Part 32

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Bevor ich mich hinlegen konnte, zog ich mir mein Oberteil, welches Dank Anton klitsch nass ist, aus.

Anschließend machte ich es mir neben Anton bequem. Mit geschlossenen Augen liegt er da und genießt die Sonne. Von der Seite aus beobachte ich ihn. Mit den Armen hinter den Kopf geschlagen, liegt er dort. Seine Gesichtszüge sind weich und entspannt, im Vergleich zu sonst. Der Körper ist angespannt und präsentiert somit bestens seine Muskeln. Wobei ich glaube, er muss nicht einmal anspannen, um seine Muskeln zu zeigen. Das ist Standard. Kleine Wassertropfen perlen von seiner Haut ab. Er hat schon eine angenehme Bräune bekommen. Erst jetzt sehe ich, dass er auf seiner Brust ein Tattoo hat. Ein Schriftzug ziert seine linke Brust. Bevor ich aber lesen kann was da steht, spricht Anton.

"Was liest du?", holt mich Anton aus meinen Gedanken. Ich fragte mich woher er weiß, dass ich ein Buch in der Hand habe. Immerhin hat er die Augen geschlossen. Oder etwa doch nicht?

"Worin das Leben besteht, von Elias Mexer", antworte ich ihm.

"Wenn du machst, was die anderen von dir verlangen, erntest du -meistens- Zustimmung und Beifall.", zitiert er eine Textpassage aus meinem Buch.

"Die Frage ist nur: Was ist dir wichtiger? Zustimmung und Beifall- oder.." ,ergänze ich.

"oder doch ein eigenes Leben in Würde und Freiheit?" , beendet er das Zitat.

"Du ließt?", erstaunt schaue ich ihn an.

"Autsch. Sehe ich etwa so ungebildet aus?", schmerzhaft verzieht er sein Gesicht.

Ich antworte nicht sofort, weshalb er wieder was sagt.

"Nichts sagen, ist auch schon eine Antwort.". Er sieht wirklich getroffen aus.

"Ich bin überrascht. Damit hab ich nicht gerechnet..", gestehe ich schuldbewusst.

Eine Weile sagt keiner von uns was, bis er nach ein paar Minuten Stille, das Wort ergreift.
"Elias Mexer ist ein ausgezeichneter Autor. Durch die Zitate und Gedichte, die er in seinen Kapiteln einfließen lässt, macht er seine Geschichte zu was ganz besonderem. Er verleiht dem ganzen leben und gibt seinen Lesen war für ihren Weg mit." erklärt er mir. Staunend sah ich ihn. Genau der selben Meinung bin ich auch. Es hätten meine Worte sein können.

Die restliche Zeit redeten wir nur noch über das Buch. Es ist genau so sein, wie auch mein Lieblingsbuch. Insgesamt haben wir beide schon sämtliche Bücher von Elias Mexer gelesen. Doch kein anderes kommt an 'Worin das Leben besteht' ran.

Ab diesem Moment habe ich ein komplett anderes Bild von Anton. Ich hätte nie erwartet, dass er so poetische und tiefgründige Bücher ließt. Geschweige denn, dass er überhaupt lesen tut.
Kennt ihr das, wenn ihr einen Menschen immer verurteilt habt und am Ende erfahrt ihr was über ihn, dass euch ihn ganz anders betrachten lässt? Mit einem Mal, sieht er ganz anders aus. Ich frage mich, was ich noch so alles über ihn nicht weiß..

"Hättest du nicht erwatet, was?", er spricht meinen Gedanken laut.

"Ehrlich gesagt nein..", gestehe ich.

"Kein Problem. So denkt keiner von mir." er lächelt mich mit einem leicht gequälten Lächeln an. Im Vergleich zu vorhin, nimmt er das ganze nicht mehr so ernst.

"Was sagt Lizzy zu deiner intellektuellen Seite?", ich verwende genau diesen Wortlaut. Wenn sie mir davon erzählt hätte, wären er und ich vielleicht schon viel früher in ein Gespräch über unsere Lieblingslektüren gekommen. Und keine Abneigung ihm gegenüber, wäre nicht ganz so drastisch gewesen.
"Sie weiß es nicht..", während er das sagt, schaut er auf den See. Er spricht es auch so leise, dass ich mich anstrengen muss, ihn zu verstehen.

Sie weiß es nicht? Ich dachte, seiner Freundin erzählt man alles. Beziehungsweise sie wissen alles über einander. Sollte es nicht so sein?

"Wollen wir los?", wechselt Anton plötzlich das Thema, steht auf und zieht sich an. Ein wenig überrascht von der Aktion, tue ich es ihm nach. Mit dem Liz-Ansprecher habe ich wohl die Luft gefrostet

Leicht irritiert ging ich ins Häuschen, verstaue die Decke und schulterte dann meinen Rucksack. Ich will mich gerade auf mein Fahrrad setzten, da stoppt mich Anton. "Ich fahr dich"

"Nein schon gut. Ich fahr mit dem Rad.", lehne ich sein Angebot ab.

"Aber du schreibst mir, wenn du Zuhause bist ok?", mit einem mal ist er wieder nett und klingt echt besorgt um mich.

"Werd ich. Machs gut.", verabschiede ich mich von ihm.

"Fahr vorsichtig!"

,"Du auch." und schon radel ich davon.

___

20 Minuten später bin ich Zuhause. Ich stelle mein Fahrrad in den Schuppen und schreibe dann Anton eine Nachricht. Was mich wundert ist, dass er nicht an mir vorbei gefahren ist. Wenn er mir gefolgt ist, müsste er den selben Weg zurück fahren wie ich und somit auch er gekommen ist. Zumal ich beim losfahren, auch seine Maschine gehört habe. Eigenartig.

Mich plagen übrigens Schuldgefühle. Der Tag war verdammt schön, aber ich habe Anton heute den geheimen Platz verraten.. Damit habe ich mein Versprechen gebrochen. Nicht Lizzy, sondern Ich. Ich hoffe Lizzy bemerkt, dass ich nicht volle Schuld trage.
Soll ich es ihr überhaupt sagen? Vielleicht wäre es besser, wenn ich nichts sage. Aber dann lüge ich sie an. Wenn du ihr nichts erzählt, dann lügst du sie nicht an. Du behält dann nur eine winzige Information für dich. Stellt mein Zweites Ich fest. Da hat sie recht..Irgendwie.. Glaub ich..

Zwischen Herz und VerstandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt