Part 33

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Gestern passierte nichts mehr spannendes. Dafür wurde ich heute früh um 6 Uhr aus dem Schlaf gerissen und sitze nun im Auto.
Wo die Reise hingeht? Anton hat in der Zeitung von einem Bücherbasar gelesen. Sofort fiel ich ihm dann ein. Ich Frage mich nur wann, denn kommt um 6 schon der Zeitungstyp? Jedenfalls hat er mich abgeholt und wir sind jetzt schon seit 2 Stunden unterwegs. Bis zur Ostsee, wo der Basar ist, dauert es ein wenig. Damit wir die besten Bücher abbekommen, wollte Anton unbedingt zum Öffnungsbeginn da sein.

Ich bin zu müde um zu reden, weshalb die Fahrt ruhig verläuft. Nur im Hintergrund läuft leise das Radio. Die Ruhe gefällt mir aber und ich glaube, Anton sieht das genauso.

Die Sonne stand schon zu diesen frühen Morgenstunden hoch am Himmel und schien durch die Scheiben des Autos.
Ich wendete meinen Blick vom Fenster ab und schielte zu Anton rüber. Lässig lehnte sein Arm auf der Lehne des offenen Fensters.
Seine Haltung ist im Vergleich zu seinem Blick locker. Konzentriert sah er auf die Straße vor uns.

"Ich weiß das ich gut aussehe." Mist. Er hat mich beim starren erwischt. Bevor ich jedoch rot werden konnte, konterte ich. Angriff ist die Beste Verteidigung. "Gar nicht eingebildet."
"Nein. Einfach nur eine Tatsache.", während er das sagt, verzieht er keine Mimik.
"Eingebildet und Arrogant.", fasse ich zusammen.
"Wenn man es kann.." Ein klein wenig hat er ja schon recht. Schlecht aussehen tut er auf keinen Fall. Dennoch muss er es ja nicht so raus hängen lassen. Bestätigen werde ich ihm das definitiv nicht. Leute die total von sich überzeugt sind, sind schrecklich. Das war und ist ein Problem zwischen Lizzy und Mir. Wir sind in diesem Punkt nämlich komplett verschieden. Sie ist sich über ihr gutes Aussehen bewusst, dennoch würde sie den ganz Tag von jedem gerne zuhören bekommen, was sie selbst schon weiß. Eingeschlossen auch mir.

Mit Blick nach vorne gerichtet, summ ich leise die Lieder mit, die im Radio erklingen.
Als 'Hundred Miles' gespielt wurde, ging es mit mir durch. Sogar Anton wurde von meiner Laune gepackt und er sang mit.
Lauthals begannen wir mitzusingen.


Die Richtigkeit der Töne vernachlässigen wir mal und schieben es den Hintergrund. Immerhin stimmt der Text mit dem Original über ein. Schlimm auch wenn nicht. Denn viele Textstellen gibt es in dem Lied ja nicht.
Es fühlt sich an wie ein Roadtrip. Mit rasanter Geschwindigkeit auf einer Landstraße langbrettern. Dazu dann auch noch hemmungsloses mitsingen von Liedern. So lässt es sich leben.
Ich hatte mein Fenster ebenfalls runter gekurbelt. Der Wind wehte durch meine Haare und brachten sie zum fliegen.
In den folgenden Liedern hapert es dann beim Text. Nicht nur bei Anton, sondern auch bei mir. Das war uns aber egal. Wichtig ist nur, dass wir Spaß haben. Wir performten unsere eigene Version der Lieder.

___

Mit vollbeladenen Händen kämpften wir uns durch die Menschenmasse, welche uns umgibt. Der Weg zum Auto erweist sich nicht gerade als einfach. Erst recht nicht, wenn man keine Hände frei hat und der Stapel Bücher den man trägt jeden Moment zu kippen droht. Hilfreich sind auch nicht die Ellenbogenstöße oder 'in die Hacken'- Treter.

Am Auto angekommen, legen wir die Bücher in den Kofferraum und setzten uns erleichtert in die Sitze.
"Wenn du ein Auto hast, warum musstest du mich auf deiner Tötungsmaschine mitfahren lassen?" , beschwerte ich mich. Diese Frage lauerte schon seit dem Fahrtantritt in meinem Kopf.
"Mein Baby ist keine Tötungsmaschine.", anklagend schaut er mich an.
"Warum bist du da nicht mit Auto gefahren?", komme ich zurück auf meine Frage.
"Bei schönem Wetter fahre ich Motorrad." erklärt er.
"Die lange Strecke heute jedoch, wollte ich ihr mit dir nicht antun.", fügt er hinzu.
"Sagtest du gerade..", wollte ich nachharken.
" Ja, ich habe Angst um mein Babe."
"Hey!", ich schlage ihm leicht gegen seinen Oberarm, was ihm aber nicht im geringsten stört. Daraufhin lacht er und ich stimme mit ein.
Auf einmal ertönt ein Klingeln.
Fragend schaut Anton mich an.
"Meins ist es nicht.", sage ich.
"Kannst du mir mal mein Telefon geben, das müsste im Handschuhfach liegen.", bittet er mich.

Er schaut auf den Bildschirm und wie es scheint, weiß er nicht so recht, ob er ran gehen soll oder auflegen.
"Hey.", er entschied sich für das abnehmen.
"Ja..Nein.." Pause. "Ja..im Auto..", ich höre nur die Brocken, die er ans andere Ende leitet. Ich strenge mich an und versuche herauszufinden, mit wem er telefoniert. Ich erkenne eine Frauenstimme, die nicht sehr erfreut klant. Anton selber sieht ebenfalls nicht glücklich aus. Die gute Laune von eben, ist verschwunden. Ein genevter Ausdruck ziert nun sein Gesicht. Jegliche Gelassenheit ist weggeblasen.
Die nächste Worte bestätigten mein Verdacht.
"Beruhigen dich mal..Schatz..", "ist doch alles gut..", "alleine...wirklich... Hier ist niemand weiter.."
Hat er mich gerade ernsthaft verleugnet? Was ist denn dabei, dass er mit mir zusammen ist? Immerhin sind wir ja jetzt sowas wie Freunde. Und Freunde unternehmen was zusammen. Oder täusche ich mich da? Lizzy wäre erleichtert, wenn Anton und ich uns verstehen. Das wollte sie doch immer..oder nicht?

Enttäuscht von Anton seinen Worten, lehne ich mich ans Fenster.

"Machs gut Babe. Ja ich dich auch.", waren seine letzten Worte, dann legte er auf.

"Kannst du das wieder weglegen?", fragt er mich, doch ich reagierte nicht.

"Tori?"

"Tut mir leid.", entschuldigt er sich. Ich merke, dass er nicht die Verleugnung meinte. Zumindestens nicht nur. Viel mehr meint er ihren Anruf insgesamt.

Ohne ihm zu antworten, schließe ich die Augen.

____

Von einem Schmerz in meiner Schulter werde ich wach. Aufgrund meiner Haltung ist meine Hand eingeschlafen und mein Schulter habe ich mir verdreht. Ich blicke durch die Dunkelheit, mit dem Versuch zu erkennen, wo wir uns befinden.

"Wir stehen in deiner Auffahrt.". teilt mir Anton mit. Erschrocken zuckte ich auf.. Ich habe nicht mehr dran gedacht, wo ich mich befinde.

"Ich geh dann mal.", verabschiede ich mich und steige aus.

"Tori warte!", ruft Anton mir hinterher und ich drehe mich nochmal um.

"Alles Ok?" fragt er sichtlich besorgt und lehnt sich über sein Autodach.

"Ja.", sage ich resigniert.

"Wirklich?", harkt er nach.

"Wirklich.", bestätige ich, auch wenn es nicht ganz so ist. Das Telefonat nagt noch an mir.

"Es tut mir leid. Ich musste das sagen." höre ich ihn sagen, entferne mich dennoch vom Auto.

Im Zimmer angekommen, lege ich mich ins Bett. Erst da wird mir bewusst, ich habe meine Bücher in seinem Kofferraum vergessen.

Zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt