschauen

3. Die Straße hinunter, ganz weit weg von mir

Implizierte das nicht laut Duden den Begriff 'weglaufen'?

Schlecht gelaunt nippte ich an meinem, inzwischen kalt gewordenen, Kaffee und versuchte den kontinuierlich ansteigenden Lärmpegel in der Aula zu ignorieren. Soweit dies eben noch im Bereich des Möglichen lag. Momentan hatte ich wirklich nicht schlecht Lust, in meinen Kaffee zu kotzen, genug Gründe hatte ich ja.

Wenn ich irgendwann noch einmal, während einer höchst aufschlussreichen Selbstreflexion unter der Dusche, auf die unheimlich dämliche Idee kommen sollte, meine Beweggründe, dieses Drecksgebäude außerhalb der Unterrichtszeiten kleinlichst zu meiden, in Zweifel zu ziehen, bestätige ich hiermit, mich postwendend dafür anzuzünden und dieses Höllenloch hier gleich mit in Brand zu stecken.

Jetzt mal ganz im Ernst, die akute Gefahr, dass das Trommelfell jeden Moment ein schwerwiegendes Trauma davontragen könnte, war wirklich nicht zu unterschätzen. Wobei man die, von mir verwendete, Formulierung im Konjunktiv getrost ohne den Hauch eines schlechten Gewissens aus dem nächsten Fenster schmeißen konnte, da ich mittlerweile sicher war, die Schule heute nicht zu verlassen, bevor ich nicht wenigstens an Tinnitus litt. „Du siehst aus, als würdest du das kleine Kind da drüben in absehbarer Zeit mit deinem Stuhl verprügeln." Zacks Gesicht tauchte unmittelbar vor meinem auf und ich spielte kurz mit dem Gedanken, ihm eine kräftige Kopfnuss zu geben, ließ es aber doch lieber bleiben. Bei meinem Glück wäre mir ansonsten der Kaffee auf der Hose gelandet. Um genau zu sein, war das Eintreten dieses Ereignisses in etwa so sicher, wie die Tatsache, dass die Erde sich um die Sonne drehte.

Ohne die unehrenhafte Absicht zu verfolgen, mit einer geschickten, bildlich gesprochenen Wortwahl eine dramatisierende Wirkung zu erzielen und damit fleißig Mitleid von mir selbst zu erhaschen, kam ich beim besten Willen nicht drumherum, die zur Schau gestellte 'Gesichtsentgleisung' als 'regenbogenkotzend' zu beschreiben.

If you're going through hell, keep going (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt