Was getan ist, ist getan

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Kapitel 18:

Auf Dinge, die nicht mehr zu ändern sind, muß auch kein Blick zurück mehr fallen! Was getan ist, ist getan und bleibt's. ~ William Shakespeare

Beide Augenbrauen leicht nach oben gezogen, den Kopf in einem 80° Winkel nach links geneigt und das unausgesprochene „Was zur Hölle?!", hallte gefühlte tausendmal, immer lauter werdend, im Kopf wieder.

So würde wohl meine Reaktion ausfallen, wenn mir jemand erzählen würde, dass er beim Essen Schüsseln bevorzugt, gern waagerecht im Bett schläft, Mangas auf japanisch liest, den Duft von Desinfektionsmittel mag, außerdem selbst immer ein kleines Fläschchen von besagter Flüssigkeit mit sich rumschleppt, einen Narren an X-Faktor das Unfassbare gefressen hat, nur die obere Seite des Brötchens isst, dann nicht einmal gerecht halbiert und das arme Opfer, das sich mit ihm ein Brötchen teilt, nur eine etwa zwei Zentimeter dicke Scheibe abbekommt.

Zugegeben ich würde sicherlich nie in eine solche Situation kommen, da diese (nett ausgedrückt) Marotten in dieser Kombination nicht nochmal in meinem Umkreis auf zwei Beinen durch die Gegend hüpften. Allerdings hatte ich vor gut einer Woche jemanden in genau diese Situation gebracht. Und das Schlimmste war oder besser gesagt ist, dass es nicht irgendjemand belangloses war. Nein, da das Glück mir ganz offensichtlich hold ist, war es Florian. Blöder Halbschlaf, bei dem Menschen dazu neigen, wie primitive Nagetiere zu agieren! Es stimmte, je später die Stunde, desto interessanter oder sinnloser werden die Gespräche, aber irgendwie hatte ich das Adjektiv peinlich erwischt.

Eigentlich hatte ich die ganze Sache schon wieder vergessen, wenigstens das konnte man dem Halbschlaf positiv anrechnen, aber dann hatte mich eine wundervolle Nachricht über Whatsapp erreicht, die meine Erinnerung hatte aufleben lassen.

Würde mich freuen, wenn wir den Faden des interessanten Gesprächs wieder aufnehmen könnten ;)

Was antwortete man auf so eine Nachricht? Ehrlich gesagt hatte ich nicht mal den blassesten Schimmer, was an meiner sozialen Inkompetenz liegen könnte oder der Tatsache verschuldet war, dass ich nichts mit dem Zwinkersmiley anzufangen wusste. Sollten Smileys und Emojis nicht dafür da sein, den Inhalt einer Nachricht zu unterstreichen und verhindern, dass Leute wie ich zwanzigtausend verschiedene Sachen in einen kleinen Satz hineininterpretieren?

Normalerweise hätte ich Em um Rat gefragt, was aber in diesem Fall eher unschön für mich geendet hätte. Ich wollte mir die Qualen ihres Verhöres gar nicht ausmalen, welche mir mit Sicherheit die Peinlichkeit dieses Gespräches wieder einmal vor Augen geführt hätten. Also war eine Antwort meinerseits ausgeblieben und glücklicherweise war ich Florian nach meinem Fail des Jahrhunderts nicht mehr begegnet.

Ich hatte meine beste Freundin am letzten Samstagmorgen um sechs Uhr, die mich wie an keinem anderen Tag mit den blonden Haaren und den braunen Augen an einen kleinen, hyperaktiven Labradorwelpen erinnert hatte, verflucht. Sie war der quirlige, kleine Hund gewesen und ich der verpennte Koala, der seine achtzehn Stunden Schlaf noch nicht bekommen hatte. Es musste ziemlich amüsant ausgesehen haben, eine putzmuntere Blondine schliff eine halb schlafende Schwarzhaarige mit blauen Strähnen durch Berlins Straßen, ohne auf den Verkehr zu achten und wir hatten keinen einzigen Unfall verursacht! Zu spät zum Fußballspiel ihres Bruders waren wir auch nicht gekommen und ich glaube, ich habe letzten Samstag neunzig Minuten am Stück nicht an Floid gedacht. Ich machte Fortschritte!

„Manchmal möchte ich zu gern wissen, was in deinem Kopf vorgeht, wenn du eine Viertelstunde am Stück Löcher in die Luft starrst.", Jako stand grinsend vor mir. „Glaub' mir, da bist du nicht allein.", ich rang mir ein kleines Grinsen ab und kam langsam wieder in der Realität an. „Ich hoffe ich hab' nicht schon wieder eine Szene versaut.", mein Blick huschte besorgt zu Marti, der die Kamera hielt und Rick, der etwas zu ihm sagte. „Nein, diesmal war es Steve.", lachte Jako und ich stimmte mit ein, als mein Blick auf Steven, verkleidet als Elb, fiel. Mit Langhaarperücke und spitzen Ohren sah er einfach nur zum Auslachen aus. Meine Wenigkeit hatte es heute schon viermal geschafft eine Szene zu versauen und alles nur, weil meine Gedanken bei dem Nerd mit den unglaublich schönen braunen Augen hingen, da schon wieder. Anscheinend doch keine Fortschritte.

„Melli, Jako, kommt ihr?", Rick winkte uns in seinem Andreas Klebrig Kostüm zu sich.

„Na dann los Jakolas, lauf so schnell du kannst, bevor dich meine zornigen Zitronen treffen.", meinte ich, bevor Marti uns das Zeichen gab, dass nun die Aufnahme anfing. Während ich Rick nachschlich, der wiederum Steve und Jako hinterherkrauchte, stellte sich mir unmittelbar die Frage, für wie gestört uns die Leute hier im Park eigentlich halten mussten. Zwei Typen im Elbenkostüm, ein Kerl, der wie eine Mischung aus Camper, Spanner und Angler aussah, eine im Pikachu Kinderkostüm und nicht zu vergessen, einer mit Kamera und verrücktem Gesichtsausdruck. Wirkte nach außen sicher sehr seriös. Ich spielte in der ganzen Sache den cooleren Ersatz für den komischen Hund von Andreas Kieling und durfte die beiden „Elben" gleich noch mit Zitronen bewerfen. Rick drehte sich um und laberte irgendwas in die Kamera, das verrückte dabei war, dass er sich wirklich so anhörte wie Andreas Kieling. Als Rick gerade dabei war zu erläutern, dass Elben Geräusche hören konnten, die über 250 Meter entfernt waren, bemerkten uns Jakolas und Stevindel auf wundersame Weise. Gefährlich guckend und mit gezückten Waffen kamen sie auf uns zu und ich schaffte es, Steven oder besser gesagt Stevindel zu headshotten, dessen Gesichtsausdruck über meine böse Tat hatte zur Folge, dass Marti fast vor lauter Lachen die Kamera fallen ließ.

Nach Luft keuchend lehnten Marti, Rick, Steve und ich an der Hauswand unter dem kleinen Vordach und warteten ungeduldig, bis Jako endlich die Tür aufschloss. Es hatte buchstäblich aus heiterem Himmel angefangen wie aus Eimern zu schütten. Damit die Kameras und Mikros nicht nass wurden, hatten wir einen Sprint zur UWG hinlegen müssen, da diese näher als die Wohnungen von den Fröschen und Marti war.

Vanessa kam uns entgegen, als wir tropfend den Flur betraten. „Kann ich mir vielleicht was zum Anziehen und Abschminken von dir schnorren?", fragte ich und streifte die Kapuze meines Kostüms ab. „Sicher.", lächelte sie und wuselte in das Zimmer von Frodo und ihr, nur wenige Augenblicke später zog sie mich ins Bad.

Grob rubbelte ich mich mit dem Handtuch, das Vanessa mir reichte, ab und zog mir das rote Top und die schwarze Hotpants an, die ich mir geliehen hatte. Während ich mich von dem klebrigen, gelben Make-Up befreite, wrang Frodos Freundin Pikachu über dem Waschbecken aus.

Ihre braunen Augen musterten mich abschätzend und neugierig durch den Spiegel, dann sagte sie: Flo ist auch da." Oh oh.


If you're going through hell, keep going (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt