Reden ist Silber, Schweigen ist Gold

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Kapitel 34:

„Gib den Gedanken, die du hegst, nicht Zunge, noch einem ungebührlichen die Tat" - William Shakespeare

„Jetzt lass' dir doch nicht alles aus der Nase ziehen Mel!", kam es vorwurfsvoll vom anderen Ende der Leitung. „Du hast mir bereist alles aus der Nase gezogen, was ging.", erwiderte ich trocken, was zu einem Ausbruch wütenden Gezeters seitens Emelie führte. Ich hatte sowieso wortwörtlich alle Hände voll zu tun, niemanden mit meinem Kaffee zu taufen und Ems ärgerliche Stimme, die darauf abzielte mir ein schlechtes Gewissen einzureden, aber bloß einen Lachanfall auslöste, vereinfachte das Ganze keineswegs. „Vergiss' nicht zu atmen Em.", warf ich in ihre Schimpftirade gegen meine Person ein und musste mit einem Augenverdrehen registrieren, dass ich von meinem aktuellen Standpunkt aus bereits das Schulgebäude sehen konnte. „Du willst mir doch nicht etwa im Ernst erzählen, dass du die Veröffentlichung eurer Beziehung in zwei Sätzen abfrühstückst und dann auch noch glaubst, ich, nebenbei bemerkt deine beste Freundin, gebe mich damit zufrieden!", traf ein neuer Schwall puren Ärgers mein, immer noch angeschlagenes, Trommelfell und ließ mich fast schon ein bisschen genervt erneut die Augen verdrehen. „Also derzeit glaube ich eigentlich eher, dass du bald obdachlos in Houston hockst, wenn du so weiter brüllst meine Liebe." Bei dem frustrierten und ebenfalls angenervten Aufseufzen, das nun zu hören war, musste ich unwillkürlich Grinsen. Jede Wette verdrehte sie auch gerade ihre Augen und würde mir, für mein freches Grinsen, postwendend an die Gurgel springen. Em war definitiv zu weit weg und die Zeitverschiebung ging uns beiden unerträglich auf den Keks. „Oh, ich weiß ganz genau, wie du jetzt grinst Amalia Julia Lehmann!", wurde ich auch schon zusammen gekoffert, was das Grinsen im Endeffekt nur noch breiter werden ließ. „Vermutlich kommst du noch in den Knast für mehrmalige Ruhestörung und Erregung öffentlichen Ärgernisses.", provozierte ich munter weiter. Alles, was von Em als Antwort kam, war ein nicht zur Gänze identifizierbarer Laut des Missfallens. Ja, sie war stinksauer auf mich. „Du musst die Sache aber auch nicht gleich so überdramatisieren, das ist nämlich meine Kernkompetenz hier. Bis jetzt weiß es nur ein Bruchteil des Berliner Clusters und es befindet sich weder in den Twitter-Trends noch auf dem neusten Cover der Bravo."

„Wenn ihr es damit tatsächlich auf das Bravocover schaffen solltet, kaufst du die beschissene Zeitschrift, verstanden? Das ist das Mindestmaß an Entschädigung!"

„Geht klar Chefin."

„Und wehe dir, du gibst denen ein Interview und die wissen am Ende mehr als ich!"

„Bevor ich der Bravo ein Interview gebe, verbringe ich lieber freiwillig meine Freizeit mit dem Transformator!", mein Gesicht verzog sich automatisch, was zugegeben weniger an diesem Gedankengang lag, sondern vielmehr der Tatsache geschuldet war, dass ich mich mittlerweile auf dem Schulhof unmittelbar vor der gläsernen Eingangstür befand. Meh. „Vielleicht gibt es dann ein fettes Poster von euch!", Em klatschte euphorisch in die Hände. Klar, ich als neuer C-Promi zwischen One Direction und Justin Bieber in den Teeniezimmern Deutschlands, das war ungefähr so sinnvoll und notwendig wie Bibis Duschschaum.

„Und du bist dir sicher, dass du mir nicht doch noch irgendetwas erzählen willst?", hakte Em ein finales Mal nach.

Nachdem Steven mir ein vorübergehendes Gehörtraumata verpasst hatte und somit nun wirklich sämtliche Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich beziehungsweise uns gezogen hatte, war ein fluchender Gimli plötzlich uninteressant geworden. Wir wurden angestarrt von einer sensationsgierigen Menge, die ich bis dato nur mit Bildreportern in Verbindung gebracht hatte. Shakespeare hätte es vielleicht als Gossipgeilheit umschrieben.

Wie selbstverständlich hatte Floid unsere Finger sichtbar miteinander verschränkt und erklärt, dass wir seit Anfang der Woche ein Paar waren. Dabei hatte er mir die ganze Zeit über ruhig in die Augen gesehen. Verblüffender weise war ich irgendwie, wenn auch mit erheblicher Zeitversetzung, dazu imstande gewesen, ein bestätigendes Nicken hervorzubringen und in die Runde zu lächeln. Eine allgemeine Welle von Glückwünschen, Schulterklopfen und Umarmungen brach daraufhin aus. Flo durfte sich ein paar lieb gemeinte, blöde Sprüche der Jungs anhören, Zack und Nikkie erdrückten mich fast, während sie meine Haare lachend verunstalteten. Das war es dann auch schon. Mehr nicht. Schluss. Aus. Finite. Ende der Geschichte.

If you're going through hell, keep going (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt