Kapitel 3

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Den gestrigen Tag verschonte mich meine Mum, indem sie mich ausschlafen ließ und in der Schule krankmeldete.
Da die Schule gerade erst angefangen hat, sollten unsere Lehrer es nicht so drastisch sehen.
Am Abend schrieb ich Lizzy und entschuldigte mich bei ihr, sie allein gehen zu lassen.

Nach dem Frühstück zog ich mich an und ging aus dem Haus.
Wie verabredet wartet Lizzy an unserer Ecke.
Auf dem Weg zur Schule blieb es ungewöhnlich still. Ich wusste nicht worüber ich mit ihr sprechen sollte und umgekehrt wohl genau so. Wobei Lizzy normalerweise nie der Gesprächsstoff ausging. Es gab immer etwas von sich zu erzählen oder über einen anderen zu Tratschen.
Im Schulgebäude angekommen trennten sich unsere Wege. Lizzy sprintete auf Anton zu, der wohl wie sonst auch an seinem Spind gelehnt steht. Mit der faulen Ausrede 'Ich müsste meinen Krankenschein im Sekretariat' abgeben, verschwand auch ich. Wenn Lizzy zugehört hätte, wüsste sie, dass ich sie belogen habe. Denn erst wenn man länger als 2 Tage gefehlt hat, muss man ein ärztliches Attest vorlegen.
Unglaublich wie Aufmerksam meine beste Freundin doch ist.
Statt nach links abzubiegen und ins Sekretariat zu gehen, bog ich rechts an. Ich musste nun einen Umweg über den 2. Stock machen, aber so vermied ich es Anton zu begegnen.
Laut meinem Stundenplan habe ich jetzt eine Doppelstunde Chemie. Im Raum angekommen, sah ich mich nach einem freien Platz um. Der Großteil der Schüler saß bereits. Dank meines Ausweichmanöver ist die Uhr 1 Minute vor 9 und es gibt kaum noch einen freien Platz.
Ich ließ meinen Blick noch einmal über die Bänke schweifen und stoppte bei einem Mädchen mit rosa Haaren, die mir eifrig zu winkte.
"Komm, setzt dich zu mir!" Clara ruft mich von hinten zu sich.
Dankend setzte ich mich neben sie in die vorletzte Reihe.
Clara und ich waren früher mal Freunde. Irgendwann war der Kontakt dann aber weg. So genau weiß ich das nicht mehr. Sie ist verrückt. Zum Einen, weil sie eine Vorliebe für diverse  Haarfarben und auch Frisuren hat und sie ist für jeden Spaß zu haben. Wir zwei hatten immer viel zu lachen.
Kaum saß ich auf dem Stuhl, da kam unser Lehrer in den Raum und fing mit seinem Unterricht an.
Die gesamte Stunde über bin ich ganz woanders mit meinen Gedanken.
Von dem was der Lehrer uns da vorne erzählt bekomme ich wenig bis kaum was mit. Ich habe auf Durchzug geschaltet. Ich schaffe es einfach nicht mich zu konzentrieren. Meine Gedanken wandern immer wieder vom Thema ab. Das Einzige an das ich denken kann ist Anton. Die Farbe seiner Augen, sein Lächeln und wie es sich anfühlt, durch seine weichen Haare zu fassen. Die vergangenen Tage spielen sich wie ein Film in endlos Schleife ab vor mir ab.
So geht es in den folgenden Stunden weiter.
In der Oberstufe sind unsere Klassen nochmal in Kurse aufgeteilt. Die Hauptfächer verbringen wir im normalen Klassenverband, aber je nachdem was wir als Nebenfächer gewählt haben in Kursen. Außerdem gibt es dann nochmal die Auswahl, welches Fach wir auf normalen also einfachen und welches auf erhöhtem Anforderungsniveau belegen wollen.
Diese Entscheidung mussten wir 2 Wochen vor Beginn der Sommerferien festlegen.
Da ich nicht gerade schlecht in der Schule bin, stand mir vieles offen. Ich habe jetzt Deutsch und Englisch auf erhöhtem Niveau und Mathe, Chemie und Biologie auf Grundniveau.
Deutsch heißt bei uns auch Literatur. In Englisch bin ich ganz okey. Mathe musste man wählen. Ich bin jetzt kein Genie, aber ich komm ganz gut mit.
Chemie find ich mega interessant. Klar ist das Formeln aufstellen nicht einfach, aber man brauch auch Herausforderungen. Biologie blieb dann noch übrig.
Eine Niete bin ich in Geografie, Kunst liegt mir überhaupt nicht, Politik interessiert mich null und ein Instrument spiele ich nicht.
Meine Prüfungsfächer sind demnach anspruchsvoll.
Das hat zu Folge, dass ich kaum Fächer mit Lizzy zusammen habe. Was Schule angeht ist sie nicht gerade die hellste Birne.
Ich finde das nicht wirklich schlimm. Die meisten Kurse habe ich mit Clara zusammen. Sie hat sich vorhin sofort meinen Stundenplan genommen und es mir über glücklich mitgeteilt.

"Du sagst mir auf der Stelle was passiert ist!" Ich bin gerade dabei die letzten Sachen in meine Tasche zu packen, als mich die Stimme von Clara stoppt. Fragend sah ich sie an.
"Was meinst du?"
"Tue nicht so Victoria. Ich seh doch, dass mit dir nicht alles Ok ist. Mir kannst du nichts vormachen." An ihrem Gesicht sehe ich, dass sie keine Scherze macht. Sie meint das Ernst. Wie komme ich da raus ohne ihr zu verraten, was geschehen ist. Nachdem ich mit meiner Mutter darüber geredet habe, fühlte ich mich besser. Das heißt aber nicht, dass ich noch jemanden darin einweihen möchte. Ich habe es schon immer gehasst anderen mit meinen Problemen zu belasten.

"Also?" Ihre Augen sind fest auf mich gerichtet.

"Was?" Mal wieder war ich so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekam, was um mich geschah. Ich legte meine Federtasche in meinen Rucksack und sah dann wieder hoch. Der Raum war leer. Einzig und allein Clara und ich waren noch da.

"Was mit dir los ist? Du bist den gesamten Tag nicht anwesend.."

"Ich steh doch direkt vor dir?"

"Tori! Du weißt was ich meine." Sie klingt nicht wütend. Eher verzweifelt.

"Es ist nichts." Ich würde sie so gerne von meinen Worten überzeugen, doch wie soll das gehen, wenn ich ihnen selbst nicht einmal glaube.

"Ich glaube dir nicht. Du weißt, wenn du jemanden zum reden brauchst - ich bin für dich da!" Es ist schön zu wissen, dass jemand für mich da ist. Das es Menschen gibt, die mich mögen und denen ich nicht egal bin. Gerührt von ihren Worten, kann ich nicht anders als sie dankend anzusehen.

Das Gespräch ist beendet. Clara hat bemerkt, dass sie nichts aus mir raus bekommt und es fürs Erste dabei belassen. Gemeinsam machen wir uns auf dem Weg aus der Schule raus. Den heutigen Schultag haben wir geschafft.

"Clara, Tori- wartet!" Wir bleiben stehen und warten bis die 2 Freundinnen von Clara bei uns sind.

"Habt ihr Lust mit in die Stadt zu kommen?" Amy schaut uns fragend an. Amy hat lange dunkle braune Haare. Sie ist groß und hat eine sportliche Figur.

"In der Stadt hat ein neues Restaurant aufgemacht. Wir könnten ein bisschen durch die Geschäfte schlendern und anschließend dort zu Abend essen?!", ergänzt Sophie. Sophie ist kleiner als ich. Sie hat kurze dunkle schwarz gefärbte Haare und eine zierliche Figur.

"Wir sind dabei!" Clara ist total begeistert von der Idee.

"Ehm..ich komme nicht mit." Es hört sich zwar gut an, aber ich wäre lieber alleine. Ich hoffe die 3 haben Verständnis.

"Und ob du mit kommst! Keine Widerrede."

Mir bleibt nichts anderes übrig. Clara zieht mich an meiner Hand mit zu ihrem Auto. Das kann was werden..

Zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt